Städtisches Stimmungstief
Ewige Baustellen, ein Verkehrschaos, schlechte Geschäfte: Die Stimmung in der Hauptstadt ist derzeit alles andere als rosig. Im Gegenteil, sie ist am Tiefpunkt angelangt. Besucher sind genervt, Geschäftsleute besorgt. Und das wird unweigerlich noch eine Zeit lang so bleiben. Umso wichtiger ist es, dass die Stadtverwaltung entschlossen und proaktiv vorgeht. Durchhalteparolen alleine reichen nicht aus.
Im Bahnhofsviertel scheint das Chaos spätestens seit Ankunft der Trambaustelle perfekt. Doch dass Letztere Geschäftsleute, Anwohner und Kunden vor eine nervenzehrende Geduldsprobleme stellt, war zu erwarten, schließlich wird eine Tramtrasse nicht mal eben unbemerkt verlegt. Hinzu kommt, dass sie nur eine Baustelle von vielen ist, Straßenbauarbeiten in der Rue de Hollerich sowie die Verbreiterung der Al Bréck gesellen sich dazu.
In der Oberstadt verläuft die Trambaustelle zwar quasi am Zentrum vorbei, dennoch hat sie Auswirkungen auf den Verkehr und umliegende Straßen, wie den Boulevard Roosevelt. Und dann sind da noch zwei weitere Großbaustellen, das Projekt Royal-hamilius sowie die Renovierung und Erweiterung des Parking Knuedler, die 2013 zunächst mit archäologischen Ausgrabungen begonnen hatte und sich voraussichtlich bis 2022 – also fast zehn Jahre – hinzieht.
Nun hilft alles Meckern nicht, Baustellen sind unabdingbar, wenn die Hauptstadt dem Bevölkerungswachstum, der vergangenen wie der kommenden Jahre, verkehrstechnisch gerecht werden soll. Doch kann man Baustellen eben nur schwer schönreden. Dass nachher alles besser und schöner sein wird, wie Bürgermeisterin Lydie Polfer bei einer Informationsversammlung unlängst wieder betonte, mag zwar stimmen, es hilft den betroffenen Händlern aber kaum über die aktuell sehr schwierige Phase hinweg.
Erstaunlich ist es, dass sich die Stadtverwaltung offenbar erst jetzt gemeinsam mit den Geschäftsleuten im Bahnhofsviertel um Lösungen bemüht. Auf die schwierige, wenngleich nicht nur baustellenbedingte Situation in der Oberstadt hat die Gemeinde, aber auch der Geschäftsverband, bislang nur zögerlich reagiert. Dabei können selbst kleine Aktionen etwas bewirken, wie das Beispiel „Theaterplage“im Sommer gezeigt hat. Die nun bevorstehende Einrichtung von zwei Pop-up-stores in leer stehenden Lokalen ist ebenfalls löblich, doch müssen weitere Initiativen folgen – kurzfristige, um die Ist-situation bestmöglich zu überbrücken, genau wie langfristige, um einem Aussterben des Stadtkerns vorzubeugen. In Esch/alzette, wo es ähnlich gelagerte Probleme gibt, ist man da offenbar schon einen Schritt weiter: Vergangene Woche haben die Gemeindeverantwortlichen dort ein umfassendes Konzept zur Revitalisierung der Stadtmitte präsentiert.
Einen Lichtblick gibt es aber in der Oberstadt: In wenigen Wochen eröffnet der Royal-hamilius-komplex seine Türen. Die Erwartungen an den Neuzugang sind hoch, soll er sich doch positiv auf das gesamte Stadtzentrum auswirken. Händler und Besucher müssen aber weiterhin Geduld aufbringen – bis dann tatsächlich alles schöner und besser sein wird. Auch die Stimmung.
Durchhalteparolen reichen in der momentanen Situation nicht aus.
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