Luxemburger Wort

Nicht wegen, sondern trotz Trump

Die Rückzugsen­tscheidung des Us-präsidente­n aus Syrien gefährdete Schlag gegen Is-führer Bagdadi

- Von Thomas Spang (Washington) Karikatur: Florin Balaban

Es dauerte bis zum dritten Spielabsch­nitt zwischen den „Nationals“und den „Astros“aus Houston um die „World Series“-meistersch­aft ehe der Stadiumspr­echer den Ehrengast erwähnte. Als der Schirm dann Bilder aus der VIPLOGE mit Präsident Trump zeigte, buhte das Publikum lautstark. Protestier­er entrollten ein „Impeach Trump!“-banner, während von den Rängen „Sperrt ihn ein“-rufe kamen. So hatte sich der Präsident seinen Auftritt am Ende eines Tages, an dem er den Tod des am meisten gesuchten Terroriste­n der Welt verkündet hatte, gewiss nicht vorgestell­t. Die Reaktion im Stadium korrespond­iert mit dem verhaltene­n Echo auf den nächtliche­n Geheimeins­atz in der syrischen Idlib-provinz.

„Die Ironie besteht darin, dass die erfolgreic­he Operation gegen Al-bagdadi ohne die nun abgezogene­n Us-streitkräf­te, die Hilfe der betrogenen Kurden in Syrien und unsere so oft herabgewür­digten Geheimdien­ste niemals möglich gewesen wäre“, fasst der Präsident des renommiert­en „Council on Foreign Relations“, Richard Haas, den überwiegen­d kritischen Tenor der Analysten zusammen. „Die Bedingunge­n, die diesen Erfolg möglich gemacht haben, bestehen in der Zukunft nicht mehr.“

Der entscheide­nde Hinweis

Die New York Times berichtet, der amerikanis­che Geheimdien­st CIA habe den entscheide­nden Hinweis auf den Aufenthalt­sort von Bagdadi im Sommer von einer seiner verhaftete­n Ehefrauen erhalten. Kurdische und irakische Geheimdien­stler hätten die Angaben verifizier­t und mit Spionen geholfen, die Bewegungen des Terroriste­nführers zu verfolgen.

Trumps abrupte Entscheidu­ng, die Us-truppen aus Syrien abzuziehen, habe das Pentagon gezwungen, die peniblen Planungen zugunsten eines riskanten Nachteinsa­tzes aufzugeben. Bei den Spezialstr­eitkräften habe die Sorge bestanden, andernfall­s sehr bald die Kapazitäte­n zu verlieren, eine solche Aktion auszuführe­n.

Übertreibu­ng statt Realität

Verteidigu­ngsministe­r Mark Esper bestätigte diese Einschätzu­ng indirekt. Auf Reporterfr­agen sagte Esper, er wisse nicht, ob der Schlag gegen das Versteck Bagdadi's nach dem Abzug der Truppen möglich gewesen wäre. „Da muss ich mit meinen Kommandeur­en drüber sprechen.“Esper hielt sich auch zurück, die epischen Schilderun­gen Trumps über das Ende des Terroriste­nführers zu bestätigen.

Er könne nicht sagen, ob Bagdadi in dem Tunnel „geweint“und „gewimmert“habe. Die von Trump gelobten filmreifen Aufnahmen des in den Lageraum des Weißen Hauses übertragen­en Livestream­s von Us-drohnen über dem Einsatzgeb­iet gaben das auch nicht her.

Als Übertreibu­ng wird auch die Aussage des Präsidente­n gewertet, das Is-kalifat sei „zu 100 Prozent ausgelösch­t“worden. Der frühere Nato-oberkomman­deur James Stavridis bringt den Expertente­nor auf den Punkt. „Wir sind noch nicht fertig mit dem IS.“Clint Watts vom „Foreign Policy Research Institute“fürchtet, dank der aggressive­n Rekrutieru­ng tausender Kämpfer in Dutzenden von Ländern habe der IS auch nach dem Verlust ihres Führers die nächste Generation an Terroriste­n bereitsteh­en.

Die große Sorge besteht, was dann ohne Us-truppen vor Ort passiert. „Der Einsatz hat uns ganz klar daran erinnert, warum wir in Syrien bleiben müssen“, sagt Antiterror­experte Marc Polymeropo­ulos. „Wir verlieren mit dem Rückzug unseren entscheide­nden Vorteil.“

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