Jähes Ende einer Flucht
Zielfahnder nehmen Cihan Guzel, Luxemburgs meistgesuchten Verbrecher, in Spanien fest
Luxemburg/marbella (E). Nach 21 Monaten auf der Flucht vor der Luxemburger Justiz klickten bei Cihan Guzel am frühen Sonntagmorgen die Handschellen – nicht in Belgien, wo er vermutet wurde, sondern an der spanischen Costa del Sol.
Nach einem Hinweis über das europäische Zielfahndungsnetzwerk Enfast wurde der wegen des außerordentlich brutalen Überfalls auf die G4s-zentrale im April 2013 zu 22 Jahren Haft verurteilte Guzel am Samstag in Marbella geortet. Nur Stunden später, gegen 2.30 Uhr, wurde er vor einer Diskothek festgenommen.
Wie die Pressestelle der Justiz gestern mitteilte, war Cihan Guzel bei seiner Festnahme im Besitz von französischen Ausweisdokumenten mit einem anderen Namen.
Die Luxemburger Justizbehörden werden einen Auslieferungsantrag an die zuständigen Stellen in Spanien richten. Cihan Guzel war, als seine Verurteilung im Januar 2018 rechtskräftig wurde, untergetaucht. Seitdem wurde er mit internationalem Haftbefehl und von spezialisierten Zielfahndern gesucht.
Täter wollten Polizisten töten
Am frühen Morgen des 3. April 2013 greifen fünf bis sechs schwer bewaffnete Männer das Depot von G4S in Gasperich an. Sie versuchen, sich mit Sprengstoff Zugang zum Gebäude verschaffen. Ein erster Versuch schlägt fehl, ein zweiter gelingt. Doch im Innern finden sie nicht das, was sie erhofft hatten: Um diese Uhrzeit wird im Gebäude noch nicht gearbeitet, Geld und Wertgegenstände sind sicher verschlossen.
Währenddem eröffnen zwei Männer aus dem Hinterhalt das Feuer auf die ersten am Tatort eintreffenden Polizisten. Auf der Flucht kommt es bei Garnich zu einer weiteren Konfrontation mit
Cihan Guzel soll nach Luxemburg ausgeliefert werden. der Polizei. An beiden Tatorten werden mehr als 80 Kugeln auf die Beamten abgefeuert. Die Täter visieren mit einer Kalaschnikow und einer Uzi aus dem Hinterhalt die Köpfe der Polizisten an.
Die Ermittlungen ergeben, dass sich für diesen Überfall in Luxemburg sowie für weitere in Belgien, den Niederlanden und Deutschland zwei Tätergruppen aus dem belgischen schwerkriminellen Milieu – aus Liège und Charleroi – zusammengetan haben. Aus den Untersuchungen ergeben sich zudem Hinweise, dass rund 20 Personen direkt oder indirekt an dem Überfall in Gasperich beteiligt waren. Doch die Beweise reichen am Ende nur bei vier der Tatverdächtigen für einen Prozess aus. Gemeinsam mit Guzel werden Anouar B., der zum Umfeld des „Paten von Lüttich“– Marcel Habran – gehört, und der Berufsverbrecher Dogan S. aus
Charleroi im Mai 2016 jeweils zu einer Haftstrafe von 22 Jahren ohne Bewährung verurteilt. Ein vierter Tatverdächtiger, ein ehemaliger belgischer Profifußballer, wird freigesprochen.
Die Urteile werden im Februar 2017 in zweiter Instanz bestätigt. Ein Kassationsgesuch wird im Januar 2018 abgelehnt. Somit sind alle Rechtsmittel ausgeschöpft, und das Urteil ist rechtskräftig.
Cihan Guzel wird jedoch bereits vor Prozessbeginn von einer Ratskammer auf freien Fuß gesetzt. Im Anschluss an die Abweisung des Kassationsantrags soll er dann seine Haftstrafe in Luxemburg antreten. Das tut er aber nicht. Er taucht unter und wird so zu einem der meistgesuchten Verbrecher Europas.