Luxemburger Wort

Jähes Ende einer Flucht

Zielfahnde­r nehmen Cihan Guzel, Luxemburgs meistgesuc­hten Verbrecher, in Spanien fest

- Von Steve Remesch

Luxemburg/marbella (E). Nach 21 Monaten auf der Flucht vor der Luxemburge­r Justiz klickten bei Cihan Guzel am frühen Sonntagmor­gen die Handschell­en – nicht in Belgien, wo er vermutet wurde, sondern an der spanischen Costa del Sol.

Nach einem Hinweis über das europäisch­e Zielfahndu­ngsnetzwer­k Enfast wurde der wegen des außerorden­tlich brutalen Überfalls auf die G4s-zentrale im April 2013 zu 22 Jahren Haft verurteilt­e Guzel am Samstag in Marbella geortet. Nur Stunden später, gegen 2.30 Uhr, wurde er vor einer Diskothek festgenomm­en.

Wie die Pressestel­le der Justiz gestern mitteilte, war Cihan Guzel bei seiner Festnahme im Besitz von französisc­hen Ausweisdok­umenten mit einem anderen Namen.

Die Luxemburge­r Justizbehö­rden werden einen Auslieferu­ngsantrag an die zuständige­n Stellen in Spanien richten. Cihan Guzel war, als seine Verurteilu­ng im Januar 2018 rechtskräf­tig wurde, untergetau­cht. Seitdem wurde er mit internatio­nalem Haftbefehl und von spezialisi­erten Zielfahnde­rn gesucht.

Täter wollten Polizisten töten

Am frühen Morgen des 3. April 2013 greifen fünf bis sechs schwer bewaffnete Männer das Depot von G4S in Gasperich an. Sie versuchen, sich mit Sprengstof­f Zugang zum Gebäude verschaffe­n. Ein erster Versuch schlägt fehl, ein zweiter gelingt. Doch im Innern finden sie nicht das, was sie erhofft hatten: Um diese Uhrzeit wird im Gebäude noch nicht gearbeitet, Geld und Wertgegens­tände sind sicher verschloss­en.

Währenddem eröffnen zwei Männer aus dem Hinterhalt das Feuer auf die ersten am Tatort eintreffen­den Polizisten. Auf der Flucht kommt es bei Garnich zu einer weiteren Konfrontat­ion mit

Cihan Guzel soll nach Luxemburg ausgeliefe­rt werden. der Polizei. An beiden Tatorten werden mehr als 80 Kugeln auf die Beamten abgefeuert. Die Täter visieren mit einer Kalaschnik­ow und einer Uzi aus dem Hinterhalt die Köpfe der Polizisten an.

Die Ermittlung­en ergeben, dass sich für diesen Überfall in Luxemburg sowie für weitere in Belgien, den Niederland­en und Deutschlan­d zwei Tätergrupp­en aus dem belgischen schwerkrim­inellen Milieu – aus Liège und Charleroi – zusammenge­tan haben. Aus den Untersuchu­ngen ergeben sich zudem Hinweise, dass rund 20 Personen direkt oder indirekt an dem Überfall in Gasperich beteiligt waren. Doch die Beweise reichen am Ende nur bei vier der Tatverdäch­tigen für einen Prozess aus. Gemeinsam mit Guzel werden Anouar B., der zum Umfeld des „Paten von Lüttich“– Marcel Habran – gehört, und der Berufsverb­recher Dogan S. aus

Charleroi im Mai 2016 jeweils zu einer Haftstrafe von 22 Jahren ohne Bewährung verurteilt. Ein vierter Tatverdäch­tiger, ein ehemaliger belgischer Profifußba­ller, wird freigespro­chen.

Die Urteile werden im Februar 2017 in zweiter Instanz bestätigt. Ein Kassations­gesuch wird im Januar 2018 abgelehnt. Somit sind alle Rechtsmitt­el ausgeschöp­ft, und das Urteil ist rechtskräf­tig.

Cihan Guzel wird jedoch bereits vor Prozessbeg­inn von einer Ratskammer auf freien Fuß gesetzt. Im Anschluss an die Abweisung des Kassations­antrags soll er dann seine Haftstrafe in Luxemburg antreten. Das tut er aber nicht. Er taucht unter und wird so zu einem der meistgesuc­hten Verbrecher Europas.

 ?? Foto: Gerry Huberty / Lw-archiv ?? Wegen ihrer Teilnahme am Überfall auf die G4s-zentrale am 3. April 2013 in Gasperich waren 2016 drei Beschuldig­te, darunter Guzel, zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Foto: Gerry Huberty / Lw-archiv Wegen ihrer Teilnahme am Überfall auf die G4s-zentrale am 3. April 2013 in Gasperich waren 2016 drei Beschuldig­te, darunter Guzel, zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg