Baustelle mit Hürden
Händler in der Avenue de la Liberté beklagen sich über aktuelle Situation bei der Tramerweiterung
Luxemburg. Im Dezember 2020 soll die Tram durchgehend von der Luxexpo in Kirchberg über die Stäreplaz und den Boulevard Royal bis zum Hauptbahnhof fahren. Doch bis die neuen Haltestellen zwischen der Stäreplaz und der Gare Centrale in Betrieb genommen werden, bleibt noch einiges zu tun. Vor allem in der Avenue de la Liberté laufen die Arbeiten derzeit auf Hochtouren. Bagger, Baugruben und Arbeiter prägen dort das Bild. Daneben Autos und Radfahrer, die sich ihren Weg durch die enge Straße bahnen – und Geschäftsleute, die sich auf diese Langzeitbaustelle einstellen müssen.
„Wir haben dadurch zahlreiche Beeinträchtigungen“, beklagt sich etwa Marta Fernandes vom Optikergeschäft „Acuitus“an der Place de Paris. Vor allem durch die Schaffung eines Stegs über den Baugruben vor etwa zwei Wochen sei es nun gerade für ältere Menschen noch schwieriger, den Laden zu erreichen. Hinzu kommt, dass dieser Steg sich unmittelbar vor der Eingangstür des Ladens befindet, wodurch der Durchgang in diesem Bereich für mehrere Personen unmöglich ist.
„Unser Eingangsbereich ist fast komplett blockiert. Unsere Kunden erreichen uns kaum noch“, so Marta Fernandes weiter.
Immer weniger Kunden
„Seit wenigen Tagen hat sich der Lärmpegel deutlich erhöht, da die Bagger genau vor unserer Tür baggern“, sagt Gwenaëlle Herrmann von der Bäckerei „Namur“. Über Kundenmangel kann die Verkäuferin sich zwar nicht beklagen, dennoch würden zurzeit vor allem auswärtige Kunden wegbleiben. „Mit der Baustelle und der Schließung des Parking Martyrs ist es noch schwieriger geworden, einen Stellplatz zu finden“, gibt sie zu verstehen.
Ein Problem, das man auch in der benachbarten Apotheke kennt. Dennoch hat Apothekerin Angela Maula auch lobende Worte: „Die Gemeinde hat die Verkehrssituation gut organisiert.“
„Es kommen immer weniger Menschen zum Einkaufen in diese Straße“, meint indes Simon Panacio vom Kleidergeschäft „Loft – The Original“. Er sei sich zwar dessen bewusst, dass die Baustelle vor seiner Tür nur eine gewisse Zeit andauern würde, dennoch sei die Situation alles andere als optimal.
Auf die Frage, wie lange noch vor seiner Tür gearbeitet wird, antwortet er nur mit einem Schulterzucken. Da er nicht an den
Informationsversammlungen für die Anrainer habe teilnehmen können, müsse er auf die Ankündigung der nächsten Bauphase warten.
Gar nicht froh über die aktuelle Situation ist auch Isabel Neves vom Tabak- und Zeitungsgeschäft „Liberté 56“: „Unser Umsatz sinkt kontinuierlich. Immer mehr ältere Kunden, die ihre Zeitung seit Jahren bei uns einkaufen, sagen uns, dass es unmöglich sei, zu uns zu kommen.“Jeden Tag würden Kunden anrufen und ihre Reservierungen stornieren, da sie nicht mehr wüssten, wie sie zum Laden gelangen sollen. Die Fußwege seien mittlerweile zu beschwerlich, die Buspläne hätten geändert und das Parken mit dem eigenen Fahrzeug sei ohnehin nicht einfach. Kurz: „Wir leiden sehr unter der Baustelle“, betont Isabel Neves.
Schneller reagieren
Gut sei unterdessen, dass einer ihrer Anfragen mittlerweile Rechnung getragen wurde und ein Großteil der Stege mit Antirutschmatten ausgestattet worden sei. Allerdings noch nicht alle – offenbar, weil nicht genügend Material auf Lager ist. „Auch wenn die Kommunikation mit der Stadt Luxemburg und Luxtram gut ist, dauert es stets sehr lange, bis unseren Anfragen Folge geleistet wird. Oft müsste viel schneller reagiert werden“, erklärt sie weiter.
Aufgeben wollen die Geschäftsleute in der Nei Avenue aber nicht: „Wir setzen alles daran, dass unsere Kunden sich wohlfühlen“, betont etwa Isabel Neves.
Etwas Hoffnung auf eine Verbesserung der aktuellen Parkplatzsituation haben jedoch alle. Sie bezieht sich auf das sanierte Parkhaus in der Rue du Fort Neipperg. Dieses wird nach einer 18monatigen Bauzeit am 4. November seine Türen wieder öffnen und Platz für 677 Fahrzeuge bieten. Das Besondere: Mit 20 000 kostenlosen Parkstunden will die Stadt Luxemburg die Kunden in die Geschäfte im Bahnhofsviertel locken und Werbung für das Parkhaus betreiben, wie Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt dieser Tage in einer Informationsversammlung zur Mobilität im Bahnhofsviertel verlauten hieß.
In jener Versammlung waren denn auch die Probleme der Händler ein Thema. Darauf angesprochen betonte Bürgermeisterin
Lydie Polfer gleich mehrmals, dass man sich der aktuellen Zustände durchaus bewusst sei. Der Schöffenrat sei aber gewillt, den Einwohnern und Geschäftsleuten so weit entgegenzukommen, wie es geht.
„Wir sind hier, um zusammen mit Ihnen Lösungen zu finden“, beteuerte das Stadtoberhaupt. Auf fruchtbaren Boden fiel beispielsweise der Vorschlag mehrerer Geschäftsinhaber, eine Art Shopping-bus einzurichten, der bestimmte Stellen im Bahnhofsviertel anfahren soll. Eine Haltestelle an der Avenue de la Liberté sei „beim besten Willen“nicht möglich, hieß es allerdings. „Doch Sie wissen am besten, was ihre Kundschaft braucht und woher sie stammt. Wir sind gerne bereit, uns mit Ihnen zusammenzusetzen und einen solchen Pendeldienst einzurichten“, so Polfer. Am Willen der Stadt Luxemburg solle es nicht scheitern, fuhr sie fort. Dementsprechend könnte dieser Pendeldienst bereits nach dem 3. November eingesetzt werden. Das Stichdatum, an dem auch die Busfahrpläne ändern werden und der Busverkehr komplett aus der Avenue de la Liberté verschwinden wird (mit Ausnahme der Linie 19).
„Das Beste daraus machen“
Was die bevorstehende Festsaison angeht, will die Stadt Luxemburg alles unternehmen, um die betroffenen Viertel festlich zu gestalten. „Wir wissen, wie wichtig die Feiertage fürs Geschäft sind“, beteuerte die Bürgermeisterin. Trotz der Großbaustelle soll auch im Bahnhofsviertel Festatmosphäre verströmt werden. „Um zu zeigen, dass zwar eine schwere Zeit auf uns zu kommt, doch wir das Beste daraus machen wollen“, so Polfer.
Nicht müde aber wurde sie zu betonen, dass die Geschäftsleute eine finanzielle Entschädigung aus dem entsprechenden Fonds von Luxtram beantragen sollen. ►
Am Willen der Stadt Luxemburg soll es nicht scheitern. Bürgermeisterin Lydie Polfer