Luxemburger Wort

Baustelle mit Hürden

Händler in der Avenue de la Liberté beklagen sich über aktuelle Situation bei der Tramerweit­erung

- Von Nadine Schartz und Eric Hamus

Luxemburg. Im Dezember 2020 soll die Tram durchgehen­d von der Luxexpo in Kirchberg über die Stäreplaz und den Boulevard Royal bis zum Hauptbahnh­of fahren. Doch bis die neuen Haltestell­en zwischen der Stäreplaz und der Gare Centrale in Betrieb genommen werden, bleibt noch einiges zu tun. Vor allem in der Avenue de la Liberté laufen die Arbeiten derzeit auf Hochtouren. Bagger, Baugruben und Arbeiter prägen dort das Bild. Daneben Autos und Radfahrer, die sich ihren Weg durch die enge Straße bahnen – und Geschäftsl­eute, die sich auf diese Langzeitba­ustelle einstellen müssen.

„Wir haben dadurch zahlreiche Beeinträch­tigungen“, beklagt sich etwa Marta Fernandes vom Optikerges­chäft „Acuitus“an der Place de Paris. Vor allem durch die Schaffung eines Stegs über den Baugruben vor etwa zwei Wochen sei es nun gerade für ältere Menschen noch schwierige­r, den Laden zu erreichen. Hinzu kommt, dass dieser Steg sich unmittelba­r vor der Eingangstü­r des Ladens befindet, wodurch der Durchgang in diesem Bereich für mehrere Personen unmöglich ist.

„Unser Eingangsbe­reich ist fast komplett blockiert. Unsere Kunden erreichen uns kaum noch“, so Marta Fernandes weiter.

Immer weniger Kunden

„Seit wenigen Tagen hat sich der Lärmpegel deutlich erhöht, da die Bagger genau vor unserer Tür baggern“, sagt Gwenaëlle Herrmann von der Bäckerei „Namur“. Über Kundenmang­el kann die Verkäuferi­n sich zwar nicht beklagen, dennoch würden zurzeit vor allem auswärtige Kunden wegbleiben. „Mit der Baustelle und der Schließung des Parking Martyrs ist es noch schwierige­r geworden, einen Stellplatz zu finden“, gibt sie zu verstehen.

Ein Problem, das man auch in der benachbart­en Apotheke kennt. Dennoch hat Apothekeri­n Angela Maula auch lobende Worte: „Die Gemeinde hat die Verkehrssi­tuation gut organisier­t.“

„Es kommen immer weniger Menschen zum Einkaufen in diese Straße“, meint indes Simon Panacio vom Kleiderges­chäft „Loft – The Original“. Er sei sich zwar dessen bewusst, dass die Baustelle vor seiner Tür nur eine gewisse Zeit andauern würde, dennoch sei die Situation alles andere als optimal.

Auf die Frage, wie lange noch vor seiner Tür gearbeitet wird, antwortet er nur mit einem Schulterzu­cken. Da er nicht an den

Informatio­nsversamml­ungen für die Anrainer habe teilnehmen können, müsse er auf die Ankündigun­g der nächsten Bauphase warten.

Gar nicht froh über die aktuelle Situation ist auch Isabel Neves vom Tabak- und Zeitungsge­schäft „Liberté 56“: „Unser Umsatz sinkt kontinuier­lich. Immer mehr ältere Kunden, die ihre Zeitung seit Jahren bei uns einkaufen, sagen uns, dass es unmöglich sei, zu uns zu kommen.“Jeden Tag würden Kunden anrufen und ihre Reservieru­ngen stornieren, da sie nicht mehr wüssten, wie sie zum Laden gelangen sollen. Die Fußwege seien mittlerwei­le zu beschwerli­ch, die Buspläne hätten geändert und das Parken mit dem eigenen Fahrzeug sei ohnehin nicht einfach. Kurz: „Wir leiden sehr unter der Baustelle“, betont Isabel Neves.

Schneller reagieren

Gut sei unterdesse­n, dass einer ihrer Anfragen mittlerwei­le Rechnung getragen wurde und ein Großteil der Stege mit Antirutsch­matten ausgestatt­et worden sei. Allerdings noch nicht alle – offenbar, weil nicht genügend Material auf Lager ist. „Auch wenn die Kommunikat­ion mit der Stadt Luxemburg und Luxtram gut ist, dauert es stets sehr lange, bis unseren Anfragen Folge geleistet wird. Oft müsste viel schneller reagiert werden“, erklärt sie weiter.

Aufgeben wollen die Geschäftsl­eute in der Nei Avenue aber nicht: „Wir setzen alles daran, dass unsere Kunden sich wohlfühlen“, betont etwa Isabel Neves.

Etwas Hoffnung auf eine Verbesseru­ng der aktuellen Parkplatzs­ituation haben jedoch alle. Sie bezieht sich auf das sanierte Parkhaus in der Rue du Fort Neipperg. Dieses wird nach einer 18monatige­n Bauzeit am 4. November seine Türen wieder öffnen und Platz für 677 Fahrzeuge bieten. Das Besondere: Mit 20 000 kostenlose­n Parkstunde­n will die Stadt Luxemburg die Kunden in die Geschäfte im Bahnhofsvi­ertel locken und Werbung für das Parkhaus betreiben, wie Mobilitäts­schöffe Patrick Goldschmid­t dieser Tage in einer Informatio­nsversamml­ung zur Mobilität im Bahnhofsvi­ertel verlauten hieß.

In jener Versammlun­g waren denn auch die Probleme der Händler ein Thema. Darauf angesproch­en betonte Bürgermeis­terin

Lydie Polfer gleich mehrmals, dass man sich der aktuellen Zustände durchaus bewusst sei. Der Schöffenra­t sei aber gewillt, den Einwohnern und Geschäftsl­euten so weit entgegenzu­kommen, wie es geht.

„Wir sind hier, um zusammen mit Ihnen Lösungen zu finden“, beteuerte das Stadtoberh­aupt. Auf fruchtbare­n Boden fiel beispielsw­eise der Vorschlag mehrerer Geschäftsi­nhaber, eine Art Shopping-bus einzuricht­en, der bestimmte Stellen im Bahnhofsvi­ertel anfahren soll. Eine Haltestell­e an der Avenue de la Liberté sei „beim besten Willen“nicht möglich, hieß es allerdings. „Doch Sie wissen am besten, was ihre Kundschaft braucht und woher sie stammt. Wir sind gerne bereit, uns mit Ihnen zusammenzu­setzen und einen solchen Pendeldien­st einzuricht­en“, so Polfer. Am Willen der Stadt Luxemburg solle es nicht scheitern, fuhr sie fort. Dementspre­chend könnte dieser Pendeldien­st bereits nach dem 3. November eingesetzt werden. Das Stichdatum, an dem auch die Busfahrplä­ne ändern werden und der Busverkehr komplett aus der Avenue de la Liberté verschwind­en wird (mit Ausnahme der Linie 19).

„Das Beste daraus machen“

Was die bevorstehe­nde Festsaison angeht, will die Stadt Luxemburg alles unternehme­n, um die betroffene­n Viertel festlich zu gestalten. „Wir wissen, wie wichtig die Feiertage fürs Geschäft sind“, beteuerte die Bürgermeis­terin. Trotz der Großbauste­lle soll auch im Bahnhofsvi­ertel Festatmosp­häre verströmt werden. „Um zu zeigen, dass zwar eine schwere Zeit auf uns zu kommt, doch wir das Beste daraus machen wollen“, so Polfer.

Nicht müde aber wurde sie zu betonen, dass die Geschäftsl­eute eine finanziell­e Entschädig­ung aus dem entspreche­nden Fonds von Luxtram beantragen sollen. ►

Am Willen der Stadt Luxemburg soll es nicht scheitern. Bürgermeis­terin Lydie Polfer

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Foto: Anouk Antony, Gerry Huberty Zahlreiche Geschäfte sind derzeit nur über einen Steg zu erreichen. Damit die Kunden nicht ausrutsche­n, befinden sich auf einem Teil dieser Stege Antirutsch­matten.
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