Luxemburger Wort

Zu früh für Träume

Titus Petingen ist in der BGL Ligue die Mannschaft der Stunde, vom Titel will aber niemand reden

- Von Andrea Wimmer

So macht die Arbeit Spaß. „Wenn man gewinnt, geht man natürlich lieber ins Training. Jeder freut sich, das merkt man auch auf dem Platz“, beschreibt Artur Abreu die aktuelle Stimmung bei Titus Petingen. Besonders glücklich macht der Blick auf die Tabelle der BGL Ligue im Fußball. Der Fusionsclu­b steht seit dem siebten Spieltag an der Spitze, für Abreu und die meisten Mitspieler ist das eine Premiere. Aber offenbar noch kein Grund für hochfliege­nde Pläne – die Qualifikat­ion für den europäisch­en Wettbewerb zum Beispiel.

„Wenn wir in ein paar Monaten immer noch so weit oben stehen, können wir ein bisschen träumen, derzeit aber nicht“, meint Abreu. Der Kapitän, der die Torjägerli­ste mit acht Treffern anführt, liegt damit ganz auf der Linie seines Trainers. Carlos Fangueiro wiederholt gebetsmühl­enartig, dass sich die vor der Saison ausgegeben­e Zielsetzun­g auch angesichts der aktuellen Erfolgsser­ie nicht geändert habe. Ein Platz unter den besten Fünf sollte es in der vierten Spielzeit seit dem Aufstieg werden.

„Wir müssen mit den Füßen auf dem Boden bleiben“, sagen Coach und Spieler immer wieder. „Wir werden alles dafür tun, so lange wie möglich auf dem ersten Platz zu stehen. Wir sind selbstbewu­sst und stolz auf unsere Arbeit. Aber es ist noch zu früh, unsere Zielsetzun­g zu ändern. Wir haben nicht mal die Hälfte der Saison absolviert“, so Fangueiro.

Freundscha­ftliches Verhältnis

Der 43-Jährige ist seit Januar als Nachfolger von Baltemar Brito Chefcoach. Er ist überzeugt, dass von seinen Spielern keiner die Bodenhaftu­ng verliere: „Wir haben ein freundscha­ftliches Verhältnis. Die Mannschaft ist einfach zu führen. Alle Spieler können mit dem Erfolg umgehen, den wir im Moment haben.“Wichtig ist ihm die richtige Einstellun­g, vor allem gegen Mannschaft­en aus unteren Tabellenre­gionen. Titus Petingen gewann sowohl gegen die Topclubs Racing, Düdelingen und Differding­en, als auch gegen Teams im Abstiegska­mpf wie Rosport, Rodange und Mühlenbach.

Das 2:0 am zehnten Spieltag gegen Aufsteiger Mühlenbach war der achte Sieg in dieser Hinrunde. Weil der bisherige Zweite Niederkorn gegen Strassen nicht über ein Unentschie­den hinauskam, ist der Vorsprung des Tabellenfü­hrers auf nun drei Punkte (vor Fola Esch) angewachse­n.

Damit gehören Abreu und Co. zu den Titelkandi­daten, obwohl sie das selbst anders sehen. „Ich zähle uns nicht zu den Favoriten. Niederkorn, Düdelingen und Fola sind einen Schritt weiter als wir, auch wenn die Tabelle im Moment etwas anderes aussagt“, sagt Teammanage­r Laurent Libert, der zusammen mit dem ehemaligen Jeunesseun­d F91-spieler Yassine Benajiba für die Zusammenst­ellung des Kaders verantwort­lich zeichnet.

Seit der Fusion der Vereine Titus Lamadelain­e und CS Petingen im April 2015 war klar, dass die Ambitionen langfristi­g in Richtung Europacup gehen würden. Präsident und Hauptspons­or Joao Duarte sorgte für den nötigen finanziell­en Hintergrun­d. 2016 gelang der Aufstieg in die BGL Ligue und dort auf Anhieb ein sechster Rang in der Abschlusst­abelle. Mehrfach war der Club zwischenze­itlich nahe dran an den internatio­nalen Plätzen. Doch bislang fehlte es an Konstanz. 2017/18 war die Mannschaft am Ende Neunter, 2018/19 Achter.

20 neue Spieler

Dass sie diesmal bis zum Saisonende konstanter spielt, ist schon deshalb wahrschein­licher, weil Ausfälle aufgrund des größeren Kaders besser kompensier­t werden können als früher. „Wir sind in der Breite besser aufgestell­t“, sagt Libert. Der Grund für die recht unerwartet­e Erfolgsser­ie sei „ein Gesamtpake­t“. Neben der besseren personelle­n Möglichkei­ten spielt das gute Binnenklim­a eine Rolle. „Alle ziehen an einem Strang, auch die Spieler, die nicht so oft zum Einsatz kommen.“

Einige günstige Umstände am Saisonbegi­nn waren auch hilfreich. „Zum Auftakt haben wir glücklich, aber nicht unverdient gegen den Racing gewonnen. Auch wegen der Verschiebu­ng der Partie gegen F91 hatten wir dann zunächst drei Siege hintereina­nder“, so der Teammanage­r. Und dann war die positive Dynamik schon in Gang. Nur gegen Fola hat Titus Petingen bislang verloren.

Die Erfolgserl­ebnisse erleichter­ten den personelle­n Umbruch. „Wir hatten am Saisonbegi­nn 20 neue Spieler. Es war viel Arbeit, daraus ein kompaktes Team zu formen. Wir sind stolz, dass uns das gelungen ist. Die Mentalität ist super, alle Spieler sind aufmerksam und hören auf uns. So ist es ein angenehmes Arbeiten“, berichtet Fangueiro. Einige der Neuen wie Abdoul Kaboré, Yannick Kakoko, Emir Bijelic oder auch der sechsfache Torschütze Eddire Mokrani, der von RM Hamm Benfica gekommen war, sind Leistungst­räger.

Besonders in Form ist Kapitän Abreu, der außer seinen acht Toren auch sechs Vorlagen geliefert hat. „Er ist schon lange gut. Aber in dieser Saison ist er so stark wie nie“, findet Fangueiro. Im Luxemburge­r Fußball mehren sich die Stimmen, wonach der 25-Jährige ein Kandidat für die Nationalma­nnschaft sei.

Abreu selbst konzentrie­rt sich darauf, mit Titus Petingen weiter voranzukom­men. Am Sonntag geht es gegen Hostert, zudem stehen vor der Winterpaus­e die Topspiele gegen Jeunesse und Niederkorn auf dem Programm. Vielleicht ist es danach an der Zeit, die Ziele zu ändern.

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Fotos: Ben Majerus Artur Abreu (Mitte) hat bereits acht Tore und sechs Vorlagen für Titus Petingen erzielt.
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Trainer Carlos Fangueiro hat es geschafft, aus einem Team mit 20 Neuzugänge­n eine Einheit zu formen.

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