Zu früh für Träume
Titus Petingen ist in der BGL Ligue die Mannschaft der Stunde, vom Titel will aber niemand reden
So macht die Arbeit Spaß. „Wenn man gewinnt, geht man natürlich lieber ins Training. Jeder freut sich, das merkt man auch auf dem Platz“, beschreibt Artur Abreu die aktuelle Stimmung bei Titus Petingen. Besonders glücklich macht der Blick auf die Tabelle der BGL Ligue im Fußball. Der Fusionsclub steht seit dem siebten Spieltag an der Spitze, für Abreu und die meisten Mitspieler ist das eine Premiere. Aber offenbar noch kein Grund für hochfliegende Pläne – die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb zum Beispiel.
„Wenn wir in ein paar Monaten immer noch so weit oben stehen, können wir ein bisschen träumen, derzeit aber nicht“, meint Abreu. Der Kapitän, der die Torjägerliste mit acht Treffern anführt, liegt damit ganz auf der Linie seines Trainers. Carlos Fangueiro wiederholt gebetsmühlenartig, dass sich die vor der Saison ausgegebene Zielsetzung auch angesichts der aktuellen Erfolgsserie nicht geändert habe. Ein Platz unter den besten Fünf sollte es in der vierten Spielzeit seit dem Aufstieg werden.
„Wir müssen mit den Füßen auf dem Boden bleiben“, sagen Coach und Spieler immer wieder. „Wir werden alles dafür tun, so lange wie möglich auf dem ersten Platz zu stehen. Wir sind selbstbewusst und stolz auf unsere Arbeit. Aber es ist noch zu früh, unsere Zielsetzung zu ändern. Wir haben nicht mal die Hälfte der Saison absolviert“, so Fangueiro.
Freundschaftliches Verhältnis
Der 43-Jährige ist seit Januar als Nachfolger von Baltemar Brito Chefcoach. Er ist überzeugt, dass von seinen Spielern keiner die Bodenhaftung verliere: „Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis. Die Mannschaft ist einfach zu führen. Alle Spieler können mit dem Erfolg umgehen, den wir im Moment haben.“Wichtig ist ihm die richtige Einstellung, vor allem gegen Mannschaften aus unteren Tabellenregionen. Titus Petingen gewann sowohl gegen die Topclubs Racing, Düdelingen und Differdingen, als auch gegen Teams im Abstiegskampf wie Rosport, Rodange und Mühlenbach.
Das 2:0 am zehnten Spieltag gegen Aufsteiger Mühlenbach war der achte Sieg in dieser Hinrunde. Weil der bisherige Zweite Niederkorn gegen Strassen nicht über ein Unentschieden hinauskam, ist der Vorsprung des Tabellenführers auf nun drei Punkte (vor Fola Esch) angewachsen.
Damit gehören Abreu und Co. zu den Titelkandidaten, obwohl sie das selbst anders sehen. „Ich zähle uns nicht zu den Favoriten. Niederkorn, Düdelingen und Fola sind einen Schritt weiter als wir, auch wenn die Tabelle im Moment etwas anderes aussagt“, sagt Teammanager Laurent Libert, der zusammen mit dem ehemaligen Jeunesseund F91-spieler Yassine Benajiba für die Zusammenstellung des Kaders verantwortlich zeichnet.
Seit der Fusion der Vereine Titus Lamadelaine und CS Petingen im April 2015 war klar, dass die Ambitionen langfristig in Richtung Europacup gehen würden. Präsident und Hauptsponsor Joao Duarte sorgte für den nötigen finanziellen Hintergrund. 2016 gelang der Aufstieg in die BGL Ligue und dort auf Anhieb ein sechster Rang in der Abschlusstabelle. Mehrfach war der Club zwischenzeitlich nahe dran an den internationalen Plätzen. Doch bislang fehlte es an Konstanz. 2017/18 war die Mannschaft am Ende Neunter, 2018/19 Achter.
20 neue Spieler
Dass sie diesmal bis zum Saisonende konstanter spielt, ist schon deshalb wahrscheinlicher, weil Ausfälle aufgrund des größeren Kaders besser kompensiert werden können als früher. „Wir sind in der Breite besser aufgestellt“, sagt Libert. Der Grund für die recht unerwartete Erfolgsserie sei „ein Gesamtpaket“. Neben der besseren personellen Möglichkeiten spielt das gute Binnenklima eine Rolle. „Alle ziehen an einem Strang, auch die Spieler, die nicht so oft zum Einsatz kommen.“
Einige günstige Umstände am Saisonbeginn waren auch hilfreich. „Zum Auftakt haben wir glücklich, aber nicht unverdient gegen den Racing gewonnen. Auch wegen der Verschiebung der Partie gegen F91 hatten wir dann zunächst drei Siege hintereinander“, so der Teammanager. Und dann war die positive Dynamik schon in Gang. Nur gegen Fola hat Titus Petingen bislang verloren.
Die Erfolgserlebnisse erleichterten den personellen Umbruch. „Wir hatten am Saisonbeginn 20 neue Spieler. Es war viel Arbeit, daraus ein kompaktes Team zu formen. Wir sind stolz, dass uns das gelungen ist. Die Mentalität ist super, alle Spieler sind aufmerksam und hören auf uns. So ist es ein angenehmes Arbeiten“, berichtet Fangueiro. Einige der Neuen wie Abdoul Kaboré, Yannick Kakoko, Emir Bijelic oder auch der sechsfache Torschütze Eddire Mokrani, der von RM Hamm Benfica gekommen war, sind Leistungsträger.
Besonders in Form ist Kapitän Abreu, der außer seinen acht Toren auch sechs Vorlagen geliefert hat. „Er ist schon lange gut. Aber in dieser Saison ist er so stark wie nie“, findet Fangueiro. Im Luxemburger Fußball mehren sich die Stimmen, wonach der 25-Jährige ein Kandidat für die Nationalmannschaft sei.
Abreu selbst konzentriert sich darauf, mit Titus Petingen weiter voranzukommen. Am Sonntag geht es gegen Hostert, zudem stehen vor der Winterpause die Topspiele gegen Jeunesse und Niederkorn auf dem Programm. Vielleicht ist es danach an der Zeit, die Ziele zu ändern.