Luxemburger Wort

Neuer Kronzeuge gegen Trump

In der Ukraine-affäre bringt ein hochrangig­er Us-offizier den Präsidente­n in Erklärungs­not

- Von Thomas Spang (Washington)

Oberst Vindman hat mit eigenen Ohren gehört, wie Us-präsident Trump den neuen ukrainisch­en Regierungs­chef Wolodymyr Selenskyj bei einem Telefonat vom 25. Juli dieses Jahres bedrängte, eine Untersuchu­ng gegen Joe Biden, seinen Sohn Hunter und den angebliche­n Verbleib eines Servers mit E-mails von Hillary Clinton einzuleite­n. Das Verhalten Trumps irritierte ihn so sehr, dass er sich beim Justiziar im „Nationalen Sicherheit­srat“, John A. Eisenberg, beschwerte. „Ich hielt es für nicht richtig, von einer ausländisc­hen Regierung Ermittlung­en gegen einen Us-bürger zu verlangen, und ich war besorgt über die Konsequenz­en für die Unterstütz­ung der Ukraine durch die Us-regierung“, sagt Vindman in einer vorab an die New York Times geleakten schriftlic­hen Erklärung, die er gestern zu Beginn seiner Befragung durch den Geheimdien­stausschus­s des Repräsenta­ntenhauses abgeben wollte.

Während der „Whistleblo­wer“, dessen Beschwerde zu dem Amtsentheb­ungsverfah­ren im Kongress geführt hatte, den Inhalt des Telefonats zwischen dem Us-präsidente­n und Selenskyj nur aus zweiter Hand erfuhr, und Trump lediglich das Memorandum des Gesprächs öffentlich gemacht hat, hörte der Ukraine-experte persönlich mit bei jenem Gespräch, mit dem alles begann.

Die Demokraten haben damit neben dem Us-botschafte­r in der Ukraine, William B. Taylor, einen weiteren Kronzeugen in dem Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump. Vindman ist dabei die erste Person, die aus eigenem Wissen bezeugen kann, wie akkurat das Memorandum ist, das der Präsident von dem Gespräch mit Selenskyj öffentlich gemacht hatte. Das wortwörtli­che Protokoll bleibt weiterhin unter Verschluss auf einem Server im Weißen Haus, der eigentlich für Staatsgehe­imnisse reserviert ist. Vindman, ein Sohn von Einwandere­rn aus der Ukraine, der für eine Kriegsverl­etzung im Irak ein „Purple Heart“erhielt, beschreibt sich als „Patrioten“, dem es nicht um Parteipoli­tik oder den amtierende­n Präsidente­n, sondern „die Verteidigu­ng unseres Landes“geht.

Er habe verstanden, wie Ermittlung­en gegen die Bidens die überpartei­liche Unterstütz­ung für die Ukraine-politik gefährdete­n. „Das hätte die nationale Sicherheit der USA unterminie­rt.“Ähnlich akribisch wie Botschafte­r Taylor zeichnet Vindman nach, wie seit einem ersten Telefonat Trumps mit Selenskyj nach dessen Wahl im April immer neue Bedingunge­n gestellt wurden.

Formelle Einleitung des Amtsentheb­ungsverfah­rens

Er sei besorgt darüber gewesen, wie der Hausanwalt des Präsidente­n, Rudy Giuliani, eine Politik verfolgt habe, die dem offizielle­n Kurs der USA entgegenli­ef. Nach einem Treffen mit ukrainisch­en Regierungs­vertretern am 10. Juli im Weißen Haus, beschwerte sich Vindman über Trumps Eu-botschafte­r Gordon Sondland, der die Forderunge­n des Präsidente­n nach Ermittlung­en gegen die Demokraten als Vorbedingu­ng für alles weitere vorgetrage­n hatte.

Speakerin Nancy Pelosi will den Rückenwind aus den Ausschussb­efragungen nutzen, um morgen im Repräsenta­ntenhaus einen formalen Beschluss über den Beginn eines Amtsentheb­ungsverfah­rens zu fassen. Damit kommt sie einem Wunsch des Präsidente­n entgegen, dessen Justiziar Anfang Oktober das Fehlen einer formellen Abstimmung als Grund für die Nicht-zusammenar­beit nannte. In einem Schreiben ihrer Fraktion betont Pelosi, dies sei rechtlich nicht erforderli­ch. Politisch nehme eine solche Abstimmung Trump aber die Ausrede, den Abgeordnet­en Dokumente und Zeugen vorzuentha­lten.

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Foto: AFP Alexander Vindman hörte bei jenem umstritten­en Telefonat zwischen Trump und Selenskyj mit, mit dem alles begann.

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