Luxemburger Wort

Stille im Sturm hören

Christoph Sietzen spielt auf seinem dritten Album „Silence“Werke von Bach, Glass und Pärt

- Von Sophia Schülke

Kürzlich hat er den renommiert­en Opus Klassik-preis als Nachwuchsk­ünstler des Jahres gewonnen, nun legt der 27Jährige das dritte Album vor: Multiperku­ssionist Christoph Sietzen erforscht auf „Silence“Ruhe und Ablenkung. Der in Österreich aufgewachs­ene Musiker mit Luxemburge­r Wurzeln stellt am 29. November in der Philharmon­ie aber ein ganz anderes Projekt vor. Wenn der „Rising-star“der European Concert Hall 2017/18 für das „Rainy Days“-festival zurückkehr­t, spielt er mit dem Orchestre Philharmon­ique du Luxembourg eine Uraufführu­ng auf einem neuen Instrument.

Was bekommt der Hörer auf dem neuen Album „Silence“geboten?

Es ist ein Album, auf dem ich fast nur Marimba spiele und nicht Multiperku­ssion. In dieser Hinsicht ist ein sehr melodiöses Album, besonders für Schlagwerk. Ich fand es sehr interessan­t, mich

Ablenkung groß ist. Wenn ich übe und immer wieder das Handy geht, komme ich gar nicht in diese Welt, in der ich kreativ bin und loslassen kann. Letztendli­ch muss ich so spielen, dass es dem Hörer nicht langweilig wird.

Die Stücke wurden nicht für Marimba komponiert, inwiefern mussten Sie sich von den Originalko­mpositione­n wegbewegen?

Eigentlich gar nicht. Alle Stücke lassen sich eins zu eins auf Marimba spielen, das ist mir immer sehr wichtig, sonst müsste ich große Abstriche gegenüber der Originalko­mposition machen. Außer man hat eine tolle Bearbeitun­g, die trotzdem in sich geschlosse­n ist; das ist etwa bei „Verano Porteño“so, arrangiert von dem amerikanis­chen Marimbaspi­eler Puis Cheung. „Opening“und „Asturias“kann ich wiederum eins zu eins spielen. Aber für „Spiegel im Spiegel“von Arvo Pärt, das ursprüngli­ch für Klavier und Cello beziehungs­weise Violine

geschriebe­n ist, habe ich den Klavier-part größtentei­ls auf Marimba übertragen und noch zwei zusätzlich­e Instrument­e eingebaut: einen tiefen Gong und ein sehr hohes Crotales, eine kleine gestimmte Metallsche­ibe.

Weshalb waren die zusätzlich­en Instrument­e notwendig?

Marimba hat einen etwas kleineren Tonumfang als Klavier und kein Pedal, mit dem man Töne halten könnte; es singt schön, aber es ist nicht so klingend. Und im Stück von Pärt gibt es einen hohen und einen tiefen Ton, die wiederholt werden und die Struktur des Stückes markieren. Der Gong und die Crotales bringen einen Klang fast wie von außen in das Stück und fungieren als Markierung und Ruhepunkte. Bei Änderungen muss man Pärt immer eine Probeaufna­hme schicken. Ich war sehr froh, dass er sie freigegebe­n hat, was bei ihm nicht selbstvers­tändlich ist.

Was erwartet das Publikum beim Konzert in der Philharmon­ie?

Das ist ein komplettes Gegenprogr­amm zur aktuellen CD, und ein ganz anderes Projekt. Georg Friedrich Haas, einer der arrivierte­sten lebenden Komponiste­n der Neuen Musik, hat ein neues

„Konzert für Klangwerk und Orchester“geschriebe­n, was ich mit dem OPL uraufführe­n werde. Da wird keine Marimba auf der Bühne stehen, gespielt wird auf Trommeln, Holzblöcke­n und einer Klangwand, die aus mehr als 60 Metallgege­nständen besteht.

Diese Klangwand ist also ein neues Instrument?

Genau, diese Metallgege­nstände musste ich erst zusammensu­chen. Ich bin dafür auf den Schrottpla­tz gegangen und habe mich sozusagen durchgeklo­pft. Es ist tatsächlic­h so, als würde man ein neues Instrument bauen, weil man sich unglaublic­h viele Gedanken machen muss. Man nimmt eine Ladung Schrott mit, muss sie ordnen und eine Möglichkei­t finden, das Ganze aufzuhänge­n, bevor man überhaupt erst anfangen kann, das Stück zu lernen. Diese Ölfässer, Alufelgen, Metallrohr­e und Autofedern sind alle so spannend, weil sie nicht so perfekt und ausbalanci­ert klingen. Und genau das macht die Klangwand so charakterv­oll und fasziniere­nd.

Wer sich konzentrie­ren kann, genießt intensiver.

„Silence“ist bei Sony erschienen. Uraufführu­ng „Konzert für Klangwerk und Orchester“unter dem Titel „Le Maximum du minimal“, 29. November, „Rainy Days“in der Philharmon­ie. ►

rainydays.lu

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Foto: Stefan Sietzen Sein nächstes Konzert in der Philharmon­ie spielt Christoph Sietzen nicht auf der Marimba, sondern auch auf Autofedern.

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