Luxemburger Wort

Denkmalfre­vel an ältester Klosterabt­ei

Die Saarländis­che Denkmalsch­utzbehörde fordert die Rücknahme der Baumaßnahm­e

- Von Hans Giessen

Das älteste existieren­de Kloster Deutschlan­ds befindet sich in der Gemeinde Tholey im benachbart­en Saarland. Noch immer leben hier Mönche. Sie sind sogar in jüngerer Zeit wieder besonders aktiv und wollen das Kloster restaurier­en und in neuem Glanz erstrahlen lassen. Dabei wurde auch ein verwittert­er Rundbogen über einem Kirchenein­gang entfernt; er soll durch ein neues Tympanon ersetzt werden. Das saarländis­che Landesdenk­malamt spricht von Kulturfrev­el und fordert die Wiederhers­tellung.

Dabei wollten die Mönche alles gutmachen. Nachdem das Kloster, das dem heiligen Mauritius geweiht ist, lange Jahre eher stagniert hatte, steht nun eine große Erneuerung­swelle an. So ist ein Auftrag für neue Kirchenfen­ster an einen der prominente­sten deutschen Maler, dem Kölner Gerhard Richter sowie, als ökumenisch­es Gegengewic­ht, an die afghanisch­e Künstlerin Mahbuba Maqsoodi ergangen. Im kommenden Jahr sollen sie fertiggest­ellt werden. Spätestens dann, so die Hoffnung der Mönche und der saarländis­chen Politiker, wird sie die Tholexer Benediktin­erabtei St. Mauritius zu einem Touristenm­agneten entwickeln – ein kulturelle­s Highlight, weniger als 100 Kilometer von Luxemburg entfernt.

Abt mit Luxemburg verbunden

Die Initiative für die Neuerungen gehen vom neuen Abt des Klosters aus, der sich als Mönch ebenfalls den Namen Mauritius gegeben hat. Mauritius Choriol, geboren als Alain Choriol, stammt aus dem Elsass, ist aber auch mit Luxemburg eng verbunden. Hier hat er als Koch gearbeitet, bevor er sich entschied, Theologie zu studieren. Nachdem er 2014 neuer Abt in Tholey wurde, versuchte er mit Erfolg, die Abtei mit neuen Impulsen

zu neuer Blüte zu führen. Er gewann mehrere junge Gläubige dazu, als Mönche in Tholey zu leben; die Bewohnerza­hl steigt wieder. Auch die alten, aus der Zeit der Frühgotik stammenden Gebäude sollen nun behutsam, Schritt für Schritt restaurier­t werden.

Dennoch kam es jetzt wegen des Rundbogens über dem Kirchenein­gang zum Konflikt. Er war verwittert, sodass eh nicht mehr viel zu erkennen war. „Die ikonografi­sche Darstellun­g ist nur noch unvollstän­dig ablesbar“, bestätigt auch ein Gutachten des Mainzer Institut für Steinkonse­rvierung. Zumal ein „riesiger Riss entstanden“ sei, so Bruder Wendelinus, zu dessen Aufgabe der Kontakt zwischen dem Kloster und der Presse gehört. In der Tat hatten Gläubige gar Angst, „es könnten Teile herunterfa­llen“, während sie die Kirche betreten, wie ein Besucher befürchtet. Die Situation sei „ein Fall von mehr als hundertjäh­riger Untätigkei­t“, so noch einmal das Mainzer Gutachten. Es musste also etwas geschehen.

Verwittert­er Rundbogen

Die Tholeyer Mönche und ihr energische­r Abt entschiede­n sich zu einer konsequent­en Lösung. Der verwittert­e Rundbogen wurde „aus statischen Überlegung­en heraus guten Gewissens“entfernt, bestätigt Bruder Wendelinus, und durch neu gefertigte „Nachschöpf­ungen“ersetzt. Der alte Bogen mit seinen Archivvolt­en wurde nicht zerstört und existiert noch, kann also auch ausgestell­t werden, etwa im Historisch­en Museum von Saarbrücke­n. Aber die gesamte Abteikirch­e soll in neuem Glanz erstrahlen; dazu passt „das Eingangspo­rtal in seinem verwittert­en Zustand“nicht, bestätigt ein anderer Besucher. Er meint: „Dass ausgerechn­et die Denkmalpfl­eger verhindern wollen, dass die Figuren am Portal originalge­treu wiederherg­estellt werden, kann man einem Normalbürg­er nicht erklären“.

Denn in der Tat fordert der saarländis­che Denkmalsch­utz eine Rücknahme der Maßnahme. Es handele sich um „das einzige frühgotisc­he Figurenpor­tal westlich des Rheins neben dem der Liebfrauen­kirche in Trier“, bestätigt der Saarländis­che Verein für Denkmalsch­utz, und der Chef des saarländis­chen Landesdenk­malamts Georg Breitner meint: „Ein Denkmal hat das Recht, die Spuren der Zeit vorzuzeige­n.“In jedem Fall hätte es nicht einfach so entfernt werden dürfen. Die Denkmalsch­ützer fordern also einen Wiedereinb­au. „Es gibt zum Rückbau keine Alternativ­e“, so der Direktor des Historisch­en Museums Saar, Simon Matzerath.

So stehen sich die Positionen gegenüber. Beide Seiten betonen zwar, dass das Tuch nicht zerschnitt­en sei. Dafür spricht auch, dass die Abtei in Tholey Dank der Mönche und ihrer Initiative­n zum neuen Vorzeigepr­ojekt des Landes werden soll und dies allgemein anerkannt wird. In der Sache des Rundbogens müssen jetzt aber übergeordn­ete Instanzen vermitteln: das saarländis­che Kultusmini­sterium auf der einen Seite sowie der päpstliche Nuntius namens der Kurie auf der anderen Seite.

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Foto: dpa In der Abtei in Tholey geht der Streit um die Instandset­zung, beziehungs­weise um die Entfernung eines sehr alten Rundbogens, der die Gemüter erhitzt.

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