„Immer Vollgas im Beruf“
René Closter gründet vor 31 Jahren die Air Rescue und profitiert noch heute von seinen sportlichen Erfahrungen
„Durch den Sport bin ich selbstbewusster geworden“, erklärt René Closter, Gründer der Air Rescue. Der 66-Jährige spricht im Interview über seine Zeit als Fußballer, aber auch über die Einstellung der Jugend zum Job.
René Closter, wie sah Ihre Verbindung als Kind zum Sport aus?
Ich habe in Ulflingen, wo ich aufgewachsen bin, Fußball gespielt – und zwar als Torhüter. Zwei Tage nach meinem 16. Geburtstag stand ich bereits in der ersten Mannschaft: Ich denke, dass ich im Club wohl der Jüngste war, dem das jemals gelungen ist. Ich habe den Stammtorwart, der sich das Bein gebrochen hatte, ersetzt.
Was waren Ihre Stärken und Ihre Schwächen?
Ich war sehr reaktionsschnell auf der Linie. Aber ich war zu leicht und auch zu klein. Im Luftduell mit dem Gegner wusste ich stets sofort, wo ich mich wiederfinden würde: im Tornetz.
Wie ging es für Sie als Fußballer weiter?
Ich erhielt eine Nominierung für den Juniorennationalkader. Da das Training in der Hauptstadt stattfand, konnte ich leider nicht teilnehmen: Ich hatte keine Zeit, da ich als Lehrjunge in Ulflingen arbeitete. Und ich hatte kein Geld, um den Zug zu bezahlen. Bei der Berufsfeuerwehr habe ich dann noch einige Jahre Kooperativfußball gespielt. Anschließend war es vorbei. Es war eine schöne Zeit.
Wie haben Sie sich im Anschluss fit gehalten?
Ich habe dann mit dem Laufen begonnen und dies auch regelmäßig ausgeübt. Als ich zu Beginn der 1990er-jahre im Ausland arbeitete (New York, London, Hongkong, Dubai, Anmerkung der Redaktion), habe ich diese Städte im Laufen erkundet. Und ich habe Plätze gefunden, die ich sicherlich als Tourist nie auf diese Weise gesehen hätte. Ich habe auch einige Marathonrennen absolviert. Vor vier Jahren wurde ich am Rücken operiert und seitdem kann ich fast nicht mehr Joggen gehen. Ich fahre jetzt viel mit dem Mountainbike und erkunde das schöne Ösling. Der Sport ist ein Ausgleich zu meinem Beruf. Er ist gut für den Körper und für den Geist.
Was würden Sie machen, wenn Sie Sportminister wären?
Ich würde mir die Frage stellen, welchen Bereich ich eher unterstützen würde: Den Profi- oder eher den Amateursport? In meiner Jugend gab es überhaupt keine Unterstützung. Ich musste mich selbst um meine Torhüterausrüstung kümmern: Ich habe mit alten Motorradhandschuhen und in einem alten Pullover gespielt. Heutzutage werden die Sportler zu sehr verwöhnt.
Welche Rolle spielt der Sport in Ihrem Unternehmen?
Als der Neubau in Findel geplant wurde, haben wir uns mit einem weißen Blatt Papier hingesetzt und uns gefragt, was wir benötigen. Die Forderung nach einem Fitnessraum kam immer wieder auf. Jetzt haben wir einen Fitnessraum. Der Beruf des Luftretters
ist physisch sehr anspruchsvoll. Wir bieten unseren Mitarbeitern mittlerweile auch Yogakurse an.
Was hat Ihnen der Sport für Ihr späteres Berufsleben gebracht?
Als Torhüter habe ich gelernt, keine Angst zu haben. Durch den Sport bin ich selbstbewusster geworden. Auf dem kleinen Dorf gab es eine strenge Hierarchie: Der Bürgermeister, der Lehrer, der Pfarrer und der Polizist waren die am meisten respektierten Leute. Wir anderen sind eher demütig aufgewachsen – mit dem Kopf nach unten. Ich habe die Air Rescue aus dem Nichts aufgebaut. Ich habe viele Rückschläge erlitten, aber ich bin immer wieder aufgestanden. Die Erfahrungen aus dem Sport haben mir dabei geholfen.
Hatten Sie bei der Air Rescue phasenweise das Gefühl, dass Sie alles hinschmeißen wollen?
Ja. Zu Beginn war die finanzielle Situation sehr schlecht. Manchmal bin ich am Abend schlafen gegangen und habe mir gesagt: „Es macht so keinen Sinn mehr.“Am nächsten Morgen war ich dann aber wieder frohen Mutes. Es muss immer weiter gehen.
Sind Sie ein unverbesserlicher Optimist?
Das Motto der Air Rescue lautet „If you can dream it, you can do it“. Und das lebe ich auch vor. Wenn ich dem Finanzdirektor sage, dass ich ein Projekt im Kopf habe, fragt er nur: „Welchen Betrag soll ich dafür im Budget vorsehen?“Ich habe meine Berufe immer mit Vollgas ausgeübt. Ich kann nicht verstehen, warum
Menschen – vor allem junge Personen – des Geldes wegen arbeiten gehen. Ich bin stolz auf meinen Beruf.
Warum haben junge Leute Ihrer Ansicht nach solch eine Einstellung?
Es gibt keine Vorbilder mehr. Mein Vater hat mir immer vorgelebt, sparsam zu sein. Wir waren sehr arm und waren Selbstversorger. Wenn ein Nagel schief stand, hat mein Vater diesen selbst wieder repariert. Die einzige Heizquelle in unserem Haus war der Herd. In meinem Schlafzimmer hing an der Wand ein kleiner Behälter mit Weihwasser: Dieses war regelmäßig am Morgen gefroren. Wenn heute eine Schraube am Boden liegt, bücke ich mich und hebe sie auf. Die Jugend heutzutage wächst in einer Überflussgesellschaft auf. Es gibt eine Rundumversorgung, die früher nicht existierte. Und die jungen Leute glauben, dass sie sich nicht anstrengen müssen.
Der Spruch mit dem Traum passt auch gut zum Sport ...
Ich träume jeden Tag und ich habe den Kopf noch voller Ideen, so wie vor 30 Jahren. Wenn die Dynamik einmal fehlt, dann ist man auf verlorenem Posten – egal ob als einzelner Mensch oder in einem Unternehmen.
Ich träume jeden Tag und ich habe den Kopf noch voller Ideen, so wie vor 30 Jahren.