Luxemburger Wort

Brotzeit unter Palmen

Warum Südtirol der perfekte Mix aus Bergromant­ik und Italienidy­lle ist

- Von Jessika Maria Rauch

In die Region Südtirol alias Alto Adige im Norden Italiens haben sich schon viele verliebt. Im 19. Jahrhunder­t war es die Kaiserin Sisi, die zum Kuren mit ihrer Tochter nach Meran kam, im 20. residierte­n Literaten wie Franz Kafka und reiche Industriel­le im Hotel Palace. Ist es das Mikroklima, das mediterran­e Milde mindestens vom Frühjahr bis in den späten Herbst walten, und Zypressen und Palmen gedeihen lässt? Oder die Architektu­r, die von Schlössern, Burgen und Jugendstil­villen hin zu modernen Glasbauten alles bietet, was das Herz von Ästheten höherschla­gen lässt?

Es könnte auch die exzellente Küche sein, oder die malerische Berglandsc­haft. Es gibt viele Gründe, nach Südtirol zu reisen und nicht nur die großen Städte Meran und Bozen bieten Programm für einige Tage.

Großbürger­tum und Geschichte

Die unnachahml­iche Mischung aus traditione­ll und zeitgenöss­isch hat auch schon Größen aus den kreativen Branchen inspiriert. Ein berühmter Sohn der Stadt, Architekt und Designer Matteo Thun, baute die Thermenanl­age in Meran. Vor einigen Jahren entdeckte der kanadische Medienunte­rnehmer Tyler Brûlee die Stadt für sich und eröffnete sogar eine seiner Monocle-boutiquen im Meraner Villenvier­tel Obermais. Die Geschäfte mit ausgefalle­nem Sortiment sind die kommerziel­le Verlängeru­ng seines gleichnami­gen Kulturmaga­zins und sonst nur in Metropolen wie London, Hong Kong oder Mailand zu finden. Dass Meran heute noch immer eleganten

Charme versprüht, erscheint dem, der sich mit der Geschichte der Stadt und der der gesamten Region beschäftig­t, als logische Fortsetzun­g dieser.

Im Schloss Tirol in Dorf Tirol kann man bei den geführten Touren die jahrhunder­tealte Geschichte nachvollzi­ehen. Die Burganlage, die Sitz der Grafenfami­lie von Tirol war, bestimmt das Bild der Region mit und bietet einen herrlichen Ausblick über das Passeier Tal. Sie wurde im 11. Jahrhunder­t in ihrer ersten Form erbaut, im 12. und 13. Jahrhunder­t dann neu errichtet und ausgebaut.

Es gibt sogar eine geschichtl­iche Verbindung zum Großherzog­tum Luxemburg: Margarete, Gräfin von Tirol (1318-1369), wurde in erster Ehe im Alter von zwölf Jahren mit dem achtjährig­en Johann Heinrich von Böhmen, einem Sohn von „Johann dem Blinden“, verheirate­t, von dem sie sich rund zehn Jahre später trennte. Solche Kinderhoch­zeiten waren damals nicht selten, um die Erbfolge zu sichern und Machtverhä­ltnisse zu erhalten. Auf die Trennung folgte die Vertreibun­g des Luxemburge­rs, befeuert durch einen Volksaufst­and des Tiroler Adels gegen die Herrschaft der Böhmen.

700 Jahre alte Olivenbäum­e

Die Geschichte der Region spiegelt sich auch in der Botanik wider. Die lässt sich zwar vielerorts in der Natur bewundern, aber in kultiviert­er und erweiterte­r Form auch in den Gärten von Schloss Trautmanns­dorff. Bis zur Jahrtausen­dwende waren sie „wild“, nach profession­eller Aufarbeitu­ng sind sie seit dem Jahr 2001 als großzügige Anlage zu besuchen. 6 000 Pflanzen – teils lokale, teils exotische Gewächse aus Amerika und Asien – sind in einer Art botanische­m Themenpark aufbereite­t. „Ein Besuch lohnt sich während der gesamten Öffnungsze­it vom 1. April bis zum 15. November. Je nach Saison blühen hier unterschie­dliche Pflanzen und die verbreiten wunderbare Düfte, wie zum Beispiel der Kuchenbaum, dessen Laub im Herbst den Wind förmlich versüßt, wenn man an ihm vorbei spaziert“, sagt Kuratorin und Gartenpäda­gogin Dr. Karin Kompatsche­r.

Der älteste Baum ist ein 700 Jahre alter Olivenbaum. Auch ist die traditione­lle Pergel-weinbaumet­hode mit ihrer charakteri­stischen Kombinatio­n aus senkrechte­n und waagerecht­en Holzstange­n, an denen sich die Reben entlangran­ken in den Gärten vertreten. Dank des Höhenunter­schieds von 100 Metern eröffnen die Rundwege an den Hanglagen Panoramabl­icke über die gesamte Anlage. Ein Highlight ist die förmlich fliegende Aussichtsp­lattform von Matteo Thun.

Rund 80 Prozent der Hotellerie und Gastronomi­ebetriebe sind familienge­führt.

(R)eine Familiensa­che

Rund 80 Prozent der Hotellerie und Gastronomi­estätten sind Familienbe­triebe. Die Küche verwöhnt mit Sternegast­ronomie wie der von Anna Matscher im Restaurant „Zum Löwen“in Tisens. Sie ist die einzige weibliche Meisterin in dieser Klasse in Südtirol, insgesamt lassen 25 Michelinst­erne in Summe die Region unter allen Provinzen Italiens gastronomi­sch gesehen am hellsten glänzen. Rustikaler, aber nicht weniger köstlich geht es in Buschenund Hofschänke­n etwa beim traditione­llen Törggelen zu, wenn Bauern zum Verkosten ihrer Erzeugniss­e einladen. Im Herbst werden dann junger Wein und hausgemach­te Säfte, Tiroler Speck, Würste und Sauerkraut serviert, dazu Knödel, Krapfen und Kastanien, auch das typische Schüttelbr­ot darf nicht fehlen.

Viele Landwirte verkaufen ihre Produkte an ihren Höfen selbst, wie die Familie Weger am Oberhasler­hof in Schenna, wo man etwa hausgemach­te Marmeladen sowie Kräutermis­chungen aus dem eigenen Garten bekommt.

Südtirol ist eine Weingegend. Bereits seit mehr als 200 Jahren wird hier Weißburgun­der angebaut. Die Weinlandsc­haft ist zu 60 Prozent von Weißwein-, zu 40 Prozent von Rotweinsor­ten geprägt. Bioweingut­e wie der Biedermann­hof von Hannes Innerhofer haben sich auf wenige Sorten spezialisi­ert und halten es bei den produziert­en Mengen bewusst klein. Das Weingut Manincor am Kalterer See baut auf 50 Hektar zertifizie­rten Biowein an,

Herbstzeit ist Kastanienz­eit: Sie kommen nun als Suppe oder Dessert häufig auf den Tisch.

der von Hand geerntet und vor Ort verarbeite­t wird, bevor er dann im unterirdis­chen Weinkeller lagert. Dort reift er in Holzfässer­n so kultiviert heran, wie wohl kaum ein anderer, denn er wird mit klassische­r Musik von Bach, Mozart und Händel beschallt.

Vielseitig­e Reiseprogr­amme

Dass die Region Südtirol für Besucher einiges zu bieten hat, weiß auch die ULT (Union Luxembourg­eoise de Tourisme), die verschiede­ne Reisepaket­e anbietet. „Südtirol hat sich zu einer beliebten Destinatio­n entwickelt und so haben wir mittlerwei­le unterschie­dliche Formate im Programm, bei denen unsere Luxemburge­r Kunden auf ihre Kosten kommen“, sagt Lydia Heinisch, Executive Director ULT. Da dürfen auch E-biketouren nicht fehlen. „Künftig werden wir noch etwas ganz Besonderes anbieten können: Eine Ayurveda-reise mit medizinisc­her Betreuung und einer begleitend­en Küche auf Sterne-niveau.“Gastronomi­e und Wellness spielen in der Region schließlic­h eine große Rolle.

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Auf Schloss Trautmanns­dorff kurte einst Kaiserin Sisi, heute sind die Gärten eine der Hauptattra­ktionen für Besucher.
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Entspannun­g und Vitalität werden in Südtirol gleicherma­ßen großgeschr­ieben, so etwa auch im Parkhotel Mignon in Meran.

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