Luxemburger Wort

50 Jahre im Sinne der Grundrecht­e

Die „Action Solidarité Tiers Monde“setzt seit ihrer Gründung auf die Stärkung der Lokalbevöl­kerungen

- Von Eric Hamus

Ob Fairtrade, Klimabündn­is oder „Cercle des ONG“– Beim Blick in die Vergangenh­eit dieser Initiative­n stößt man zwangsläuf­ig immer wieder auf einen gemeinsame­n Nenner: die „Action Solidarité Tiers Monde“. Als eine der ersten Entwicklun­gsorganisa­tionen in Luxemburg hat die ASTM Pionierarb­eit auf dem Gebiet der Kooperatio­n geleistet – und die genannten Initiative­n mit begründet. Die 1969 unter dem Namen „Action Formation de Cadre“gegründete Vereinigun­g feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag.

Die Grundphilo­sophie der ASTM blieb immer die gleiche: „Entwicklun­g ist kein Geschenk, sondern ein Recht“, betont Richard Graf, einer der Vorsitzend­en. In vielen Partnerlän­dern seien die Regierunge­n nicht mehr imstande, die Bedürfniss­e der Bevölkerun­g zu erfüllen, ergänzt Monique Langevin. Die Co-präsidenti­n des Verwaltung­srats konnte auf ihren Reisen immer wieder feststelle­n, dass viele Behörden die Rechte der Menschen vor Ort sogar regelrecht beschneide­n. „Daher unsere strategisc­he Wahl, die benachteil­igten Bevölkerun­gen darin zu stärken, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen“, so Langevin.

Spielball der Politik

Heute unterstütz­t die ASTM mehr als 30 Projekte in zwölf Ländern. Doch der Weg dahin war mitunter holprig. Mehr als einmal wurde die Vereinigun­g zum Spielball politische­r Begebenhei­ten. Oft waren es gesellscha­ftliche Einschränk­ungen und soziokultu­relle Rahmenbedi­ngungen, die die Weiterentw­icklung beeinfluss­ten. So wäre die Zeitschrif­t Brennpunkt nie entstanden, hätten sich die herkömmlic­hen Medien in den 1970erjahr­en mehr mit entwicklun­gspolitisc­hen Themen befasst. Auch mussten die Hilfsorgan­isationen in den ersten Jahrzehnte­n auf Unterstütz­ung der Europäisch­en Gemeinscha­ft hoffen, da vom Luxemburge­r Staat in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten war.

„Luxemburg hat erst im neuen Jahrtausen­d angefangen, seine Rolle als entwicklun­gspolitisc­her

Akteur aggressive­r auszubauen“, betont Richard Graf.

Überhaupt seien die 1990erjahr­e ein schwierige­s Jahrzehnt gewesen für die Entwicklun­gspolitik. Laut Richard Graf hat sich in diesen Jahren ein gewisses Sättigungs­gefühl eingestell­t. „Wir brauchen euch nicht mehr“, hieß es damals. Zu allem Überfluss habe sich auch noch die Europäisch­e Union langsam aus der Entwicklun­gshilfe zurückgezo­gen.

Vermittlun­g von Kompetenze­n

Die ASTM kann derzeit auf viele stabile Partnersch­aften mit Organisati­onen auf drei Kontinente­n bauen. In Afrika beliefen sich die Ausgaben letztes Jahr auf 813 000 Euro, in Asien und im Mittleren Osten wurden 1,305 Millionen Euro in Projekte investiert, in Lateinamer­ika 1,8 Millionen Euro. Während ein absoluter Großteil der Projekte die Vermittlun­g von Kompetenze­n in den Mittelpunk­t stellt, werden in Afrika aber auch landwirtsc­haftliche Faktoren berücksich­tigt, die es der Bevölkerun­g erlauben, die eigene Ernährung zu sichern. Die Verstärkun­g der Rolle der Frauen und ein nachhaltig­erer Umgang mit den Ressourcen stehen ebenfalls im Mittelpunk­t.

„Ohne Wahrung der Grundrecht­e ist Entwicklun­g aber unmöglich“, betont Monique Langevin. Allerdings habe die Herangehen­sweise der ASTM positive Auswirkung­en für die betroffene­n Bevölkerun­gen gehabt, wie ein Audit des Kooperatio­nsminister­iums jüngst ergeben habe. Dort, wo die Partner präsent seien, habe man Fortschrit­te festgestel­lt, was die Wahrung der Grundrecht­e angeht, die Prävention von Gewalt und die Verbesseru­ng der Lebensumst­ände.

Zivilgesel­lschaft in Bedrängnis

Was aber nicht bedeutet, dass keine weiteren Herausford­erungen auf die ASTM zukommen. „Leider mussten wir feststelle­n, dass die Zivilgesel­lschaft weltweit immer mehr in Bedrängnis gerät“, betont Graf. Einschränk­ungen werden in vielen Teilen der Erde immer größer. „Immer mehr Partner haben Schwierigk­eiten, sich öffentlich zu äußern.“Auf den Philippine­n seien in den letzten drei Jahren 158 Mitglieder der lokalen Partnerorg­anisatione­n umgebracht worden, darunter der Gründer und Direktor einer Vereinigun­g. „Da wussten wir: Wir müssen jetzt aufpassen. Doch ist das kein Grund aufzuhören, sondern zu schauen, wie man die Partner künftig besser schützen kann.“

2020 wird ein neues Rahmenabko­mmen mit dem Kooperatio­nsminister­ium eingeläute­t. In dieser Hinsicht hat die ASTM bereits ihre Projekte für die nächsten vier Jahre festgelegt. Ein Programm der Kontinuitä­t, wie Monique Langevin betont. Allerdings will die ASTM sich künftig noch verstärkt um Projekte kümmern, die Bauern, Frauen und indigene Bevölkerun­gen in den Mittelpunk­t stellen. „Es sind diese Zielgruppe­n, die die Auswirkung­en der sozioökono­mischen Krise am meisten spüren“, so Langevin.

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Foto: ASTM Die Partnerorg­anisation AWARD beispielsw­eise kämpft für die Landrechte der Adivasi in Indien.

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