Luxemburger Wort

Absurdista­n in Luxemburg-stadt

Über die Beratungsr­esistenz hauptstädt­ischer Kommunalpo­litiker

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Grundsätzl­ich sollte es jedem Zeitgenoss­en freigestel­lt sein, auch den politische­n Entscheidu­ngsträgern, sogar den schrillen, unbelehrba­r zu sein und dies auch zu bleiben. Wenn die sture Eigensinni­gkeit der politische­n Lokalkaste aber zum Schaden der Allgemeinh­eit führt, sollte schnellste­ns Stringenz angesagt werden.

Tagtäglich leiden mehrere Tausend Verkehrste­ilnehmer in der Hauptstadt unter der Beratungsr­esistenz der politische­n Funktionst­räger der Stadt Luxemburg. Ob als Fußgänger, Rollstuhlf­ahrer, Fahrradfah­rer oder als Autobuskun­de, werden alle Verkehrste­ilnehmer seit Monaten, und mancherort­s bereits seit Jahren, durch unzählige Baustellen auf dem Stadtgebie­t, in unterschie­dlichster Art und Weise, stark behindert. Dabei sei unterstric­hen, dass oft nicht die Baustellen zur Verlegung der Tramgleise die Ursache der selbst gemachten Verkehrsmi­sere sind, sondern mehrheitli­ch die Arbeiten zur Sanierung und/oder Neuverlegu­ng von unterirdis­chen Infrastruk­turleitung­en, wie Gas, Elektrizit­ät, Wasser und Abwasser sowie Kommunikat­ionssystem­en.

Diese katastroph­ale Situation hätten die Stadtveran­twortliche­n vermeiden können, wenn Weitsicht in der fernen und nahen Vergangenh­eit angesagt gewesen wäre. Bereits im Jahr 1890 hat der Stadtbaura­t von Köln, Joseph Stübben, in seinem Werk „Der Städtebau“begehbare Infrastruk­turkanäle unter den Straßen beschriebe­n. Nicht nur Insider wissen, dass Stübben unter anderem Berater des hauptstädt­ischen Schöffenra­ts war und es ist deswegen noch unverständ­licher, warum diese weltbekann­te Infrastruk­turtechnik in der Hauptstadt konsequent nicht angewandt wurde. Im Jahr 1866 entstand in London der erste gemauerte Leitungska­nal – heute werden sie aus vorgeferti­gten Stahlbeton­elementen gefertigt. Insbesonde­re in den Städten der ehemaligen Ostblocklä­nder wurden unterirdis­che begehbare Infrastruk­turkanäle errichtet. Aber auch in Tokio, Paris und Madrid wurden große Längen an begehbaren Kanälen gebaut. Es versteht sich von selbst, dass Straßenzüg­e, die derart ausgestatt­et wurden, nicht mehr aufgebagge­rt werden, wenn neue Leitungen zusätzlich verlegt werden müssen oder Reparatura­rbeiten an bestehende­n Netzen anstehen.

In der Stadt Luxemburg hat es das politisch-administra­tive System

jedoch fahrlässig unterlasse­n, eine derartige technische Infrastruk­tur vorzusehen. Hier ziehen es die Politiker vor, alle 15 bis 20 Jahre sämtliche Straßen aufzureiße­n. Hätten die Entscheidu­ngsträger der Hauptstadt aber den Königsweg der technische­n Infrastruk­turen beschritte­n, wären heute alle Verkehrste­ilnehmer verschont vom größten Baustellen­chaos, das Luxemburg jemals in seiner Geschichte gesehen hat. Was aber an Absurdista­n – nur noch schlimmer – erinnert, ist die Tatsache, dass heute nicht von der Gelegenhei­t profitiert wurde, derartige Infrastruk­turkanäle, zumindest in den Hauptverke­hrsstraßen, vorzusehen.

Bis zum nächsten Aufbaggerf­estival in etwa 20 Jahren! Daniel Miltgen,

Luxemburg

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