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Agence immobilière sociale besteht seit zehn Jahren und will nun drittgrößter sozialer Bauträger werden
Luxemburg. Wohnen ist in Luxemburg zu einem Privileg geworden, das immer mehr Menschen sich nicht mehr leisten können. Einigen Personen geht es entweder finanziell oder wegen anderweitiger gesundheitlicher Probleme so schlecht, dass sie auf dem freien Wohnungsmarkt schlicht keine Chance haben. Für sie wurde die Fondation pour l'accès au logement (FAL) mit der Abteilung der Agence immobilière sociale (AIS) vor zehn Jahren ins Leben gerufen.
Die Funktionsweise der AIS unterscheidet sich von der von anderen sozialen Bauträgern wie dem Fonds de logement oder der Société nationale des habitations à bon marché (SNHBM) in einigen Punkten. Die AIS ist nämlich besonders auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen. Vermietet werden nur Wohnungen oder Häuser von Privatpersonen. Diese erhalten dafür zwar nicht die Miete des öffentlichen Markts, werden jedoch mit anderweitigen Vorteilen gelockt.
Eine sichere Mietzahlung
„Unsere Kunden haben in den meisten Fällen lediglich einen Revenu d'inclusion sociale (Revis) oder den gesetzlichen Mindestlohn zur Verfügung. Maximal ein Drittel davon kann fürs Wohnen ausgegeben werden. Die AIS garantiert dem Vermieter jedoch eine 100-prozentig sichere Zahlung. Außerdem muss er sich um nichts kümmern und kann die Wohnung jederzeit für den Eigenbedarf wiederbekommen“, erklärt Gilles Hempel, Direktor der FAL.
Ein weiteres Kriterium, das die AIS von anderen sozialen Bauträgern unterscheidet, ist, dass sich Antragsteller nicht selber bei der Stiftung melden können. Sie müssen von einem Sozialarbeiter vorgeschlagen werden. „Die Wohnung soll dann eine Grundlage bieten, damit die Sozialarbeiter mit ihren Kunden arbeiten können“, betont Marco Hoffmann, Präsident der FAL. Die Kunden kommen demnach aus sehr schweren Wohnsituationen. Komplementär werden sie ebenfalls, falls nötig, von der Abteilung Accompagnement social der Stiftung begleitet.
Über mangelnde Nachfrage können sich Gilles Hempel und Marco Hoffmann nicht beklagen. Die AIS vermietet zurzeit landesweit 554 Wohnungen von Privatleuten weiter, in denen 1 940 Personen leben. Seit diesem Jahr gibt es insgesamt auch vier Ais-büros. Eines in jeder Region. Die Mitarbeiter kümmern sich unter anderem um die Instandhaltung der Wohnungen, falls beispielsweise Reparaturen vorgenommen werden müssen.
350 Haushalte sind bislang aus ihren Wohnungen ausgezogen. Etwa zehn Prozent von den ehemaligen
Gilles Hempel, Direktor der Stiftung: „Bei uns wird soziale Inklusion durch eine sichere Wohnsituation gefördert.“ Mietern sind heute sogar Eigentümer. Nicht jeder hatte aber bislang eine solche Chance bekommen. Auf der Warteliste der AIS befinden sich 1 260 Haushalte. „Anfangs stieg die Nachfrage sehr schnell. Seit einigen Jahren hat sich die Zahl jedoch zwischen 11 000
Marco Hoffmann, Präsident der Stiftung, sagt, das Angebot müsse wachsen, da weiterhin viele Sozialwohnungen fehlen. und 13 000 eingependelt“, unterstreicht Gilles Hempel.
Die Maximaldauer, welche die Mieter in den Wohnungen der AIS bleiben können, ist in der Mehrheit der Fälle auf drei Jahre begrenzt. „Alle Kunden arbeiten parallel mit ihrem Sozialarbeiter an einem Projekt, mit dem Ziel, bald auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt Marco Hoffmann. Jedoch haben es die Kunden nach dieser Frist oft immer noch sehr schwer, eine Wohnung auf dem freien Markt zu finden. „Die ersten Jahre hat dies relativ gut geklappt. Es wird jedoch immer schwerer, da der Markt davongaloppiert. Aus diesem Grund wurde Abitatio gegründet“, sagt Gilles Hempel.
Neue Abteilung: Abitatio
Die Ambitionen sind keine geringeren, als neben dem Fonds de logement und der SNHBM, der drittgrößte soziale Bauträger im Land zu sein. Die Projekte laufen bereits. 21 Millionen Euro werden investiert. Abitatio arbeitet an 45 Wohnungen landesweit. Gebäude werden renoviert oder neu gebaut. „Die SNHBM plant meist in großem Stil mit meist mindestens 20 Wohnungen. Wir versuchen, uns dagegen auf kleinere Gemeinden zu fokussieren. Bis vor Kurzem gab es in fast der Hälfte der Gemeinden keine Sozialwohnungen“, erklärt Marco Hoffmann. Abitatio kauft entweder selbst Bauland oder arbeitet mit der Gemeinde einen Pachtvertrag (bail emphytéotique) aus.
Der Staat kofinanziert die Stiftung bei Käufen mit Zuschüssen von 75 Prozent, die jedoch gedeckelt sind. Auch die Oeuvre Grandduchesse Charlotte unterstützt finanziell. „Mit dem Einkommen der Mieten werden die Bankkredite getilgt“, sagt Gilles Hempel. Wie die Mietpreise der Wohnungen von Abitatio aussehen, ist aber noch nicht bis ins letzte Detail geklärt. Die Gesetzgebung wird gerade angepasst. „Eine exponentielle Mietpreiserhöhung, die an das Gehalt gekoppelt ist, würde bei den momentan rasant steigenden Wohnungspreisen aber wohl keinem ihrer Kunden helfen, eine Wohnung zu finden“, konstatiert Marco Hoffmann. ►