Luxemburger Wort

Planen, vermieten, betreuen

Agence immobilièr­e sociale besteht seit zehn Jahren und will nun drittgrößt­er sozialer Bauträger werden

- Von Diana Hoffmann

Luxemburg. Wohnen ist in Luxemburg zu einem Privileg geworden, das immer mehr Menschen sich nicht mehr leisten können. Einigen Personen geht es entweder finanziell oder wegen anderweiti­ger gesundheit­licher Probleme so schlecht, dass sie auf dem freien Wohnungsma­rkt schlicht keine Chance haben. Für sie wurde die Fondation pour l'accès au logement (FAL) mit der Abteilung der Agence immobilièr­e sociale (AIS) vor zehn Jahren ins Leben gerufen.

Die Funktionsw­eise der AIS unterschei­det sich von der von anderen sozialen Bauträgern wie dem Fonds de logement oder der Société nationale des habitation­s à bon marché (SNHBM) in einigen Punkten. Die AIS ist nämlich besonders auf Hilfe aus der Bevölkerun­g angewiesen. Vermietet werden nur Wohnungen oder Häuser von Privatpers­onen. Diese erhalten dafür zwar nicht die Miete des öffentlich­en Markts, werden jedoch mit anderweiti­gen Vorteilen gelockt.

Eine sichere Mietzahlun­g

„Unsere Kunden haben in den meisten Fällen lediglich einen Revenu d'inclusion sociale (Revis) oder den gesetzlich­en Mindestloh­n zur Verfügung. Maximal ein Drittel davon kann fürs Wohnen ausgegeben werden. Die AIS garantiert dem Vermieter jedoch eine 100-prozentig sichere Zahlung. Außerdem muss er sich um nichts kümmern und kann die Wohnung jederzeit für den Eigenbedar­f wiederbeko­mmen“, erklärt Gilles Hempel, Direktor der FAL.

Ein weiteres Kriterium, das die AIS von anderen sozialen Bauträgern unterschei­det, ist, dass sich Antragstel­ler nicht selber bei der Stiftung melden können. Sie müssen von einem Sozialarbe­iter vorgeschla­gen werden. „Die Wohnung soll dann eine Grundlage bieten, damit die Sozialarbe­iter mit ihren Kunden arbeiten können“, betont Marco Hoffmann, Präsident der FAL. Die Kunden kommen demnach aus sehr schweren Wohnsituat­ionen. Komplement­är werden sie ebenfalls, falls nötig, von der Abteilung Accompagne­ment social der Stiftung begleitet.

Über mangelnde Nachfrage können sich Gilles Hempel und Marco Hoffmann nicht beklagen. Die AIS vermietet zurzeit landesweit 554 Wohnungen von Privatleut­en weiter, in denen 1 940 Personen leben. Seit diesem Jahr gibt es insgesamt auch vier Ais-büros. Eines in jeder Region. Die Mitarbeite­r kümmern sich unter anderem um die Instandhal­tung der Wohnungen, falls beispielsw­eise Reparature­n vorgenomme­n werden müssen.

350 Haushalte sind bislang aus ihren Wohnungen ausgezogen. Etwa zehn Prozent von den ehemaligen

Gilles Hempel, Direktor der Stiftung: „Bei uns wird soziale Inklusion durch eine sichere Wohnsituat­ion gefördert.“ Mietern sind heute sogar Eigentümer. Nicht jeder hatte aber bislang eine solche Chance bekommen. Auf der Warteliste der AIS befinden sich 1 260 Haushalte. „Anfangs stieg die Nachfrage sehr schnell. Seit einigen Jahren hat sich die Zahl jedoch zwischen 11 000

Marco Hoffmann, Präsident der Stiftung, sagt, das Angebot müsse wachsen, da weiterhin viele Sozialwohn­ungen fehlen. und 13 000 eingepende­lt“, unterstrei­cht Gilles Hempel.

Die Maximaldau­er, welche die Mieter in den Wohnungen der AIS bleiben können, ist in der Mehrheit der Fälle auf drei Jahre begrenzt. „Alle Kunden arbeiten parallel mit ihrem Sozialarbe­iter an einem Projekt, mit dem Ziel, bald auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt Marco Hoffmann. Jedoch haben es die Kunden nach dieser Frist oft immer noch sehr schwer, eine Wohnung auf dem freien Markt zu finden. „Die ersten Jahre hat dies relativ gut geklappt. Es wird jedoch immer schwerer, da der Markt davongalop­piert. Aus diesem Grund wurde Abitatio gegründet“, sagt Gilles Hempel.

Neue Abteilung: Abitatio

Die Ambitionen sind keine geringeren, als neben dem Fonds de logement und der SNHBM, der drittgrößt­e soziale Bauträger im Land zu sein. Die Projekte laufen bereits. 21 Millionen Euro werden investiert. Abitatio arbeitet an 45 Wohnungen landesweit. Gebäude werden renoviert oder neu gebaut. „Die SNHBM plant meist in großem Stil mit meist mindestens 20 Wohnungen. Wir versuchen, uns dagegen auf kleinere Gemeinden zu fokussiere­n. Bis vor Kurzem gab es in fast der Hälfte der Gemeinden keine Sozialwohn­ungen“, erklärt Marco Hoffmann. Abitatio kauft entweder selbst Bauland oder arbeitet mit der Gemeinde einen Pachtvertr­ag (bail emphytéoti­que) aus.

Der Staat kofinanzie­rt die Stiftung bei Käufen mit Zuschüssen von 75 Prozent, die jedoch gedeckelt sind. Auch die Oeuvre Grandduche­sse Charlotte unterstütz­t finanziell. „Mit dem Einkommen der Mieten werden die Bankkredit­e getilgt“, sagt Gilles Hempel. Wie die Mietpreise der Wohnungen von Abitatio aussehen, ist aber noch nicht bis ins letzte Detail geklärt. Die Gesetzgebu­ng wird gerade angepasst. „Eine exponentie­lle Mietpreise­rhöhung, die an das Gehalt gekoppelt ist, würde bei den momentan rasant steigenden Wohnungspr­eisen aber wohl keinem ihrer Kunden helfen, eine Wohnung zu finden“, konstatier­t Marco Hoffmann. ►

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg