Staatsanwaltschaft greift hart durch
Anklägerin fordert Gefängnisstrafen von neun bis 17 Jahren für drei Tankstellenräuber
Luxemburg. Eigentlich war bei dem Überfall am 15. August 2017 auf eine Tankstelle in Frisingen aus Sicht der Täter alles schiefgegangen: Sie verloren die Beute, mussten sich mit Zeugen prügeln, einer der Räuber wurde bereits am Morgen nach der Tat festgenommen und zwei weitere Tatverdächtige identifiziert. „Es war kein Jahrhundertraub“, hielt denn auch einer der Anwälte im Prozess fest.
Und doch forderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sehr hohe Strafen gegen die drei Angeklagten. So soll jener Täter, der als Erster festgenommen wurde, für neun Jahre in Haft. Dabei war Yakoub T. geständig und hatte die Namen seiner Komplizen genannt, bevor er seine Aussage nach einem Vorfall in Schrassig widerrief. Hakim H., der verdächtigt wird, zweimal auf Zeugen geschossen zu haben, soll für zehn Jahre in Haft. 17 Jahre Gefängnis ohne Bewährung forderte die Anklägerin gar für Serge L. – der in Frankreich einschlägig vorbestraft ist und als Wiederholungstäter gilt.
Anwälte sind schockiert
Die Reaktion der Verteidiger blieb nicht aus. „Ich bin schockiert“, meinte etwa der Verteidiger von Hakim H. „Noch mehr als sonst?“, fragte ihn die vorsitzende Richterin schmunzelnd. „Ja, noch mehr als sonst“, so der Anwalt. Der Verteidiger von Serge L. fügte dem hinzu: „An dem Tag, an dem ich noch schockierter bin als jetzt, werde ich meine Anwaltsrobe an den Nagel hängen.“
Bereits zuvor hatten die Anwälte die völlige Abwesenheit von Beweisen plädiert und darauf bestanden, dass ihre Mandanten nicht alleine aufgrund der Aussagen eines Mitangeklagten verurteilt werden dürften – der diese dann auch noch widerrufen habe. Es gebe erhebliche Zweifel an der Schuld ihrer Klienten.
Die Anklägerin hatte dem jedoch in ihrem Strafantrag eine durchgehende Indizienkette entgegengehalten. Die Beweisführung habe zwar wohl ihren Ursprung in der Aussage des Komplizen gefunden, sei dann aber durch eine ganze Reihe von Elementen untermauert worden: Mobilfunkortungen, abgehörte Telefongespräche,
Zeugenaussagen, das Verhalten der Verdächtigen und die Abwesenheit von Alibis würden ein schlüssiges Bild ergeben. Die Räuber seien bei der Tat sehr rücksichtslos vorgegangen. Dass niemand ernsthaft verletzt worden sei, sei reine Glückssache.
„Eine Kugel im Rücken“
In einem Nebenverfahren wurde sich auch mit den Drohungen gegen den geständigen Täter befasst. Wie ein Mithäftling im Zeugenstand bestätigte, hatte Serge L. Yakoub T. Folgendes ausrichten lassen: „Sag Yakoub, dass er tot ist. Ich habe seine Adresse im Dossier gesehen und weiß, wo seine Familie lebt.“Serge L. bestreitet das.
Yakoub T. wollte in diesem Verfahren zunächst nicht einmal den Wahrheitseid als Zeuge schwören. Dann erklärte er, er erinnere sich nicht an eine solche Drohung, wegen der sein Anwalt Anzeige erstattet hatte.
Schließlich brach es dann doch aus ihm heraus: „Haben Sie vorhin die Dutzenden Menschen, in den Zuschauerreihen gesehen?“, meinte er zur Richterin. „Ich bin mit denen aufgewachsen. Und ich weiß nicht, wer von denen mir als erster eine Kugel in den Rücken schießt.“Die Anklägerin forderte in diesem Fall weitere zwölf Monate Haft für Serge L.
Das Urteil in beiden Verfahren fällt am 11. Dezember.