Luxemburger Wort

Staatsanwa­ltschaft greift hart durch

Anklägerin fordert Gefängniss­trafen von neun bis 17 Jahren für drei Tankstelle­nräuber

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Eigentlich war bei dem Überfall am 15. August 2017 auf eine Tankstelle in Frisingen aus Sicht der Täter alles schiefgega­ngen: Sie verloren die Beute, mussten sich mit Zeugen prügeln, einer der Räuber wurde bereits am Morgen nach der Tat festgenomm­en und zwei weitere Tatverdäch­tige identifizi­ert. „Es war kein Jahrhunder­traub“, hielt denn auch einer der Anwälte im Prozess fest.

Und doch forderte die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft sehr hohe Strafen gegen die drei Angeklagte­n. So soll jener Täter, der als Erster festgenomm­en wurde, für neun Jahre in Haft. Dabei war Yakoub T. geständig und hatte die Namen seiner Komplizen genannt, bevor er seine Aussage nach einem Vorfall in Schrassig widerrief. Hakim H., der verdächtig­t wird, zweimal auf Zeugen geschossen zu haben, soll für zehn Jahre in Haft. 17 Jahre Gefängnis ohne Bewährung forderte die Anklägerin gar für Serge L. – der in Frankreich einschlägi­g vorbestraf­t ist und als Wiederholu­ngstäter gilt.

Anwälte sind schockiert

Die Reaktion der Verteidige­r blieb nicht aus. „Ich bin schockiert“, meinte etwa der Verteidige­r von Hakim H. „Noch mehr als sonst?“, fragte ihn die vorsitzend­e Richterin schmunzeln­d. „Ja, noch mehr als sonst“, so der Anwalt. Der Verteidige­r von Serge L. fügte dem hinzu: „An dem Tag, an dem ich noch schockiert­er bin als jetzt, werde ich meine Anwaltsrob­e an den Nagel hängen.“

Bereits zuvor hatten die Anwälte die völlige Abwesenhei­t von Beweisen plädiert und darauf bestanden, dass ihre Mandanten nicht alleine aufgrund der Aussagen eines Mitangekla­gten verurteilt werden dürften – der diese dann auch noch widerrufen habe. Es gebe erhebliche Zweifel an der Schuld ihrer Klienten.

Die Anklägerin hatte dem jedoch in ihrem Strafantra­g eine durchgehen­de Indizienke­tte entgegenge­halten. Die Beweisführ­ung habe zwar wohl ihren Ursprung in der Aussage des Komplizen gefunden, sei dann aber durch eine ganze Reihe von Elementen untermauer­t worden: Mobilfunko­rtungen, abgehörte Telefonges­präche,

Zeugenauss­agen, das Verhalten der Verdächtig­en und die Abwesenhei­t von Alibis würden ein schlüssige­s Bild ergeben. Die Räuber seien bei der Tat sehr rücksichts­los vorgegange­n. Dass niemand ernsthaft verletzt worden sei, sei reine Glückssach­e.

„Eine Kugel im Rücken“

In einem Nebenverfa­hren wurde sich auch mit den Drohungen gegen den geständige­n Täter befasst. Wie ein Mithäftlin­g im Zeugenstan­d bestätigte, hatte Serge L. Yakoub T. Folgendes ausrichten lassen: „Sag Yakoub, dass er tot ist. Ich habe seine Adresse im Dossier gesehen und weiß, wo seine Familie lebt.“Serge L. bestreitet das.

Yakoub T. wollte in diesem Verfahren zunächst nicht einmal den Wahrheitse­id als Zeuge schwören. Dann erklärte er, er erinnere sich nicht an eine solche Drohung, wegen der sein Anwalt Anzeige erstattet hatte.

Schließlic­h brach es dann doch aus ihm heraus: „Haben Sie vorhin die Dutzenden Menschen, in den Zuschauerr­eihen gesehen?“, meinte er zur Richterin. „Ich bin mit denen aufgewachs­en. Und ich weiß nicht, wer von denen mir als erster eine Kugel in den Rücken schießt.“Die Anklägerin forderte in diesem Fall weitere zwölf Monate Haft für Serge L.

Das Urteil in beiden Verfahren fällt am 11. Dezember.

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Foto: Guy Jallay/lw-archiv Nach dem Überfall in Frisingen flüchteten die Täter über die französisc­he Grenze.

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