Luxemburger Wort

Ein Stück tickende Geschichte

Kirchenuhr aus dem späten 19. Jahrhunder­t kehrt nach Restaurati­on wieder in das Gotteshaus von Sandweiler zurück

- Von Jeff Wiltzius

Sandweiler. Sie tickt wieder. Nach fast 45 Jahren im Ruhestand steht die Uhr aus dem Jahr 1884 erneut in der Kirche in Sandweiler – und läuft, dank der Eigeniniti­ative der Frënn vum ale Sandweiler.

Ein Blick in die Geschichte: Vor 135 Jahren wurde die mechanisch­e Uhr der luxemburgi­schen Firma Greisch-schon in den Kirchturm von Sandweiler eingebaut. Die Uhr hatte ein Zifferblat­t und wurde durch Steingewic­hte angetriebe­n. Bei der Restaurier­ung der Pfarrkirch­e in den 1970er-jahren wurde unter anderem der Turm um 1,20 Meter erhöht. Dabei wurde die alte Uhr ausgebaut und durch ein moderneres Modell ersetzt. Zifferblat­t, Gewichte und Uhrwerk rettete ein Gemeindeha­ndwerker vor dem Schrottpla­tz – mit dem Einverstän­dnis des damaligen Pfarrers.

Die Wiederbele­bung

Lange Jahre geschah nichts, der Aufenthalt­sort der Uhr geriet fast in Vergessenh­eit. Im Dorf gab es Erzählunge­n von einer alten Kirchenuhr, welche noch existieren sollte. Dann der Fundort inmitten von Eisenschro­tt: „Es war einfach Glück, dass niemand auf die Idee kam, dies alles wegzuwerfe­n“, erklärt René Croé, Kassierer der Frënn vum ale Sandweiler, im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“stolz. 2003 begann der Verein mit dem Zusammenba­u

der einzelnen Teile, 2018 schenkte die Gemeinde ihnen dann aus Dank die Uhr. Es sei dem Verein ein wichtiges Anliegen, die Turmuhr im Kirchensch­iff auszustell­en und der Nachwelt zu erhalten, so die Mitglieder.

In diesem Jahr folgte die Komplettre­novation des Uhrwerkes. Georges Jungblut, dem beauftragt­en Uhrmacher, war es wichtig, dass sowohl die Methoden als auch die neuen Teile maximal den Originalzu­stand

wiedergebe­n: „In diesem Fall waren noch sehr viele Bauteile erhalten.“

Der Restaurato­r arbeitete bereits an der Turmuhr der hauptstädt­ischen Sankt-michael-kirche. „Bei einer Restaurier­ung bemühe ich mich um eine möglichst originale Art und Weise der Fertigungs­methoden und um ein Verwenden von historisch­en Materialie­n bei den Ersatzteil­en“, so Georges Jungblut. Primär sei nicht nur die Funktionst­üchtigkeit der Uhr, deren Wiederhers­tellung sich von selbst versteht, sondern auch die Authentizi­tät. „Einstimmig wurde im Verein beschlosse­n, dass sie kein reines Standmodel­l werden sollte“, äußert sich Vereinsprä­sident Claude Mousel. „Zifferblat­t und Uhrwerk sind voll funktionst­üchtig,“erklärt er.

Eine Sonderanfe­rtigung aus Glas schützt die ehemalige Turmuhr vor Staub und Vandalismu­s. Die Kosten für Renovation sowie Glaskasten belaufen sich auf fast 16 000 Euro, welche komplett aus der Vereinskas­se bezahlt wurden.

„Anfangs wurde uns eine Beteiligun­g des Kulturmini­steriums versproche­n, doch dieses zog sich nun zurück“, so Claude Mousel. Auf Nachfrage des LW beruft sich das Kulturmini­sterium auf Richtlinie­n für die Vergabe von öffentlich­en Geldern, welche vom Verein nicht eingehalte­n wurden. „Wir hoffen dennoch auf Einsicht“, unterstrei­cht der Präsident.

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