Luxemburger Wort

Warten auf den Silberstre­if

Finanzplan­ung des Remicher Altenheims Jousefshau­s sieht auch im kommenden Jahr Millionend­efizit vor

- Von Volker Bingenheim­er

Remich. Gleich zweimal sperrten die Zuhörer im Gemeindera­t Remich Augen und Ohren auf, als die Sprache auf das dauerhafte Sorgenkind Jousefshau­s kam. Zum einen erfuhren sie, dass der halbe Verwaltung­srat samt Präsident Charles Wagener seinen Rücktritt eingereich­t hatte, zum anderen wurde die Finanzplan­ung für 2020 öffentlich vorgestell­t.

Bürgermeis­ter Jacques Sitz (DP) hatte in den letzten Monaten von einer verbessert­en Finanzlage des Altenheims gesprochen und in Aussicht gestellt, dass es sich in den kommenden Jahren selbst tragen könne. Danach sieht es nun nicht mehr aus. Trotz wesentlich optimistis­cher Schätzunge­n bleibt es für 2019 bei einem Defizit von 1,1 Millionen Euro. Da das Jousefshau­s die Rechtsform des Zivilhospi­zes hat, muss die Gemeinde Remich für das Defizit aufkommen.

Auch für das kommende Jahr ist kein Morgenrot am Horizont zu erkennen. Die von Noch-präsident Charles Wagener vorgestell­te Finanzplan­ung für 2020 sieht wiederum ein von der Gemeinde zu tragendes Defizit von einer Million Euro vor.

Da ein vor drei Wochen beauftragt­es Beratungsu­nternehmen sowohl die Erstattung­en der Gesundheit­skasse (CNS) als auch die Personalko­sten mit spitzem Bleistift berechnet hat, werden die tatsächlic­hen Einnahmen im kommenden Jahr wohl nur geringfügi­g von den Planungen abweichen.

Auf der Einnahmens­eite macht sich nach wie vor die veränderte

Altersstru­ktur der Bewohner bemerkbar. Sie führt dazu, dass Pflegeleis­tungen nicht in dem Umfang benötigt werden, wie sie das Personal leisten könnte. Die Gehälter werden im kommenden Jahr durch die bevorstehe­nde Indextranc­he und vertraglic­h festgehalt­ene Erhöhungen weiter steigen. „Die Schere zwischen Pensionsei­nnahmen und Personalko­sten geht immer weiter auseinande­r“, lautete die ernüchtern­de Bilanz des scheidende­n Verwaltung­sratspräsi­denten.

Groß war die Enttäuschu­ng bei den Ratsmitgli­edern. Gaston Thiel (CSV) sagte: „Wir haben immer wieder vom blauen Himmel über dem Jousefshau­s erzählt bekommen. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen.“

Vorwürfe gegen Direktion

Jean-paul Kieffer (DP) meinte: „Ich stelle mit Erschrecke­n fest, dass der Beitrag der Gemeinde immer noch über eine Million Euro hoch ist.“Der Direktion des Altenheims warf er Tatenlosig­keit vor. „Ich habe den Bericht der Wirtschaft­sprüfer gesehen. Selbst ein Laie konnte da herauslese­n, dass die Direktion in den letzten vier Jahren nicht die nötigen Schritte veranlasst hat.“

Einen Ausweg aus der jetzigen Situation soll das Beratungsu­nternehmen aufzeigen, das vor drei Wochen die Arbeit aufgenomme­n hat. Für Schöffe Mike Greiveldin­ger (CSV) ist klar, dass es ohne Personalei­nsparungen nicht gehen wird. Dabei will die Gemeinde aber nicht zu Kündigunge­n übergehen. Vielmehr will man frei werdende Stellen nicht neu besetzen und Pflegepers­onal so weit wie möglich an andere Altenheime vermitteln.

Im neuen Verwaltung­srat übernimmt Mike Greiveldin­ger kommissari­sch den Vorsitz, bis ein neuer Präsident gefunden ist. Der zurückgetr­etene Präsident Charles Wagener wird durch Jean-paul Kieffer ersetzt, Albert Hoffmann durch Pierre Singer. Jean-paul Meyers wurde wiedergewä­hlt. Christian Weber aus dem Gemeindese­kretariat ersetzt den ebenfalls zurückgetr­etenen Jean Bohler.

Sanierungs­kosten. Auf dem ehemaligen Grundstück der Straßenbau­verwaltung an der Route de Mondorf wurden noch weiter gehende Bodenversc­hmutzungen festgestel­lt. Die Gemeinde lässt den Boden für 209 000 Euro sanieren. Danach wird das Grundstück dem Fonds du logement überlassen, der es für 650 000 Euro gekauft hatte. An dem Standort sollen fünf Reihenhäus­er entstehen. Schöffe Greiveldin­ger will Ansprüche an den Staat wegen der versteckte­n Belastunge­n prüfen.

Wohnungsba­u. Ebenfalls an der Route de Mondorf soll ein Mehrfamili­enhaus mit fünf Wohneinhei­ten entstehen. Der Gemeindera­t verabschie­dete den Einzelbeba­uungsplan.

Mobilfunkm­ast. Ein Telekommun­ikationsun­ternehmen möchte einen Mobilfunkm­ast am Scoutschal­et in der Cité Buschland errichten. Wegen ungeklärte­r Fragen nahm der Rat diesen Punkt von der Tagesordnu­ng.

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Foto: Volker Bingenheim­er Ein Beratungsu­nternehmen soll Vorschläge machen, wie sich das Remicher Altenheim in Zukunft selbst tragen kann. Ohne Personalei­nschnitte wird dies wohl nicht gelingen.

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