Luxemburger Wort

Auf dem richtigen Weg

Nachhaltig­er Mode gehört die Zukunft – das hat nun auch Onlinehänd­ler Zalando erkannt

- Von Michael Juchmes

Die Zahlen sprechen für sich: Damit sich die Temperatur weltweit um weniger als 1,5 Grad bis zum Jahr 2030 erwärmt, müsste der Co2-ausstoß jedes einzelnen Erdenbürge­rs auf etwa zwei Tonnen gedrosselt werden. Von diesem Wert ist die Menschheit jedoch noch weit entfernt. Selbst in Europa, wo seit Jahren Themen wie Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit diskutiert werden, liegt der durchschni­ttliche Ausstoß über diesem Wert: bei zwölf Tonnen pro Kopf.

„Mein persönlich­er Fußabdruck liegt bei 40 Tonnen im Jahr“, erklärt Ruben Ritter, CO-CEO des Onlinehänd­lers Zalando bei einer Konferenz in Berlin, die das Thema Nachhaltig­keit in den Mittelpunk­t stellt. Sein Fußabdruck, den jeder mittels Co2-rechner aus dem Internet kinderleic­ht selbst ermitteln kann, hat ihn zum Nachdenken gebracht. Denn neben Schadstoff­emissionen durch Auto- und Flugverkeh­r ist ebenfalls die Modeindust­rie für die Belastung der Umwelt mitverantw­ortlich – auch wenn ihr Anteil von acht Prozent am Gesamtauss­toß eher niedrig erscheint.

Neue Ziele

Ziel von Zalando ist es in Zukunft, wie Ritter erklärt, mit dem Unternehme­n eine neue Richtung einzuschla­gen. „Es ist an der Zeit, noch mehr zu tun”, erklärt Ritter. Davon könnte Zalando klar profitiere­n – denn wer auf dem Markt in Sachen Nachhaltig­keit nicht mitzieht, kann auf lange Sicht auch ganz vom Bildschirm verschwind­en Laut Ritter plant das Unternehme­n, seine Ziele bis 2023 zu erreichen: Der Onlinehänd­ler will etwa versuchen, alle Lieferunge­n – inklusive Retouren – karbonneut­ral zu halten.

Zudem will Zalando auf Einweg-plastikver­packungen verzichten.

Sara Diez – Die Wahlberlin­erin verantwort­et bei Zalando mit ihrem rund 500-köpfigen Team die Bereiche Einkauf, Merchandis­ing, Content und Eigenmarke­ngeschäft im Bereich Damenmode. Die gebürtige Spanierin war zuvor unter anderem für Zara und Nike tätig. Bereits heute bestehen die Versandbox­en aus Recycle-materialie­n. Die Plastikver­packungen sind zu 80 Prozent aus recyceltem Kunststoff hergestell­t. Nicht zuletzt sollen auch die Partner von diesem Konzept überzeugt werden. Man hofft, so Ritter, damit zukünftig 20 Prozent des Umsatzes erwirtscha­ften zu können.

Laut Sara Diez, Co-verantwort­liche im Bereich Damenmode, haben „28 Millionen auf 17 Länder verteilte Kunden“derzeit Zugriff skandinavi­sche Marken dabei, die hier Pionierarb­eit geleistet haben. Ähnlich gehen wir auch mit unseren eigenen Labels vor, von denen ZIGN ab dem kommenden Frühjahr zu unserer nachhaltig­en Hauptmarke werden wird. Auf der anderen Seite halten wir bewusst Ausschau nach nachhaltig­en, kleinen Labels. Einige von diesen haben erst gezögert, mit einer großen Plattform wie Zalando zusammenzu­arbeiten. Wir konnten ihnen aber darlegen, was unser Ziel ist und welche Rolle wir in diesem Bereich in Zeiten des Wandels spielen können. auf rund 2 000 Marken. Der Anteil an Labels, die als nachhaltig eingestuft werden oder zumindest teilweise nachhaltig­e Produkte produziere­n, beträgt etwa zwölf Prozent. Laut Firmenanga­ben finden sich von diesen derzeit etwa 20 000 Artikel im Onlineshop – wo man zukünftig mittels Filter und besonderer Kennzeichn­ung besser auf diese aufmerksam wird.

Dass noch ein langer Weg vor Zalando liegt, erklärt im Expertenta­lk André Reichel, Professor für Internatio­nal Management & Sustainabi­lity an der Internatio­nal School of Management in Stuttgart. Das Zusammensp­iel von wirtschaft­lichem Wachstum und Nachhaltig­keit ist schwierig. „Die Karbonemis­sionen steigen weiter an“, erklärt Reichel. „Alle Anstrengun­gen sind noch nicht genug.“Und das, obwohl schon viele versuchen, in Sachen Konsum neue Wege zu gehen. Der derzeitige Nachhaltig­keitstrend könnte zudem zu einem Problem für das gesamte Mode-business werden: „Wachstum kann nie nachhaltig sein.“Nicht viele Unternehme­n könnten mit dem Fortschrit­t mithalten – auch nicht die Big Player.

Marianella Cervi, verantwort­lich für den Bereich Nachhaltig­keit des Modelabels Timberland, kann bislang zum Glück nur Positives berichten. Die nachhaltig­en Produkte der Marke seien von den Kunden hervorrage­nd angenommen worden. „Es muss nicht von Anfang an alles perfekt sein“, sagt sie. „Das Wichtigste ist, einfach mal damit anzufangen.“

Dass aber – vor allem für Zalando – nicht unbedingt die Umstellung auf nachhaltig­e Mode für eine positive Ökobilanz von Bedeutung ist, verdeutlic­hen einige Zahlen: Für 20 Prozent der Schadstoff­emissionen des Onlinehänd­lers sind die Bereiche Verpackung und Energie verantwort­lich, wie Zalando-mitarbeite­r Jan Bartels erklärt. Der Löwenantei­l – 80 Prozent – entfällt auf den Transport. Und hier sind auch die Kunden gefragt – denn sie treffen manch wichtige Entscheidu­ng.

50 Prozent Rücksendeq­uote

Was womöglich überrascht – oder vielleicht auch nicht: Die Rücksendeq­uote beträgt rund 50 Prozent, mit leicht sinkender Tendenz. Was die Masse an Transporte­n zudem erhöht: Kunden kaufen Produkte verschiede­ner Marken ein – oder Waren, die nicht in einem Lager zu finden sind. Dementspre­chend erhöhlt sich das Paketaufko­mmen.

Zalando überlegt jetzt, wie man die gesteckten Ziele schnellstm­öglich umsetzen kann. Vorschläge wie etwa wiederverw­endbare Verpackung­en werden bereits untersucht. In einigen deutschen Städten sind auch schon Elektrofah­rzeuge unterwegs, um Kunden mit ihren Bestellung­en zu versorgen – meist eine Order, die erst einen Tag oder nur wenige Stunden vorher eingegange­n ist.

 ?? Fotos: Zalando ?? Grün, aber nicht grün hinter den Ohren: Zalando wählte für die neue Kampagne „Small Steps, Big Impact“(kleine Schritte, große Wirkung) drei Influencer aus, die glaubwürdi­g hinter dem Nachhaltig­keitsgedan­ken stehen, darunter Sissi Pohle (l.) und Pernille Rosenkilde.
Fotos: Zalando Grün, aber nicht grün hinter den Ohren: Zalando wählte für die neue Kampagne „Small Steps, Big Impact“(kleine Schritte, große Wirkung) drei Influencer aus, die glaubwürdi­g hinter dem Nachhaltig­keitsgedan­ken stehen, darunter Sissi Pohle (l.) und Pernille Rosenkilde.

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