Auf dem richtigen Weg
Nachhaltiger Mode gehört die Zukunft – das hat nun auch Onlinehändler Zalando erkannt
Die Zahlen sprechen für sich: Damit sich die Temperatur weltweit um weniger als 1,5 Grad bis zum Jahr 2030 erwärmt, müsste der Co2-ausstoß jedes einzelnen Erdenbürgers auf etwa zwei Tonnen gedrosselt werden. Von diesem Wert ist die Menschheit jedoch noch weit entfernt. Selbst in Europa, wo seit Jahren Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit diskutiert werden, liegt der durchschnittliche Ausstoß über diesem Wert: bei zwölf Tonnen pro Kopf.
„Mein persönlicher Fußabdruck liegt bei 40 Tonnen im Jahr“, erklärt Ruben Ritter, CO-CEO des Onlinehändlers Zalando bei einer Konferenz in Berlin, die das Thema Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt. Sein Fußabdruck, den jeder mittels Co2-rechner aus dem Internet kinderleicht selbst ermitteln kann, hat ihn zum Nachdenken gebracht. Denn neben Schadstoffemissionen durch Auto- und Flugverkehr ist ebenfalls die Modeindustrie für die Belastung der Umwelt mitverantwortlich – auch wenn ihr Anteil von acht Prozent am Gesamtausstoß eher niedrig erscheint.
Neue Ziele
Ziel von Zalando ist es in Zukunft, wie Ritter erklärt, mit dem Unternehmen eine neue Richtung einzuschlagen. „Es ist an der Zeit, noch mehr zu tun”, erklärt Ritter. Davon könnte Zalando klar profitieren – denn wer auf dem Markt in Sachen Nachhaltigkeit nicht mitzieht, kann auf lange Sicht auch ganz vom Bildschirm verschwinden Laut Ritter plant das Unternehmen, seine Ziele bis 2023 zu erreichen: Der Onlinehändler will etwa versuchen, alle Lieferungen – inklusive Retouren – karbonneutral zu halten.
Zudem will Zalando auf Einweg-plastikverpackungen verzichten.
Sara Diez – Die Wahlberlinerin verantwortet bei Zalando mit ihrem rund 500-köpfigen Team die Bereiche Einkauf, Merchandising, Content und Eigenmarkengeschäft im Bereich Damenmode. Die gebürtige Spanierin war zuvor unter anderem für Zara und Nike tätig. Bereits heute bestehen die Versandboxen aus Recycle-materialien. Die Plastikverpackungen sind zu 80 Prozent aus recyceltem Kunststoff hergestellt. Nicht zuletzt sollen auch die Partner von diesem Konzept überzeugt werden. Man hofft, so Ritter, damit zukünftig 20 Prozent des Umsatzes erwirtschaften zu können.
Laut Sara Diez, Co-verantwortliche im Bereich Damenmode, haben „28 Millionen auf 17 Länder verteilte Kunden“derzeit Zugriff skandinavische Marken dabei, die hier Pionierarbeit geleistet haben. Ähnlich gehen wir auch mit unseren eigenen Labels vor, von denen ZIGN ab dem kommenden Frühjahr zu unserer nachhaltigen Hauptmarke werden wird. Auf der anderen Seite halten wir bewusst Ausschau nach nachhaltigen, kleinen Labels. Einige von diesen haben erst gezögert, mit einer großen Plattform wie Zalando zusammenzuarbeiten. Wir konnten ihnen aber darlegen, was unser Ziel ist und welche Rolle wir in diesem Bereich in Zeiten des Wandels spielen können. auf rund 2 000 Marken. Der Anteil an Labels, die als nachhaltig eingestuft werden oder zumindest teilweise nachhaltige Produkte produzieren, beträgt etwa zwölf Prozent. Laut Firmenangaben finden sich von diesen derzeit etwa 20 000 Artikel im Onlineshop – wo man zukünftig mittels Filter und besonderer Kennzeichnung besser auf diese aufmerksam wird.
Dass noch ein langer Weg vor Zalando liegt, erklärt im Expertentalk André Reichel, Professor für International Management & Sustainability an der International School of Management in Stuttgart. Das Zusammenspiel von wirtschaftlichem Wachstum und Nachhaltigkeit ist schwierig. „Die Karbonemissionen steigen weiter an“, erklärt Reichel. „Alle Anstrengungen sind noch nicht genug.“Und das, obwohl schon viele versuchen, in Sachen Konsum neue Wege zu gehen. Der derzeitige Nachhaltigkeitstrend könnte zudem zu einem Problem für das gesamte Mode-business werden: „Wachstum kann nie nachhaltig sein.“Nicht viele Unternehmen könnten mit dem Fortschritt mithalten – auch nicht die Big Player.
Marianella Cervi, verantwortlich für den Bereich Nachhaltigkeit des Modelabels Timberland, kann bislang zum Glück nur Positives berichten. Die nachhaltigen Produkte der Marke seien von den Kunden hervorragend angenommen worden. „Es muss nicht von Anfang an alles perfekt sein“, sagt sie. „Das Wichtigste ist, einfach mal damit anzufangen.“
Dass aber – vor allem für Zalando – nicht unbedingt die Umstellung auf nachhaltige Mode für eine positive Ökobilanz von Bedeutung ist, verdeutlichen einige Zahlen: Für 20 Prozent der Schadstoffemissionen des Onlinehändlers sind die Bereiche Verpackung und Energie verantwortlich, wie Zalando-mitarbeiter Jan Bartels erklärt. Der Löwenanteil – 80 Prozent – entfällt auf den Transport. Und hier sind auch die Kunden gefragt – denn sie treffen manch wichtige Entscheidung.
50 Prozent Rücksendequote
Was womöglich überrascht – oder vielleicht auch nicht: Die Rücksendequote beträgt rund 50 Prozent, mit leicht sinkender Tendenz. Was die Masse an Transporten zudem erhöht: Kunden kaufen Produkte verschiedener Marken ein – oder Waren, die nicht in einem Lager zu finden sind. Dementsprechend erhöhlt sich das Paketaufkommen.
Zalando überlegt jetzt, wie man die gesteckten Ziele schnellstmöglich umsetzen kann. Vorschläge wie etwa wiederverwendbare Verpackungen werden bereits untersucht. In einigen deutschen Städten sind auch schon Elektrofahrzeuge unterwegs, um Kunden mit ihren Bestellungen zu versorgen – meist eine Order, die erst einen Tag oder nur wenige Stunden vorher eingegangen ist.