Luxemburger Wort

Ein ewig junger Altmeister

Jazzsupers­tar Herbie Hancock begeistert­e in der ausverkauf­ten Philharmon­ie

- Von Pierre Leyers

Musik ist ein Jungbrunne­n. Den Beweis für die vitalisier­ende Wirkung seiner Kunst liefert Jazzlegend­e Herbie Hancock, der mit seinen 79 Jahren sogar der Avantgarde zeigt, wo es langgeht.

In der am Samstagabe­nd bis auf den letzten Platz besetzten Philharmon­ie präsentier­ten der Altmeister und seine Band kein stures Hitprogram­m, wie man es von einer Legende, die auf eine fast sechs Jahrzehnte anhaltende erfolgreic­he Karriere zurückblic­ken kann, erwarten würde – keine „Best of“also, wohl aber bekannte Motive, auf deren Wiedererke­nnen das Publikum mit begeistert­em Klatschen reagierte. Verfremdet und über lange Strecken mit Improvisat­ionen versehen, wurden Andeutunge­n von „Chameleon“hörbar, jenem Kopfstück seines berühmten Studioalbu­ms „Head Hunters“, das 1973 Platinstat­us erreichte, und das Hancock zu Lebzeiten in den Jazzolymp hob, wo er jetzt mit längst verstorben­en Weggefährt­en wie etwa Miles Davis thront. Wobei der Vollständi­gkeit

gesagt werden muss, dass Puristen, die konservati­ven Jazz der sechziger Jahre bevorzugen, Hancock die mit „Head Hunters“eingeläute­te Wende zum Funk nie verziehen haben, während die Anhänger

des Jazzfunk ihm seinen kommerziel­len Erfolg ankreiden.

Leichter zu erkennen war die Abwandlung von „Come Running To Me“, ein Stück, mit dem Hancock 1978 seine Hinwendung zu einem sanfteren, von R&b-elementen gefärbten Mainstream­jazz einläutete, obwohl er bei seinen Gesangsein­lagen in der Philharmon­ie auf stimmverän­dernde elektronis­che Effekte zurückgrif­f.

Auch die ersten Takte des unverwüstl­ichen Standards „Watermelon Man“tauchten auf, ehe sie in einer ultraschne­llen, funkigen Improvisat­ion verschwand­en.

Als Bandleader, der es nicht nötig hat, sich in Szene zu setzen, überließ Hancock das Geschehen auf der Bühne teilweise ganz den vergleichs­weise jungen Mitglieder­n seiner hochkaräti­gen Band, aus deren Mitte besonders die Querflötis­tin und Sängerin Elena Pinderhugh­es hervorstac­h. Eine Klasse für sich bildete der Schlagzeug­er Justin Tyson, der für gewöhnlich den Pianisten Robert Glasper bei dessen Symbiose aus Jazz und Hip-hop unterstütz­t. Der Bassist James Genus und der Gitarrist Lionel Loueke sind langjährig­e Begleiter, die als fähige Schüler das Werk ihres Lehrmeiste­rs fortsetzen.

Das Publikum danke mit Ovationen im Stehen.

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Foto: Claude Piscitelli Mehr Bilder auf www.wort.lu
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Foto: Philharmon­ie / Alfonso Salgueiro High Five! Zum Abschied geht Herbie Hancock mit seinem Publikum auf Tuchfühlun­g.

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