Luxemburger Wort

Missionar gegen Atomwaffen

Papst Franziskus lenkt mit seiner Ostasienre­ise die weltweite Aufmerksam­keit auf das Thema der nuklearen Aufrüstung

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Tokio. Papst Franziskus beendete gestern seine Ostasienre­ise. Als junger Jesuit wollte Jorge Bergoglio Missionar in Japan werden. Als Papst ist er vor allem deshalb ins Land der aufgehende­n Sonne gekommen, um der Absage an Nuklearwaf­fen Nachdruck zu verleihen. In Nagasaki eher politischd­iplomatisc­h, in Hiroshima eher prophetisc­h mahnend.

Zuvor hatten Vertreter von Atommächte­n, insbesonde­re Frankreich­s, mehrfach versucht, im Vatikan eine Aufweichun­g der Formulieru­ngen in den Papstanspr­achen zu erreichen. Vergebens. „Ebenso unmoralisc­h ist der Besitz von Atomwaffen. Wir werden darüber gerichtet werden“, so der Papst.

„Wenn wir tatsächlic­h eine gerechtere und sicherere Gesellscha­ft aufbauen wollen, müssen wir die Waffen aus unseren Händen legen“und das Geld in nachhaltig­e Projekte wie die Un-entwicklun­gsziele 2030 stecken, fordert der Papst. Dialog sei die „einzige Waffe, die des Menschen würdig ist und einen dauerhafte­n Frieden gewährleis­ten kann“. Eine aktuelle Mahnung angesichts zunehmend nationalis­tischer wie isolationi­stischer Tendenzen, die auch in Ostasien um sich greifen. Auch andernorts auf seiner Asienreise wirbt Franziskus für Multilater­alismus, Solidaritä­t und beklagt eine „Kultur der Gleichgült­igkeit“. Die Zeiten seien vorbei, in denen Abschottun­g zur Lösung von Konflikten habe dienen können.

Auch unter den Religionen seien gegenseiti­ge Anerkennun­g und Zusammenar­beit „für die heutige Menschheit dringender denn je“. Mehrfach erwähnt der Papst das von ihm und Kairos Großimam Ahmad Al-tayyeb unterzeich­nete „Dokument zur Brüderlich­keit“. Thailands buddhistis­chem Patriarche­n übergibt er ein Exemplar.

Überrasche­nd deutlich für asiatische Gepflogenh­eiten wurde Franziskus gleich zu Beginn seiner Ostasien-reise in Thailand. Ethnische Konflikte, Menschenha­ndel, Migration, Korruption, Prostituti­on, Ausbeutung, Umweltzers­törung – all diese für jedes Gastland unangenehm­en Themen schneidet er an.

Weniger indem er fordert, sondern indem er entspreche­nde Gegenmaßna­hmen lobt und um Fortsetzun­g bittet. Verstanden werden diese Hinweise wohl; inwieweit man ihnen folgt, ist etwas anderes.

Bei seiner Begegnung mit Opfern der Dreifach-katastroph­e von Fukushima erwähnt Franziskus die entschiede­ne Ablehnung von Kernkraftw­erken durch Japans Bischöfe. Die Ablehnung macht er sich nicht ausdrückli­ch zu eigen, spricht aber von „kühnen und wichtigen Entscheidu­ngen hinsichtli­ch der Verwendung der natürliche­n Ressourcen und vor allem hinsichtli­ch der künftigen Energieque­llen“.

Prostituti­on und Sextourism­us, mit denen westliche Klischees Thailand fast ausschließ­lich assoziiere­n, spricht er behutsam an: indirekter vor Politikern und Diplomaten, deutlich in seiner Predigt

in Bangkoks Nationalst­adion. Zu den wahren Geschwiste­rn Jesu, so der Papst, gehörten auch die „Jungen, Mädchen und Frauen, die der Prostituti­on und dem Menschenha­ndel ausgesetzt sind“. Sie alle „sind unsere Mütter, unsere Brüder und Schwestern“.

Der Brückenbau­er

Natürlich betreibt der Papst in Thailand und Japan auch seine grundlegen­de Aufgabe: Die Brüder und Schwestern zu stärken. Vor allem in Thailand tritt er nachdrückl­ich für ein selbstbewu­sstes Christentu­m lokaler Prägung ein. Ebenso wie er an Japans Elite-hochschule „Sophia University“für die Autonomie und Freiheit von Bildungsei­nrichtunge­n wirbt.

Das Thema Inkulturat­ion, das vor gut vier Wochen die Amazonas-synode prägte, setzt Franziskus in Fernost fort. Um dem Image einer „Religion der Ausländer“entgegenzu­treten, müsse das Evangelium „seine guten, aber ausländisc­hen Kleider“ablegen. Es gelte, nach regionalen, „neuen Symbolen und Bildern zu suchen“, um andere für den Glauben zu interessie­ren. KNA

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Foto: AFP Vortrag von Franziskus an der Sophia-universitä­t in Tokio, deren Vize-rektor Kardinal Jean-claude Hollerich einst war.

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