Das „Shoot the messenger“-prinzip
Über die Anti-greta-strategie des Robert Goebbels
Es befremdet, mit welcher Ausdauer, gar Inbrunst, sich vornehmlich ältere männliche Politiker länderund parteiübergreifend an einer jungen Frau abarbeiten, deren Kernaussage allein darin besteht, die Politik aufzufordern, den Stand der Wissenschaft zur Kenntnis zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um der Erde und seiner Bewohner das aktuelle Klima zu erhalten.
Auch in Luxemburg findet sich mit Herrn Goebbels ein prominenter Vertreter oben genannter Kategorie, der wiederholt seine Meinung über Frau Thunberg und den Klimawandel in der Öffentlichkeit kundtut. Sein Vorwurf im „Luxemburger Wort“vom 16. November 2019 an Frau Thunberg lautet, dass sie Angst schürt, aber weder sie noch die „Fridays for future“-bewegung konkrete Alternativen zur Lösung des Problems beisteuern würden.
Der Autor wirft also der 16-jährigen Frau Thunberg und ihren jugendlichen Mitstreitern vor, keine konkreten Lösungsansätze vorzubringen. Herr Goebbels erwartet scheinbar, dass Frau Thunberg, der er im einleitenden Teil seines Textes gar die Fähigkeit, eigene Reden zu schreiben, abspricht, Probleme löst, die an Ausmaß
und Komplexität ihresgleichen suchen.
Da drängt sich dann doch die Frage auf, welche konkreten Alternativen Luxemburger Regierungen seit 1990, dem Jahr der Veröffentlichung des ersten Ipccberichts, erarbeitet haben, um das Risiko des Klimawandels zu reduzieren? Welche Alternativen hat Herr Goebbels als damaliger Transport- und Wirtschaftsminister erarbeitet?
Anstatt das eigene Nichthandeln zu hinterfragen, wird das beliebte „Shoot the messenger“prinzip auf Frau Thunberg angewandt. Anstatt Lösungsvorschläge zu präsentieren, betreibt Herr Goebbels das, was er Frau Thunberg vorwirft: Mit Angst vor dem wirtschaftlichen Niedergang will er weiteres Nichthandeln rechtfertigen. Hätten Regierungen in den letzten 30 Jahren konsequent gehandelt, würden sich die Fragen nach dem „Alles sofort, aber wie?“des Herrn Goebbels in der Form gar nicht stellen.
Herr Goebbels verweist mit Recht auf die Unsicherheiten, die es, trotz intensiver Forschung, weiterhin gibt. Aber eben diese Unsicherheiten sollten alle dazu ermutigen, trotz unvollständigem Verständnis der komplexen Zusammenhänge,
nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln. Oder, wie es der Philosoph Hans Jonas ausgedrückt hat: „Der schlechten Prognose den Vorrang zu geben gegenüber der guten, ist verantwortungsbewusstes Handeln im Hinblick auf zukünftige Generationen.“Denn wir haben nur diesen einen Planeten.
Die Aufgabe der Frau Thunberg und der „Fridays for future“-bewegung ist es, die Gesellschaft wachzurütteln. Und diese Aufgabe erfüllen sie meisterlich. Es ist aber Aufgabe der Politik, Alternativen zu finden. Es ist Aufgabe der Politik, diese den Bürgern zu vermitteln. Und es ist Aufgabe der Politik, das Gemeinwohl einer jetzigen Wählerschaft nicht über das kommender Generationen zu stellen. Und dies beinhaltet auch, gegebenenfalls unpopuläre Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen.
Es bleibt also zu hoffen, dass aktuelle und zukünftige Politiker mehr Mut haben werden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Joost van Beusekom,
Mertert
Dies ist eine Antwort auf den „Analyse & Meinung“-artikel „Gretas Misere und die notwendige Besonnenheit“von Robert Goebbels vom 16. November 2019.