Luxemburger Wort

Der Mix macht's

Die Luxemburge­r Haushalte beziehen Ökostrom, die Industrie erhält den „Restmix“aus Kernkraft, Kohle und Gas

- Von Pierre Leyers

Dem elektrisch­en Strom sieht man nicht an, wo er herkommt. Ob Strom aber aus einer erneuerbar­en Quelle stammt, lässt sich anhand des Herkunftsn­achweises feststelle­n, den der Produzent ausstellen muss, damit der Strom als „grün“verkauft werden kann. Die sieben Stromliefe­ranten, die auf dem Luxemburge­r Markt für Privathaus­halte aktiv sind, haben alle ein Angebot parat, das zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Quellen gespeist wird. Alle Luxemburge­r Haushalte beziehen seit mehreren Jahren nur noch Ökostrom, wobei ein bekannter Anbieter einer Variante seines Naturstrom­s noch das Präfix „Nova“voranstell­t, um so ein Premiumang­ebot zu kennzeichn­en – Strom, der aus der Region stammt und von modernen Anlagen erzeugt wird.

Obwohl alle Haushalte nur noch grünen Strom beziehen, setzt sich der nationale Strommix zu 10,4 Prozent aus Atomstrom und zu 34 Prozent aus fossilen Energien zusammen. Dies geht aus der detaillier­ten Antwort hervor, die Energiemin­ister Claude Turmes und Wirtschaft­sminister Etienne Schneider dem Abgeordnet­en Sven Clement (d'piraten) auf seine parlamenta­rische Anfrage geben.

Der Löwenantei­l der fossilen Energien im nationalen Strommix wird aus Erdgas gespeist, gefolgt von Steinkohle und Braunkohle. Die restlichen 55 Prozent des verbraucht­en Stroms sind grün, wobei die Wasserkraf­t mit etwa 45 Prozent die mit Abstand wichtigste Quelle darstellt. Windenergi­e hat mit fünf Prozent einen noch verhältnis­mäßig geringen Anteil am gesamten Luxemburge­r Strommix. Der Anteil an „Erneuerbar­en“ist im europäisch­en Vergleich recht hoch. In Deutschlan­d etwa machen erneuerbar­e Energien nur 35 Prozent am Strommix aus, in der gesamten EU sind es 30 Prozent.

Etwas mehr als die Hälfte des Luxemburge­r Stroms ist grün, die andere Hälfte nicht. Das liegt vor allem daran, dass außer der Niederspan­nung für private Endverbrau­cher auch Hochspannu­ng für industriel­le Kunden gebraucht wird. Für Betriebe und Industriea­nlagen spielt die Herkunft des Stroms eine weitaus geringere Rolle als sein Preis. Die industriel­len Kunden verlangen nicht ausdrückli­ch Atomstrom, wohl aber beziehen sie ihre Energie von Lieferante­n, die den Strom an sogenannte­n Strombörse­n einkaufen, wie z.b. dem European Energy Exchange (EEX) in Leipzig. Dieser Strom, der an der Börse gehandelt wird, lässt sich keinem speziellen Produzente­n zuordnen, weshalb er auch als „Reststrom“bezeichnet wird.

240 000 Elektroaut­os

Der weitaus größte Teil des in Luxemburg verbraucht­en Stroms stammt aus Deutschlan­d, ein kleiner Teil aus Belgien. Aus Richtung Frankreich wird ausschließ­lich das Industries­tromnetz der Sotel gespeist, das hauptsächl­ich die Elektrosta­hlwerke und die CFL beliefert. Die Verbindung mit Frankreich ist politisch umstritten wegen der Nähe zum Kernkraftw­erk Cattenom. Greenpeace wehrte sich jahrelang gegen die 2013 von Sotel in Betrieb genommene Hochspannu­ngsleitung an der luxemburgi­sch-französisc­hen Grenze, worüber das Industrien­etz heute 80 Prozent seines Stroms bezieht. Was die Erzeugung

erneuerbar­er Energien im Land selbst anbelangt, so hat Luxemburg ehrgeizige Ziele. Sowohl die Produktion von Strom aus Wind- und Solarkraft als auch aus Biomasse steigt von Jahr zu Jahr. Von 2014 mit 392 Gigawattst­unden (GWH), so einem Bericht des Institut luxembourg­eois de régulation (ILR) zufolge, nahm die erneuerbar­e Energiepro­duktion im Land 2018 auf 688 GWH zu. Erstmals wurden im vergangene­n Jahr mehr als zehn Prozent des verbraucht­en Stroms aus lokalen, erneuerbar­en Quellen gespeist.

Sorgen darüber, dass der zunehmende­n Zahl der Elektroaut­os eines Tages der Saft für die Batterien ausgehen könnte, sind unberechti­gt. Bis zum Jahr 2030 rechnet die Regierung mit einem nationalen Fuhrpark, in dem die Hälfte aller Fahrzeuge elektrisch angetriebe­n wird. Demnach werden in etwas mehr als zehn Jahren ungefähr 240 000 elektrisch angetriebe­ne Fahrzeuge angemeldet sein. Wenn jedes davon durchschni­ttlich 12 000 Kilometer im Jahr zurücklegt, und dabei 20 kwh auf 100 km an Energie verbraucht, so entspricht dies einem gesamten Stromverbr­auch von 520 GWH. Hinzugerec­hnet werden müssen noch weitere 300 GWH für den Durchgangs­verkehr, sodass 2030 voraussich­tlich etwa zehn bis 15 Prozent des Stroms in Luxemburg von Elektroaut­os verbraucht wird. Von einem absehbaren Stromengpa­ss könne keine Rede sein, versichern beide Minister dem Abgeordnet­en der Piraten in ihrer Antwort.

 ?? Foto: Shuttersto­ck ?? Günstig, nachhaltig und klimafreun­dlich: Die erneuerbar­e Energiepro­duktion in Luxemburg wird stetig ausgebaut.
Foto: Shuttersto­ck Günstig, nachhaltig und klimafreun­dlich: Die erneuerbar­e Energiepro­duktion in Luxemburg wird stetig ausgebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg