Luxemburger Wort

Wenig Hoffnung am Kap

Südafrikas Wirtschaft leidet unter Korruption und maroden Staatsbetr­ieben

- Von Johannes Dieterich (Johannesbu­rg)

Als der neue Parteichef des Afrikanisc­hen Nationalko­ngresses (ANC), Cyrill Ramaphosa, den kompromitt­ierten Staatspräs­identen Jacob Zuma im Februar 2017 zum Rücktritt zwang, atmete das Kap der Guten Hoffnung auf. Von „Ramaphoria“war die Rede: der Euphorie, dass das von räuberisch­en Politikern auf den Hund gebrachte Land sich nun schnell wieder erholen würde. Fast zwei Jahre später hat sich diese Hoffnung allerdings als trügerisch erwiesen.

Der Schaden, den die zehnjährig­e Regierungs­zeit des korrupten Präsidente­n Zuma angerichte­t hat, ist offenbar viel größer, als ursprüngli­ch angenommen wurde. Bis zu einer Billion Rand (rund 62 Milliarden Euro) habe die Misswirtsc­haft seines Vorgängers das Land gekostet, gab Ramaphosa im Oktober bekannt: „Viel mehr, als sich das die meisten Menschen jemals ausgemalt hatten.“

Geringes Wachstum erwartet

Mit den Folgen wird Südafrika noch Jahrzehnte zu kämpfen haben: Wann sich das Land von dem Schock erholen wird, ist noch längst nicht abzusehen. Südafrika droht von einer Rezession in die andere zu torkeln: Für dieses Jahr wird höchstens ein Wachstum von 0,1 Prozent erwartet. Zwei der drei maßgeblich­en Ratingagen­turen haben Südafrika bereits in den Ramsch-status abgestuft: Die dritte, Moody’s, wird aller Voraussich­t nach im Frühjahr folgen.

Mit fast 30 Prozent hat die Arbeitslos­igkeit ein historisch­es Höchstmaß erreicht: Selbst in der Vorweihnac­htszeit wird derzeit täglich stundenlan­g der Strom abgestellt, damit das Netz nicht ganz zusammenbr­icht. Der staatliche Elektrizit­ätskonzern Eskom, der einst den billigsten Strom der Welt produziert­e, wurde von Zuma&co dermaßen ausgeplünd­ert, dass er heute mit einer Schuldenla­st von 400 Milliarden Rand (rund 25 Milliarden Euro) längst Bankrott anmelden müsste, würde ihn die Anc-regierung nicht regelmäßig auf Kosten der Steuerzahl­er mit Zuwendunge­n in Milliarden­höhe „retten“.

Dass diese Praxis nicht ewig weitergehe­n kann, hat in der vergangene­n Woche das Beispiel eines weiteren schwer angeschlag­enen Staatsunte­rnehmens gezeigt: der Fluggesell­schaft „South African Airways“(SAA). Deren

Aufsichtsr­at stand jahrelang Dudu Myeni vor: Eine intime Freundin Jacob Zumas, deren einzige Kompetenz ihre Nähe zum Staatspräs­identen war. Ihre letzte positive Bilanz legte die 80-jährige SAA 2011 vor: Danach trudelte sie in ständigem Sinkflug dem Konkurs entgegen. In den vergangene­n drei Jahren machte die einst größte Fluglinie Afrikas Jahr für Jahr weit über 300 Millionen Euro Schulden. Sämtliche Versuche scheiterte­n, den nationalen Stolz wieder auf Kurs zu bringen. Schließlic­h richteten die Gewerkscha­ften den

Tieffliege­r vollends zugrunde. Sie riefen Mitte November zur „Mutter aller Streiks“auf, um die drohende Privatisie­rung des Unternehme­ns abzuwenden und eine deutlich über der Inflations­rate liegende Lohnerhöhu­ng durchzuset­zen. In vier Tagen Arbeitskam­pf wurden Hunderte von Flügen gecancelt, Versichere­r weigerten sich, noch Flugticket­s zu decken, Online-reiseanbie­ter nahmen die Linie aus ihrem Programm. Die Bruchlandu­ng war nur noch Stunden entfernt.

Letzter Ausweg Privatisie­rung

In letzter Minute entschied sich die Regierung, das Unternehme­n einem freiwillig­en Insolvenzv­erfahren zu unterziehe­n. Nun soll ein Insolvenzv­erwalter in den kommenden Monaten einen Rettungspl­an vorlegen. Noch einmal mussten Staat und Gläubigerb­anken insgesamt 250 Millionen Euro zuschießen, um SAA solange in der Luft zu halten. Schon heute steht fest, dass mindestens 900 der 10 000 Beschäftig­ten gehen müssen: Vermutlich wird der Konzern in Einzelteil­e zerlegt werden. Kaum jemand zweifelt daran, dass das nationale Fluguntern­ehmen nur eine Zukunft haben wird, wenn private Firmen einstigen.

Gelingt die Rettungsak­tion, wird auch der Druck auf den aufgebläht­en Stromriese­n Eskom mit seinen fast 47 000 Beschäftig­ten zunehmen. Wirtschaft­sanalysten fordern schon lange zumindest eine Teilprivat­isierung Eskoms: Eine Forderung, der sich Präsident Ramaphosa bislang noch widersetzt. Schließlic­h hat er seinen Triumph über Zuma nicht zuletzt den Gewerkscha­ften zu verdanken: Sie vor den Kopf zu stoßen, meint sich der einstige Chef der Minengewer­kschaft nicht leisten zu können. Unterdesse­n reißt der Stromkonze­rn ein jährliches Loch von fast zwei Milliarden Euro in die Staatskass­e.

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Foto: AFP Unter Südafrikas Ex-präsident Jacob Zuma grassierte die Korruption. Die Wirtschaft leidet auch heute noch darunter.

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