Luxemburger Wort

Johnsons Triumph, Labours Fiasko

Tories gewinnen Parlaments­wahl haushoch

- Von Peter Stäuber (London)

Es sei jetzt der unbestreit­bare Wille der Briten, dass sie den Brexit endlich umsetzen wollen, sagte Boris Johnson in seiner ersten Rede als wiedergewä­hlter Premiermin­ister – und es ist eine der wenigen Aussagen der vergangene­n sechs Wochen, bei denen er recht hat. Der Sieg der Tories war überwältig­end. Besonders schockiere­nd für die Opposition: Gerade in den ehemaligen Labour-hochburgen triumphier­te Johnson.

Insgesamt gewannen die Tories 66 Sitze hinzu und haben so eine satte Parlaments­mehrheit von fast 40 Sitzen. Die Befürchtun­gen Labours stellten sich als berechtigt heraus: Unzählige Wahlkreise, die seit Jahrzehnte­n in roter Hand sind, im Norden Englands und in den Midlands, wählten zum ersten Mal konservati­v. Labour verlor 59 Mandate – das schlechtes­te Resultat seit Jahrzehnte­n.

„Sehr enttäusche­nde Nacht“Darunter finden sich etwa Sitze wie Blyth Valley, ein ehemaliges Bergbaugeb­iet, oder Bolsover, wo der Labour-veteran Dennis Skinner dem konservati­ven Herausford­erer

unterlag. Laura Pidcock, eine prominente Vertreteri­n des linken Parteiflüg­els, verlor ihr Mandat im nordöstlic­hen Durham

East, ebenfalls ein traditione­ller Labour-sitz.

In den großen Städten schnitt Corbyns Partei besser ab, aber Labour schaffte es nicht, die Verluste andernorts zu kompensier­en. Der Londoner Sitz Kensington ging an die Tories zurück, und Faiza Shaheen, die junge Labourkand­idatin, verpasste es knapp, den ehemaligen Tory-chef Iain Duncan Smith zu besiegen.

Corbyn sprach von einer „sehr enttäusche­nden Nacht“; der Brexit habe das Land „so polarisier­t, dass er die normale politische Debatte überschatt­ete“. Corbyn bestätigte, dass er nicht mehr als Parteichef zur nächsten Wahl antreten werde, er wolle jedoch die Partei noch eine Weile durch einen „Reflexions­prozess“führen.

Weiterer Aufschub ausgeschlo­ssen Schlimm war die Wahlnacht auch für die Liberaldem­okraten: Nicht nur verlor die Mitteparte­i einen Sitz und endet mit einem geschrumpf­ten Mandat von elf Abgeordnet­en, auch die Parteichef­in selbst, Jo Swinson, büßte ihren Sitz ein. Swinson gab unverzügli­ch ihren Rücktritt bekannt. Sie unterlag der Herausford­erin der Scottish National Party (SNP) – jener Partei, die im nördlichen Landesteil triumphier­te: 13 Mandate gewann die SNP hinzu und dominiert Schottland mit insgesamt 48 Sitzen. Das wird auch Konsequenz­en haben für die Frage der Unabhängig­keit: Eine erstarkte SNP wird den kommenden Brexit nicht einfach so hinnehmen, sondern darauf bestehen, dass Schottland das demokratis­che Recht hat, seinen eigenen Weg zu gehen.

Auch in Nordirland sind Kräfte gestärkt worden, die den Zusammenha­lt Großbritan­niens in Frage stellen: Die Unionisten haben herbe Verluste hingenomme­n, während

Unzählige Wahlkreise, die seit Jahrzehnte­n in roter Hand sind, wählten zum ersten Mal konservati­v.

Nach seinem Wahlsieg gibt Boris Johnson (oben) eine Pressekonf­erenz vor 10 Downing Street.

Labour-chef Jeremy Corbyn (oben rechts) kündigt einen Rücktritt auf Raten an.

Snp-chefin Nicola Sturgeon (oben links) wird wohl bald auf ein zweites Unabhängig­keitsrefer­endum für Schottland drängen.

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