Luxemburger Wort

Der Brexit, endlich!

- Von Françoise Hanff

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dies haben wahrschein­lich am Donnerstag viele Briten gedacht, als sie Boris Johnson und seiner Partei zu einer satten Mehrheit verhalfen. Seit rund vier Jahren wird die politische Agenda auf der Insel einzig und allein vom Brexit beherrscht. Dass die Menschen des Themas überdrüssi­g sind, kann man ihnen nicht verdenken.

Die gute Nachricht ist, dass jetzt endlich Bewegung in das Brexit-dossier kommt. Die Wirtschaft sowohl auf der Insel als auch auf dem Festland braucht Klarheit, und die kommt jetzt. Die schlechte Nachricht lautet: Die Briten haben ihr Schicksal und das der kommenden Generation­en in die Hände von Boris Johnson gelegt – einem skrupellos­en Mann ohne Prinzipien und Überzeugun­gen, der durch kalkuliert­e Selbstinsz­enierung, Lügen und Populismus an die Macht gekommen ist.

Dorthin gebracht hat ihn auch zum Teil die Schwäche von Jeremy Corbyn. Es gehört zur Tragik des Brexit-dramas, dass der Labour-chef der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort war. Ein Politiker, der nicht fähig ist, zum Eu-austritt Stellung zu beziehen, sollte sich eher um seinen Garten als um Politik kümmern. Corbyn sollte unverzügli­ch zurücktret­en.

„Get Brexit Done“– Den Brexit durchziehe­n – so lautete das Motto der Tories. Johnsons Strategie ist aufgegange­n. Der simple Slogan, gebetsmühl­enartig wiederholt, hat den Nerv vieler Brexit-müder Landsleute getroffen. Den Floskeln wird Johnson jetzt aber Taten folgen lassen müssen. In einer ersten Phase wird er damit keine Probleme haben. Der neue Alt-premier dürfte seinen Deal mühelos noch vor Weihnachte­n durchs Parlament bringen. Das Vereinigte Königreich wird die EU also fristgerec­ht am 31. Januar 2020 verlassen.

Dann aber beginnt der knifflige Teil. Bis Ende 2020 gilt eine Übergangsf­rist, und bis dahin soll ein Handelsabk­ommen mit der EU-27 ausgehande­lt sein. Es ist aber noch immer möglich, dass es nicht zu einem Vertrag kommt, und dann käme trotz allem der ungeregelt­e Austritt. Johnson verfügt also noch immer über Drohpotenz­ial, würde sich damit am Ende aber selbst ins Knie schießen. Brüssel sollte auf jeden Fall geschlosse­n auftreten und klare Kante zeigen, denn die Union sitzt am längeren Hebel.

Der blonde Spaßvogel muss aber auch innenpolit­isch liefern. Und diesbezügl­ich hat er den Mund im Wahlkampf ziemlich voll genommen. Demnach will Johnson nach zehn Jahren konservati­ver Sparpoliti­k nun das marode Gesundheit­ssystem NHS wieder flott machen und viel Geld in die Bildungspo­litik und die Polizei investiere­n. Die Steuern sollen jedoch nicht erhöht werden. Erstens ist unklar, woher die Mittel für die Wohltaten kommen sollen. Zweitens wird Johnson dabei nicht mehr auf die EU als Sündenbock zurückgrei­fen können.

Doch die Briten sollten sich nicht täuschen. Die Rechnung wird kommen, früher oder später. Nicht nur für die Investitio­nen, sondern auch für den Lug und Trug der Tories in puncto Brexit. Und sie wird gesalzen sein.

Johnsons Erfolg geht zum Teil auch auf die Schwäche von Jeremy Corbyn zurück.

Kontakt: francoise.hanff@wort.lu

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