Der Brexit, endlich!
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dies haben wahrscheinlich am Donnerstag viele Briten gedacht, als sie Boris Johnson und seiner Partei zu einer satten Mehrheit verhalfen. Seit rund vier Jahren wird die politische Agenda auf der Insel einzig und allein vom Brexit beherrscht. Dass die Menschen des Themas überdrüssig sind, kann man ihnen nicht verdenken.
Die gute Nachricht ist, dass jetzt endlich Bewegung in das Brexit-dossier kommt. Die Wirtschaft sowohl auf der Insel als auch auf dem Festland braucht Klarheit, und die kommt jetzt. Die schlechte Nachricht lautet: Die Briten haben ihr Schicksal und das der kommenden Generationen in die Hände von Boris Johnson gelegt – einem skrupellosen Mann ohne Prinzipien und Überzeugungen, der durch kalkulierte Selbstinszenierung, Lügen und Populismus an die Macht gekommen ist.
Dorthin gebracht hat ihn auch zum Teil die Schwäche von Jeremy Corbyn. Es gehört zur Tragik des Brexit-dramas, dass der Labour-chef der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort war. Ein Politiker, der nicht fähig ist, zum Eu-austritt Stellung zu beziehen, sollte sich eher um seinen Garten als um Politik kümmern. Corbyn sollte unverzüglich zurücktreten.
„Get Brexit Done“– Den Brexit durchziehen – so lautete das Motto der Tories. Johnsons Strategie ist aufgegangen. Der simple Slogan, gebetsmühlenartig wiederholt, hat den Nerv vieler Brexit-müder Landsleute getroffen. Den Floskeln wird Johnson jetzt aber Taten folgen lassen müssen. In einer ersten Phase wird er damit keine Probleme haben. Der neue Alt-premier dürfte seinen Deal mühelos noch vor Weihnachten durchs Parlament bringen. Das Vereinigte Königreich wird die EU also fristgerecht am 31. Januar 2020 verlassen.
Dann aber beginnt der knifflige Teil. Bis Ende 2020 gilt eine Übergangsfrist, und bis dahin soll ein Handelsabkommen mit der EU-27 ausgehandelt sein. Es ist aber noch immer möglich, dass es nicht zu einem Vertrag kommt, und dann käme trotz allem der ungeregelte Austritt. Johnson verfügt also noch immer über Drohpotenzial, würde sich damit am Ende aber selbst ins Knie schießen. Brüssel sollte auf jeden Fall geschlossen auftreten und klare Kante zeigen, denn die Union sitzt am längeren Hebel.
Der blonde Spaßvogel muss aber auch innenpolitisch liefern. Und diesbezüglich hat er den Mund im Wahlkampf ziemlich voll genommen. Demnach will Johnson nach zehn Jahren konservativer Sparpolitik nun das marode Gesundheitssystem NHS wieder flott machen und viel Geld in die Bildungspolitik und die Polizei investieren. Die Steuern sollen jedoch nicht erhöht werden. Erstens ist unklar, woher die Mittel für die Wohltaten kommen sollen. Zweitens wird Johnson dabei nicht mehr auf die EU als Sündenbock zurückgreifen können.
Doch die Briten sollten sich nicht täuschen. Die Rechnung wird kommen, früher oder später. Nicht nur für die Investitionen, sondern auch für den Lug und Trug der Tories in puncto Brexit. Und sie wird gesalzen sein.
Johnsons Erfolg geht zum Teil auch auf die Schwäche von Jeremy Corbyn zurück.
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