Der Paria des Eu-gipfels
Maltas Premierminister steht im Zwielicht
Brüssel. „Mörder“steht auf einem Protest-plakat vor der maltesischen Botschaft in Brüssel. Darüber prangt ein Foto von Joseph Muscat, dem Premierminister des kleinsten Eu-staats. Selbst, wenn der Vorwurf nicht belegt ist – es kommt nicht oft vor, dass ein Regierungschef aus der EU eines schweren Verbrechens bezichtigt wird. Der Skandal um die Ermordung der regierungskritischen Journalistin Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 entfaltete in den vergangenen Wochen seine ganze Wucht: Joseph Muscat, Sozialdemokrat und seit 2013 Regierungschef des 490 000-Einwohnerstaats, geriet selbst in den Sog der Affäre. Sein Ex-stabschef Keith Schembri soll mit dem Mord zu tun haben, was dieser aber bestreitet.
Belastet wird Muscats langjähriger Vertrauer von Geschäftsmann Yorgen Fenech. Fenech wurde kürzlich auf seiner Jacht vor der Küste Maltas festgenommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass er an dem Mord an der Reporterin beteiligt war, obwohl Fenech seine
Unschuld beteuert. Die Familie von Daphne Caruana Galizia wirft Muscat indes die Vertuschung der Affäre vor. Als der Druck immer größer wurde, kündigte Muscat seinen Rücktritt für Januar an – zu spät, wie manche finden. Am Donnerstag und Freitag nahm Muscat zum vorerst letzten Mal im Kreis der Eu-staats- und Regierungschefs Platz. Die laut Eu-parlament besorgniserregende Situation des Rechtsstaats in Malta kam beim Gipfel aber offiziell nicht zur Sprache. Auch Muscat hatte nichts zu sagen: Er ging wortlos an den Reportern vorbei. jt