Dringende Appelle an Bremser
Un-klimakonferenz in Madrid geht in die Verlängerung – Blockaden werden angeprangert
Madrid. Dringende Appelle und Proteste für mehr Klimaschutz haben die Schlussphase der Weltklimakonferenz in Madrid begleitet – aber eine Einigung der fast 200 Staaten war gestern noch nicht absehbar. Nach knapp zweiwöchigen Verhandlungen war klar, dass der Gipfel sich in den heutigen Samstag hinein ziehen würde. Umweltschützer und mehrere Staaten riefen zum Handeln auf und prangerten Blockaden einiger Länder an.
Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hat den Klimagipfel aber schon vor seinem Ende abgeschrieben. Die Gründerin, die Schwedin Greta Thunberg, sagte, politische Entscheidungsträger versuchten immer noch, vor ihrer Verantwortung davonzulaufen. „Wir müssen dafür sorgen, dass sie das nicht tun können.“
Verhandelt wurde gestern noch über alle wichtigen Punkte: Die Abschlusserklärung, Geld für Klimaschäden in ärmeren Ländern und Regeln für den Handel mit Klimaschutz-gutschriften. Am Nachmittag wurde in einer Plenarsitzung deutlich, dass die Forderungen der Staaten noch weit auseinander lagen. Konferenzpräsidentin Carolina Schmidt, die chi- lenische Umweltministerin, mahnte: „Die Welt schaut auf uns.“Einige Verhandler hofften, dass die Einigung der Eu-staaten auf das Ziel, 2050 klimaneutral zu sein, neuen Schwung bringt.
Greenpeace-chefin Jennifer Morgan zeigte sich entsetzt über die Entwürfe für Beschlüsse, die in der Nacht erarbeitet worden waren. Es werde sich zeigen, „ob die Klimakonferenz ein komplettes Desaster wird“, sagte sie. Ein Vertreter Costa Ricas benannte Brasilien, Australien und die USA als Staaten, die in den Verhandlungen bremsten.
Grundsätzlich geht es bei den Un-verhandlungen um die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015, in dem sich fast 200 Staaten das Ziel gesetzt haben, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Dazu ist es Wissenschaftlern zufolge notwendig, dass der Ausstoß von Treibhausgasen – vor allem Kohlendioxid (CO2) aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas – schnell und deutlich zurückgeht.
Drei Streitpunkte
Es ging in Madrid insbesondere um drei Streitpunkte:
- Mehr Klimaschutz: Vor allem, aber nicht nur die vom Klimawandel besonders bedrohten Staaten wollen ein deutliches Signal, dass alle Länder im kommenden Jahr ihre nationalen Klimaschutzziele für 2030 nach oben schrauben. Das ist im Pariser Klimaabkommen eigentlich sowieso vorgesehen. Aber Symbole sind wichtig in der Klimadiplomatie – denn damit könnte Druck gemacht werden auf Länder, die lieber nicht nachlegen wollen.
- Mehr Geld: Die ärmeren Länder trauen der Zusage reicherer Staaten nicht, von 2020 an jedes Jahr 100 Milliarden Euro für „Klimafinanzierung“zu mobilisieren. Besonders im Fokus steht in diesem Jahr die Finanzierung von nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten durch den Klimawandel, vor allem Extremwetter wie Stürme oder Dürren, die heftiger und zahlreicher werden. Am Freitag mahnte etwa Ägypten im Namen der Afrika-gruppe, es brauche zusätzliches Geld für die Schäden, man dürfe dafür nicht die schon jetzt knappen Mittel für die
Anpassung an den Klimawandel anzapfen.
- Mehr Handel: Vorgesehen ist, dass Klimaschutzmaßnahmen künftig als Zertifikate gekauft oder verkauft werden können. Wer seine Ziele beim Einsparen von Treibhausgasen übererfüllt, kann sie verkaufen, und wer nicht so schnell vorankommt, kann sie kaufen. Wie genau das gemacht werden soll und was alles als Klimaschutzmaßnahme zählt, ist allerdings extrem umstritten – Kritiker fürchten Schlupflöcher, die den Klimaschutz schwächen. Besonders hart gerungen wird um die Frage, was mit Zertifikaten passieren soll, die Länder noch aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen übrig haben. dpa