Nur kein Neid
Gesundheitsminister Etienne Schneider wird heute das Datum für seinen Rückzug aus der Regierung mitteilen. Er wird nicht am „Gesundheitstisch“sitzen, wenn er das tut. Der war zwar nach der Quadripartite-sitzung im November noch für diesen Monat angekündigt, trotz Themen, die festgelegt waren, ist aber nichts mehr passiert. Schneider war viel im Ausland unterwegs – vielleicht hatte er keine Zeit mehr dafür, vielleicht will er seinem Nachfolger im Amt auch nicht mehr vorgreifen.
Aber ohnehin hätte er in der kurzen Zeit, die ihm noch verbleibt, kaum die Probleme lösen können, die sich angestaut haben und über Jahre schlicht ignoriert wurden. Ob Tiers payant, bessere Prävention, elektronische Patientenakte, E-santé, veraltete Nomenklaturen, Ärzte- und Personalmangel, mangelnde Primärversorgung, überfüllte Notaufnahmen und überlastete Krankenhausstrukturen – es gibt viel Gesprächsbedarf.
Das dringlichste Thema dürfte das Verwaltungsgerichtsurteil sein, das erst für März erwartet wurde, nun aber schon am 9. Dezember gesprochen wurde: Ärzte dürfen eine ganze Reihe an technischen Leistungen, wie IRM, Scanner, Mammografien, Dialysen oder Vollnarkosen, auch außerhalb der Spitäler anbieten. Mit ein bisschen Sachkenntnis und Fantasie hätte man schon vor zehn Jahren damit rechnen können, dass das Monopol der Krankenhäuser für diese Leistungen auf tönernen Füßen steht.
Die Tatsache, dass es sich bei einem Großteil der Mediziner um Freiberufler handelt, die, auch wenn sie in einem öffentlich finanzierten System arbeiten, über verfassungsund europarechtlich geschützte Freiheiten verfügen, wurde in der gesundheitspolitischen Sphäre erfolgreich verdrängt – geradezu für unerhört gehalten. Nun ist nicht mehr die Frage, ob der Krankenhaussektor durch ambulante Strukturen ergänzt wird, sondern wie es vonstatten gehen kann, ohne dass die Kliniken Gefahr laufen, in Zeiten allgemeinen Ärztemangels unter knappem medizinischen Personal zu leiden. Und dafür müssen alle schleunigst an einen Tisch. Schon 2017, als die Klage eingereicht wurde, hätte man juristisch Vorsorge treffen müssen, wenn man denn unbedingt am System des Krankenhausmonopols hätte festhalten wollen. Spätestens aber seit dem 5. Juli dieses Jahres, als das Verfassungsgericht den Urteilstenor vorgab, hätte man sich vorbereiten können. Stattdessen gab die Regierung die Parole aus: Erst einmal das Urteil des Verwaltungsgerichts abwarten.
Nun können also Scanner, IRM und Co für Privatpraxen gekauft werden, und in der Logik des Urteils kann die CNS sich auch nicht weigern, Tarife dafür zu verhandeln. Es bleibt abzuwarten, ob sich in einem Gesundheitssystem, das gelobt wird für seine umfassende Versorgung, an der sich ja auch nichts ändert, private Angebote tatsächlich lohnen.
Für die Patienten gilt weiterhin: Wer schneller einen Termin oder ein bisschen mehr Chichi wollte, der ging jetzt schon ins Ausland und bezahlte im Zweifel aus der eigenen Tasche oder schloss eine Zusatzversicherung ab. Warum sollte es auch verboten sein, sein Geld in medizinische Zusatzleistungen stecken zu wollen oder solche anzubieten?
Durch private
Medizinangebote geht Versicherten
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