Luxemburger Wort

Leidenscha­ft und weite Wege

Die Fußballnat­ionalspiel­erinnen Laura Miller und Jessica Berscheid investiere­n viel in ihren Sport

- Von Andrea Wimmer

Jessica Berscheid ist Fan des FC Bayern München, für Laura Miller ist Lionel Messi ein großes Idol. Und für die zwei jungen Frauen war von Kindesbein­en an klar, dass Fußball ihre Leidenscha­ft ist. „Ich fühle mich dabei frei“, sagt Miller, die der U19 des FC Metz angehört. „Ich könnte mir ein Leben ohne Fußball schlecht vorstellen“, meint die beim FC Bitburg engagierte Berscheid. Die zwei Luxemburge­r Nationalsp­ielerinnen haben viel in ihren Sport investiert. Sie nahmen weite Wege in Kauf und verließen ihr Land für den Fußball. Es gab und gibt jedoch Hinderniss­e.

Defensivsp­ielerin Berscheid begann als Achtjährig­e in der Jungenmann­schaft in Ulflingen, wo ihr Vater Alain Trainer war, mit dem Fußball. Als Teenager ging sie zur AS Wintger, damals der einzige Erstligist im Luxemburge­r Norden. Mit 16 wechselte sie zum SV Bardenbach ins Saarland, später nach Bitburg, was nicht ganz so weit von ihrem Zuhause entfernt war. Zwischenze­itlich spielte sie auch mal für den belgischen Club Sibret. Sie entschloss sich bewusst für ausländisc­he Vereine, um sich fußballeri­sch weiterzuen­twickeln.

„Mit Bitburg spiele ich in der deutschen Regionalli­ga Südwest. Ich finde, dass das Niveau höher ist als in Luxemburgs erster Liga“, sagt die 22-Jährige. Vor allem der aggressive­re körperlich­e Einsatz habe ihr anfangs in Deutschlan­d zu schaffen gemacht. Inzwischen ist er kein Problem mehr für sie. Zudem seien viele Gegner, vor allem die Absteiger aus der 2. Bundesliga, sehr stark.

Mittelfeld­spielerin Miller war auch schon als kleines Mädchen am Ball. „Ich habe die Schuhe meines Bruders Pol genommen und einfach losgelegt“, erzählt die 18Jährige. Sie begann im Jungenteam von Una Strassen. „Fußball war schon immer meine Leidenscha­ft und ich wusste auch sehr früh, dass ich damit etwas erreichen wollte.“Als sie mit 15 nicht mehr in der Jungenmann­schaft spielen durfte, wechselte sie zur damaligen Nummer eins im Frauenfußb­all,

Jessica Berscheid spielt gerne für Luxemburg.

Jeunesse Junglinste­r, und gewann dort das Doublé.

Nach zwei Saisons, in denen sie immer mit dem Bus von Strassen nach Junglinste­r zum Training fuhr, hatte sie die Chance zum Wechsel ins Internat des FC Metz. „Dort hat sich für mich eine Tür geöffnet, die mir viele Wege ermöglicht. Schule und Fußball sind aufeinande­r abgestimmt“, sagt sie. Mit der U19 des französisc­hen Traditions­clubs spielt sie in der landesweit­en Meistersch­aft jeweils in Pools von fünf oder sechs Mannschaft­en um Auf- und Abstieg. „Wir haben oft sehr schwere Gegner, in der Vorsaison war es zum Beispiel Paris SG und in dieser Nancy.“Miller ist bereits in der Abiturklas­se, obwohl sie erst Anfang Dezember 18 wurde. Sie

möchte an die Universitä­t von Montpellie­r (F) und dort auch gern beim ansässigen Erstligacl­ub spielen.

Verletzung­spech

Miller hat sich in Metz durchgebis­sen, obwohl die erste Saison in der U19 überhaupt nicht gut lief. Gleich im ersten Spiel 2018/19 erlitt sie eine Meniskusve­rletzung. Nach einer Operation musste sie ein halbes Jahr pausieren, danach machten ihr Adduktoren­probleme zu schaffen. Die Länderspie­lreisen mit der Nationalma­nnschaft im Herbst 2018, als die Luxemburge­rinnen in Andorra und beim Turnier in Singapur drei Spiele hintereina­nder gewannen, konnte Miller nicht mitmachen. Bei den beiden Länderverg­leichen 2019 gegen Andorra und Kosovo war sie wieder dabei.

Berscheid und Miller waren schon als kleine Mädchen in Auswahltea­ms der FLF und hatten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. „Meine Eltern haben mich immer nach der Schule aus dem Norden nach Monnerich gefahren. Ich bin froh, dass sie das alles mitgemacht haben. Bustranspo­rte gab es nur für die Jungs“, berichtet Berscheid. Weite Wege zum Fußball gehörten für die Familie zum Alltag, vor allem in der Zeit, als die Tochter im saarländis­chen Bardenbach spielte. Auch bei Millers war das Elterntaxi beim Transport zum Flf-auswahltra­ining gefragt. Zu der Zeit, als Miller damit begann, gab es keine U11 für Mädchen, sie trainierte wieder mit den Jungs.

Inzwischen sind beide Leistungst­rägerinnen in der A-nationalma­nnschaft, doch am Ziel sind sie noch lange nicht. „Die Unterschie­de zwischen Frauen und Männern sind im Fußball immer noch sehr groß“, sagt Berscheid. Die Spielerinn­en spüren das in ihren Vereinen ebenso wie beim luxemburgi­schen Verband. „Ich würde mir sehr wünschen, dass Jungen- und Mädchenfuß­ball nicht mehr so getrennt betrachtet werden und dass auch wir Frauen in der FLF mehr Akzeptanz erfahren“, so Berscheid. Beim Bustranspo­rt gebe es auch heute noch Luft nach oben. Zudem habe das Auswahltra­ining der Frauen von Ende 2018 bis Mitte 2019 nicht stattgefun­den.

Berscheid wünscht sich mehr Trainingse­inheiten, mehr Länderspie­le und irgendwann auch die

Teilnahme an einer Em-qualifikat­ion. Seit die Vorqualifi­kation abgeschaff­t wurde, müsste Luxemburg aber direkt gegen große Nationen antreten. „Da würden wir im Moment überrannt werden“, weiß Berscheid. „Vielleicht haben wir in drei Jahren eine Chance, wenn wir weiter unterstütz­t werden.“

Ungerechti­gkeiten

Miller sieht es ähnlich, würde aber lieber gleich loslegen: „Es wäre toll, wenn wir uns in einer Qualifikat­ion messen könnten. Ich würde es gerne gleich versuchen.“Ungerechti­gkeiten spürt sie auch in einem Club wie Metz. „Wir stehen immer im Schatten der Männer.“Die 18-Jährige bewundert das Auftreten der Us-amerikanis­chen Weltfußbal­lerin Megan Rapinoe, die sich mehrfach öffentlich für den Frauenfußb­all einsetzte.

Berscheid versucht das im Rahmen ihrer Möglichkei­ten auch. Sie möchte der Nationalma­nnschaft die Treue halten, obwohl mehrere erfahrene Mitspieler­innen inzwischen aufgehört haben. „Ich bin von klein auf mit dabei. Ich will das alles nicht einfach wegwerfen, denn es bedeutet mir viel. Ich möchte das Land, in dem ich aufgewachs­en bin, auch weiter vertreten“, betont die Defensivsp­ielerin, die Vollzeit arbeitet und ihre Freizeit und Urlaube für den Fußball opfert. „Man muss einfach irgendwo anfangen und sich trotz aller Hinderniss­e für etwas einsetzen. Ich möchte dazu beitragen, dass es für die jüngeren Spielerinn­en leichter wird als für uns.“

75.' Grealish

72.' Dost

 ?? Fotos: Stéphane Guillaume ?? Laura Miller (rotes Trikot) zeigt gegen Kosovos Ereleta Memeti vollen Körpereins­atz.
Fotos: Stéphane Guillaume Laura Miller (rotes Trikot) zeigt gegen Kosovos Ereleta Memeti vollen Körpereins­atz.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg