Spieglein, Spieglein an der Wand
Der türkische Staatschef Erdogan umschmeichelt Angela Merkel bei ihrem Besuch in Istanbul
Angela Merkel war schon häufig in Istanbul zu Gast, aber so herzlich wie am Freitag wurde sie am Bosporus selten empfangen. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan überschüttete die Besucherin geradezu mit Komplimenten: Er empfinde „großes Glück“, die Kanzlerin nach dem Treffen bei der Berliner Libyen-konferenz vor fünf Tagen nun in der Türkei willkommen zu heißen. Eine „geschätzte Freundin“nannte er Merkel und beschwor anlässlich der gemeinsam mit der Kanzlerin zelebrierten Eröffnung der Türkisch-deutschen Universität in Istanbul „die Freundschaft beider Länder“. Merkel stimmte ein: Die Hochschule sei „ein Juwel in den Beziehungen unserer beiden Länder“.
Die Freundlichkeiten bei der Universitätseröffnung bildeten den Auftakt eines Besuchs, der überwiegend von kontroversen Themen beherrscht wurde. Es gibt eine lange Liste von Streitpunkten. Sie reicht aus deutscher Sicht von den wachsenden Demokratiedefiziten und den umstrittenen türkischen Militäreinsätzen in Syrien und Libyen sowie den steigenden Flüchtlingszahlen in der Ägäis bis hin zur Affäre um den zum Jahresende festgenommenen Vertrauensanwalt der deutschen Botschaft in Ankara und die Haftbefehle sowie Ausreisesperren gegen mehr als 130 deutsche Staatsbürger.
Streit um inhaftierte Deutsche
Nach ihrem Treffen mit Erdogan kündigte die Kanzlerin an, man werde sich intensiv um die Freilassung der inhaftierten Deutschen bemühen. Sie habe mit dem türkischen Präsidenten vereinbart, dass man in jedem Einzelfall Lösungsmöglichkeiten prüfen wolle. Auch die Türkei hat allerdings
Die Kanzlerin muss schmunzeln, als man ihr beim Besuch der Türkisch-deutschen Universität in Istanbul als Präsent einen Spiegel überreicht. Beschwerden. Erdogan mahnte nach dem Treffen mit Merkel die EU, mehr Hilfe bei der Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu leisten. Das sei eine „humanitäre Verantwortung“der Europäer, sagte Erdogan.
Merkel war nicht nur nach Istanbul gekommen, um den vor drei Jahren vor ihr ausgehandelten Flüchtlingsdeal abzusichern. Seit die Türkei in Syrien und Libyen militärisch mitmischt, kommt man an Erdogan auch bei den Bemühungen um eine Befriedung dieser Bürgerkriegsländer nicht vorbei.
Die Türkei will nach den Worten Erdogans an ihrem Militäreinsatz in Libyen festhalten, trotz der erst am vergangenen Sonntag bei der Berliner Libyen-konferenz beschlossenen Waffenruhe. Sein Land werde die von der UNO anerkannte Regierung in Tripolis weiterhin militärisch unterstützen, kündigte Erdogan nach dem Treffen mit Merkel an.
Zum Auftakt ihres Besuches war die Kanzlerin am Freitagmorgen mit türkischen und deutschen Wirtschaftsvertretern zusammengetroffen. Deutschland ist für die Türkei der wichtigste Handelspartner.
Der türkische Unternehmerverband Tüsiad hofft auf positive Impulse des Merkel-besuchs. Der Tüsiad-vorsitzende Simone Kaslowski twitterte, der Verband wünsche sich, dass die Visite der Kanzlerin ein Wendepunkt in den Beziehungen zu Deutschland und zur EU werde. Das deutsch-türkische Verhältnis dürfte zwar schwierig bleiben. Merkels Besuch zeigte aber immerhin eine Klimaverbesserung.