Die Reportage
Direkt hinter mir rast eine Blechlawine auf der vierspurigen Tambaram Main Road in den nächsten Stau der Zehnmillioneneinwohnermetropole.
Vier Kilometer weiter Richtung Stadtmitte liegt der Velachery Lake. Ein Ring von Häusern um den See deutet an, warum seine Fläche von 107 Hektar auf 20 geschrumpft ist. Noch immer könnte er mit Millionen Litern von Süßwasser eine Quelle für Trinkwasser sein, doch ein Abwasserkanal leitet seine stinkende Brühe in den See. Die Feuchtgebiete von Chennai erstreckten sich einmal über 200 Quadratkilometer. Bis 1980 schrumpften sie moderat und hatten noch eine Fläche von 186,3 km². Heute weisen sie nur noch 15 Prozent ihrer einstigen Größe auf, wie eine Studie des Careearth Trust aufzeigt. Hauptgründe sind der Boom von It-unternehmen im Süden von Chennai und allgemein das Wachstum des Immobilienmarktes.
Stinkende Brühe statt
Wasserspeicher
„Seit mehr als zwei Jahrzehnten weisen Wissenschaftler und Umweltschützer darauf hin, dass Chennai auf eine Wasserkatastrophe zurast“, sagt Dr. Avilash Roul vom Indian Institute of Technology (IIT) aus Chennai. „Doch es brauchte erst das schwere Hochwasser im Jahr 2015, damit die Verantwortlichen aufwachten.“Früher hätten die Feuchtgebiete mit ihren Seen und Zuläufen einen großen Teil des Wassers aufgenommen und so die Flutschäden gelindert. Dazu hätten sie auch als Wasserspeicher gedient, erklärt Avilash.
Doch diesen Sommer waren fast alle natürlichen und von Menschen gebauten Wasserspeicher Chennais leer. Auch der 235 Kilometer entfernte Veeranam-see, aus dem Chennai sonst 35 Prozent seines Wasserbedarfs deckt. Die Metropole musste mit Zügen voll Trinkwasser aus dem benachbarten