Luxemburger Wort

Eiskalte Dusche für Salvini

Nach seiner Wahlnieder­lage in der Emilia-romagna muss der Lega-chef seinen nationalen Machtanspr­uch erst einmal begraben

- Von Dominik Straub (Rom)

„Ich fühle mich nicht als Verlierer: Manchmal gewinnt und manchmal verliert man. Und wenn ich verliere, bin ich trotzdem glücklich“, erklärte Matteo Salvini in der Nacht auf Montag, als sich seine Niederlage in der Emilia-romagna abzuzeichn­en begann. Tatsächlic­h konnte sich der Lega-chef damit trösten, dass in der wohlhabend­en Region, die seit über 70 Jahren von Links-koalitione­n regiert wird, erstmals in einem Wahlkampf Spannung aufgekomme­n ist und ein Sieg der Rechten in Sichtweite schien. Aber am Ende hat er den erhofften Sieg eben doch verfehlt, und das auch noch relativ klar: Der Kandidat des sozialdemo­kratischen Partito Democratic­o (PD), Stefano Bonaccini, kam auf 51,4 Prozent der Wählerstim­men, Lega-kandidatin Lucia Borgonzoni auf 43,6 Prozent.

Auch wenn es Salvini nicht zugeben mochte: Die Wahlen in der Emilia-romagna waren für ihn eine eiskalte Dusche. Der Lega-chef, dessen erklärtes Ziel ist, sobald wie möglich Regierungs­chef Italiens zu werden, hatte die Wahl zu einem nationalen Referendum über seine Person stilisiert und zu einem „historisch­en Wendepunkt“und einem Plebiszit gegen die Regierung von Giuseppe Conte erklärt: Salvini wollte demonstrie­ren, dass er selbst in einer traditione­ll links wählenden Region über die Mehrheit der Wählerstim­men verfügt.

Die „Sardinen“stoppen Lega Hätte er die rote Hochburg erobern können, wäre seiner Meinung nach klar gewesen, dass Neuwahlen fällig seien. Seinen Traum, die Regierung von Conte, wie von ihm angekündig­t, vorzeitig „nach Hause zu schicken“, muss der „Capitano“nun erst einmal begraben. In die Parade gefahren sind Salvini vor allem die von ihm lange verlachten „Sardinen“: Der erst vor zweieinhal­b Monaten gegründete­n Bewegung ist es mit ihren über Facebook organisier­ten Flashmobs gelungen, die Linkswähle­r in großer Zahl zu mobilisier­en: Die Wahlbeteil­igung in der Emilia-romagna lag mit 67 Prozent fast doppelt so hoch wie beim letzten Urnengang. Bevor die „Sardinen“am 14. November in Bologna ihre erste Kundgebung gegen Rechtspopu­lismus, Hassreden

und Rassismus durchführt­en, lag der Pd-kandidat Bonaccini in den Umfragen noch sechs Prozentpun­kte hinter der Lega-kandidatin. Nach über 100 weiteren Flashmobs der „Sardinen“in ganz Italien siegte Bonaccini am Wahlabend mit fast acht Prozentpun­kten Vorsprung. „Die ,Sardinen‘ haben uns aufgeweckt, sie waren entscheide­nd. Man müsste ihnen ein Denkmal bauen“, erklärte gestern der Vizechef des PD, Andrea Orlando.

Zeitgleich mit der wegweisend­en Wahl in der Emilia-romagna wurde am Sonntag auch in Kalabrien eine neue Regionalre­gierung gewählt. In der Region im tiefen Süden konnte sich die von Salvini dominierte Rechtskoal­ition klar durchsetze­n. Neue Präsidenti­n Kalabriens wird Jole Santelli von der Berlusconi-partei Forza Italia mit 55,4 Prozent der Stimmen. Ihr parteilose­r Gegenkandi­dat Pippo

Callipo, der von einem Mittelinks-bündnis unterstütz­t wurde, kam auf 30 Prozent. Damit hat Salvinis Rechtsbloc­k, zu dem neben der Forza Italia auch die postfaschi­stischen Fratelli d'italia gehören, in neun von zehn Regionalwa­hlen, die seit den nationalen Parlaments­wahlen im März 2018 durchgefüh­rt wurden, gewonnen. Der Siegeszug Salvinis ist erst in der Emilia-romagna zum Stehen gekommen.

Dank des Sieges in der roten Hochburg kann der parteilose Regierungs­chef Giuseppe Conte erst einmal durchatmen. Seine Koalition aus der Fünf-sterne-bewegung, dem PD und einigen Kleinparte­ien regiert Italien seit September 2019. Neue Spannungen dürften aber nicht lange auf sich warten lassen: Die Fünf-sternebewe­gung hat bei den Regionalwa­hlen zwei weitere verheerend­e Niederlage­n einstecken müssen.

Die „Sardinen“haben uns aufgeweckt, sie waren entscheide­nd. Andrea Orlando, Vizechef des PD

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg