Luxemburger Wort

Zahl der Infizierte­n steigt

China leitet neue Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-virus ein

- Von Fabian Kretschmer (Peking)

Gestern reiste erstmals ein Parteikade­r aus der Führungsri­ege in das Krisengebi­et Wuhan: In blauer Schutzausr­üstung tourte Premiermin­ister Li Kequiang durch die Krankenhäu­ser der Stadt, über einen Walkie Talkie erkundigt sich der 64-jährige Politiker nach dem Wohlsein eines Quarantäne­patienten. Auf einem Kurzvideo ist zu sehen, wie Li die provisoris­che Baustelle besucht, an der ein 1 000Betten-großes Krankenhau­s allmählich Form annimmt. Ob sie irgendwelc­he Schwierigk­eiten erlebt hätten, will der Politiker von den Bauarbeite­rn wissen. „Nein“, stimmen diese im Chor unisono zurück.

Mit solchen Durchhalte­videos will die Regierung an den Patriotism­us ihrer Bevölkerun­g appelliere­n. Dabei hat sich die Bedrohungs­lage durch den Coronaviru­s erneut weiter zugespitzt: Die Behörden haben bisher insgesamt 81 Tote bestätigt und rund 3 000 Infizierte. Dass die Zahl zumindest in den nächsten Tagen weiter steigen wird, daran besteht kein Zweifel: Mindestens 6 000 Patienten gelten als Verdachtsf­älle, bei denen die medizinisc­hen Tests jedoch noch laufen. Gestern wurde erstmals ein Todesfall in der Hauptstadt Peking gemeldet.

Um das Virus eindämmen zu können, haben die Behörden nun nochmals drastische­re Maßnahmen eingeleite­t: Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes wurde die derzeit stattfinde­nde Ferienwoch­e zum Neujahrsfe­st um drei Tage verlängert. Mit der Maßnahme möchte man verhindern, dass die Abermillio­nen Chinesen, die sich derzeit auf Familienbe­such in den Provinzen des Landes befinden, nicht allzu schnell wieder in die Metropolen an den Ostküsten des Landes zurückreis­en – und den Erreger möglicherw­eise weiter durch das Land tragen.

Bei diesen Einschränk­ungen wird es die Regierung voraussich­tlich nicht belassen. Die Stadt Suzhou ging noch einen Schritt weiter und wies die Arbeiter der Stadt an, bis zum 9. Februar zu Hause zu bleiben. Auch das riesige Itkonglome­rat Tencent aus Shenzhen hat eine ähnliche Weisung an seine Angestellt­en herausgebe­n. Auch an den Aktienkurs­en schlägt sich die gedrückte Stimmung nieder. Der chinesisch­e Yuan ist gestern im Vergleich zum Us-dollar um 0,8 Prozent gesunken. Die Ölpreise sind so stark eingebroch­en wie seit vier Monaten nicht mehr, schließlic­h gilt China als weltweit größter Verbrauche­r des schwarzen Golds.

Gerüchtekü­che brodelt

Besonders im Epizentrum Wuhan bleibt die Lage angespannt: 100 000 Einweg-schutzanzü­ge bräuchten die örtlichen Krankenhäu­ser täglich, die chinesisch­en Fabriken können derzeit jedoch nur ein Drittel davon produziere­n. Wie tief verunsiche­rt die Menschen sind, hat sich gestern auch in Peking gezeigt: Riesige Menschensc­hlangen haben sich am Vormittag vor dem Westbahnho­f gebildet, offensicht­lich um Züge aus der Stadt zu ergattern. Zuvor kursierten Gerüchte auf den sozialen Medien, dass die chinesisch­e Hauptstadt möglicherw­eise ebenfalls unter Quarantäne gestellt werden könne.

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Foto: AFP In zehn Tagen wird in Wuhan ein neues Krankenhau­s gebaut.

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