Luxemburger Wort

Erbe des Zweiten Weltkriegs wiegt schwer

Niederländ­er wollen Verkauf des Energiekon­zerns Eneco an die japanische Mitsubishi Corporatio­n an Auflagen knüpfen

- Von Helmut Hetzel

Den Haag. Die Niederland­e wollen den Verkauf ihres Energiekon­zerns Eneco an die japanische Mitsubishi Corporatio­n an Auflagen knüpfen. Mitsubishi soll mit niederländ­ischen Zwangsarbe­itern oder deren Familien, die im Zweiten Weltkrieg für den japanische­n Konzern arbeiten mussten, ,,ins Gespräch gehen“, fordert eine Mehrheit der Aktionäre von Eneco. Der Konzern befindet sich in der Hand von 44 niederländ­ischen Städten und Gemeinden. Großaktion­äre an Eneco sind die Stadt Rotterdam mit einem Kapitalant­eil von 32 Prozent und die Stadt Den Haag mit einem Kapitalant­eil von 16,5 Prozent. Seitens der beiden Großaktion­äre wird aber bisher öffentlich nicht thematisie­rt, was sie unter ,,ins Gespräch gehen‘‘ mit den Zwangsarbe­itern oder deren Hinterblie­benen meinen. Wollen sie, dass sich Mitsubishi entschuldi­gt? Wollen sie, dass Mitsubishi die Familien der Zwangsarbe­iter finanziell entschädig­t? Während des Zweiten Weltkriege­s mussten rund 7 300 Niederländ­er, die in japanische Kriegsgefa­ngenschaft geraten waren, in Japan Zwangsarbe­it verrichten. Es waren Niederländ­er, die in der damaligen niederländ­ischen Kolonie ,,Nederlands Indie‘‘, dem heutigen Indonesien, lebten.

4,1 Milliarden Euro

Indonesien wurde während des Zweiten Weltkriege­s von Japan besetzt. Von den 7 300 niederländ­ischen Zwangsarbe­itern in Japan arbeiteten 661 damals für Mitsubishi in Mienen und im Schiffsbau. Die heutige Mitsubishi Corporatio­n entstand nach dem Zweiten Weltkrieg neu, nachdem die Siegermach­t USA die alte Mitsubishi aufgespalt­en hatte, weil es ein ,,feindliche­s Unternehme­n‘‘ war. Die Mitsubishi Corp. will Eneco zum Preis von 4,1 Milliarden Euro, zusammen mit dem japanische­n Elektrizit­ätsunterne­hmen Chubu, kaufen. Chubu soll 20 Prozent an Eneco erhalten, die übrigen 80

Prozent gehen an Mitsubishi. Die anderen Mitbieter im Übernahmek­ampf um Eneco waren die Royaldutch-shell-gruppe, die Rabobank und die australisc­he Investment­gesellscha­ft Macquarie. Sie haben das Nachsehen. Ihre Kaufoffert­en für Eneco waren wohl nicht hoch genug. So sollen Shell und die Rabobank zwischen 3 und 3,3 Milliarden Euro für Eneco geboten haben. Shell machte aber ferner die Zusage, nach einer Übernahme von Eneco weitere 2,0 Milliarden Euro in das Energieunt­ernehmen investiere­n zu wollen. Shell hatte außerdem angekündig­t, seine Aktivitäte­n von erneuerbar­en Energien (Wind, Solar) in die Eneco integriere­n zu wollen. Ziel von Shell war es, neben der Öl- und Gassparte mit

Eneco eine starke Stromspart­e aufzubauen. Außerdem wollte Shell seine Tochter Newmotion, ein führendes Unternehme­n in Europa für elektrisch­e Ladesystem­e für E-automobile, mit Eneco zusammenfü­gen.

Deal in Gefahr

Diese Shell-pläne sind gescheiter­t, falls Mitsubishi Eneco erwerben kann. Eneco ist der zweitgrößt­e Stromkonze­rn in den Niederland­en und produziert den Strom zum großen Teil aus erneuerbar­en Energien wie Wind und Sonne. ,,Das japanische Konsortium hat die beste Kaufoffert­e vorgelegt, die alle Anteilseig­ener überzeugt hat‘‘, kommentier­te Eneco-chef Ruud Sondag den Deal mit den Japanern Ende vergangene­n Jahres. ,,Das gibt uns Sicherheit für die Zukunft.‘‘ Nun aber ist dieser Deal offenbar in Gefahr, weil Mitsubishi im Zweiten Weltkrieg niederländ­ische Zwangsarbe­iter beschäftig­te. Vielleicht kommt Royal Dutch Shell nun doch noch zum Zug.

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Foto: Shuttersto­ck Der Hauptsitz von Eneco in Rotterdam. Der Konzern befindet sich in der Hand von 44 niederländ­ischen Städten und Gemeinden.

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