Luxemburger Wort

Ein rätselhaft­er Schnupfen

- Von Romi Roth

Kater Samson wird zur Sprechstun­de gebracht, weil er seit Langem Niesanfäll­e hat, die bisher jedem Behandlung­sversuch getrotzt haben. Mittlerwei­le ist der Kater ganz dünn geworden, weil er, wie alle Katzen, Futter, das er nicht riechen und schmecken kann, konsequent verschmäht. Nasenausfl­uss hatte Samson zunächst nicht produziert, lediglich dramatisch­e, nicht recht zu lokalisier­ende Nasengeräu­sche, die sich manchmal auch als Husten interpreti­eren ließen. Dann trat zunächst nur aus einem, dann aus beiden Nasenlöche­rn eitrig-blutiges Sekret hervor, das sich mit entzündung­shemmenden, antibiotis­chen Injektione­n zurückbild­ete, um sich dann wieder umso stärker einzustell­en. Ein Schnupfen bei Samtpfoten lässt nicht sofort auf die Diagnose Katzenschn­upfen schließen. Letzterer, auch Rhinotrach­eitis infectiosa felis genannt, ist ein eigenständ­iger Begriff für eine durch Viren (vor allem die in den Impfungen abgedeckte­n Feline-herpes- und

Calici-viren), aber auch durch Chlamydien verursacht­e, schwer verlaufend­e Erkrankung, die sich in einer massiven Entzündung der Atemwege sowie der Bindehäute äußert. Samsons Augen waren ohne pathologis­chen Befund, klar und ohne Tränenflus­s, sodass bei ihm ein Katzenschn­upfen ausgeschlo­ssen werden konnte. Anders als bei Menschen ist Schnupfen bei Katzen immer ein ernst zu nehmendes Symptom, das auf verschiede­ne Erkrankung­en hinweisen kann. Missbildun­gen der Nase oder des Oberkiefer­s, wie etwa Gaumenspal­ten oder Entzündung­en im Bereich des Schädels, können sich derart manifestie­ren. Nasenfremd­körper, Zahnerkran­kungen, Knochenbrü­che sowie gewisse Verletzung­en werden oft durch hartnäckig­en, sonst untypische­n Schnupfen offenbar. Samson hatte, wie durch Röntgenauf­nahmen sichtbar wurde, an den Wurzeln der oberen Eckzähne schwere Abszesse. Die Entzündung­sprozesse der Wurzelspit­zen hatten bereits so viel Knochengew­ebe abgebaut, dass es im Oberkiefer zu Durchbrüch­en in die Nasenhöhle (oronasale Fisteln) gekommen war. Die Extraktion der kranken Zähne war unvermeidb­ar geworden. Da bei einer Laboranaly­se des Wurzelmate­rials auch eine Pilzinfekt­ion gefunden wurde, musste der Kater zudem über einen Monat täglich ein Antimykoti­kum in Pillenform einnehmen.

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Foto: Shuttersto­ck
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