Bittere Pillen für die Palästinenser
Nahost-plan: Donald Trump stellt eigenen Staat in Aussicht, allerdings unter erheblichen Zugeständnissen
Washington. Monatelang wurde auf die Vorstellung von Trumps Nahost-plan gewartet. Nun hat der Us-präsident den Plan vorgestellt, gemeinsam mit Israels Regierungschef Netanjahu. Vorgesehen sind eine Zwei-staaten-lösung – und bittere Pillen für die Palästinenser.
Trump stellt den Palästinensern einen eigenen Staat in Aussicht – allerdings unter erheblichen Zugeständnissen. Der Plan solle zu einer „realistischen Zweistaaten-lösung“für Israel und die Palästinenser führen, sagte Trump gestern bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus. Netanjahu sagte an die Adresse Trumps: „Ihr Deal des Jahrhunderts ist die Gelegenheit des Jahrhunderts. Seien Sie versichert, dass Israel diese Gelegenheit nicht verpassen wird.“
Netanjahu sagte, wenn die Palästinenser Frieden mit Israel schlössen und sich an die Vorgaben des Plans hielten, sei Israel „auf der Stelle“zu Verhandlungen bereit. Die Palästinenserführung hatte den Plan bereits vorab als Verstoß gegen Unresolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Sie wirft Trump vor, in dem Konflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen, und boykottiert deshalb die Zusammenarbeit. Die Palästinenser haben zu einem „Tag des Zorns“nach der Veröffentlichung des Plans aufgerufen.
Trump betonte, dass „keine Israelis oder Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben werden“. Netanjahu sagte, der Plan erkenne die israelische Souveränität über alle israelischen Siedlungen im Westjordanland sowie das Jordantal an. In mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und in Ost-jerusalem leben heute 600 000 Israelis. Israels „Channel 12“sagte, laut Trumps Plan sollten 70 Prozent des Westjordanlands Teil eines palästinensischen Staates werden. 30 Prozent werde Israel sich einverleiben. Nach Medienberichten will Israels Regierung schon am Sonntag über die Annektierung des Jordantals und der israelischen Siedlungen abstimmen.
Jerusalem
Der Us-präsident betonte, Jerusalem werde die „ungeteilte Hauptstadt Israels“bleiben. Allerdings sagte er auch, dass die Palästinenser eine Hauptstadt in Ost-jerusalem haben werden. Die USA würden dort „stolz“eine Botschaft eröffnen. Der Plan spricht davon, dass die palästinensische Hauptstadt „einige Teile von Ostjerusalem“beinhalten soll. Der Status quo bezüglich des Juden und Muslimen heiligen Tempelbergs (Al-haram al-scharif/das edle Heiligtum) soll beibehalten werden. Jordanien, das bereits bisher mit den Palästinensern für die
Verwaltung der heiligen Stätten zuständig ist, soll weiter die Verantwortung dafür tragen.
Nach Aussage von Trump werde es erstmals eine „konzeptionelle Landkarte“geben, die aufzeigen werde, wo Israel zu Zugeständnissen bereit sei. Die USA würden sich dafür einsetzen, dass die Palästinenser
ein zusammenhängendes Territorium bekommen. Das Gebiet der Palästinenser werde sich mehr als verdoppeln. Die für einen künftigen Palästinenserstaat ausgewiesenen Flächen sollten in den kommenden vier Jahren unberührt bleiben, damit die Palästinenser die Anforderungen für einen eigenen Staat erfüllen können.
Palästinensische Flüchtlinge
Netanjahu sagte, der Plan mache klar, das Problem der palästinensischen Flüchtlinge müsse außerhalb Israels gelöst werden. Der Plan spricht davon, dass die Flüchtlinge die Wahl erhalten sollen, sich in dem neu gegründeten Palästinenserstaat niederzulassen, in den Ländern zu bleiben, in denen sie leben, oder in Drittländer umzuziehen. Die Zahl der Palästinenser, die 1948 im ersten Nahostkrieg flüchteten, sowie ihrer Nachkommen beträgt nach Unangaben inzwischen 5,5 Millionen.
Israels Sicherheit
Trump sagte, die USA strebten eine Zwei-staaten-lösung an, die Israels Sicherheit nicht gefährde. Der Plan spricht von einem „entmilitarisierten“Palästinenserstaat. Israel werde die Sicherheitskontrolle über das komplette Gebiet westlich des Jordans behalten – also das Westjordanland. Langfristig sollten die Palästinenser mehr Kontrolle erhalten. Netanjahu sagte, dem Plan nach müsse die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas entwaffnet werden und der Gazastreifen entmilitarisiert. Die Palästinenser müssten Israel als jüdischen Staat anerkennen.
Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland, Ost-jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Vereinten Nationen stufen die Gebiete als besetzt ein. Aus dem damals ebenfalls eroberten Gazastreifen ist Israel abgezogen. Die Palästinenser wollen in Westjordanland und Gazastreifen einen unabhängigen Staat mit der Hauptstadt Ost-jerusalem ausrufen.
Bereits vor der Präsentation des Plans demonstrierten gestern Hunderte Palästinenser im Gazastreifen dagegen. Demonstranten liefen mit palästinensischen Flaggen durch die Straßen. Reifen wurden verbrannt, Plakate zeigten Donald Trump mit Vampirzähnen und Hakenkreuz sowie mit einem rot durchgestrichenen Nahost-plan in den Händen. Israels Armee verstärkte die Truppen im Jordantal im besetzten Westjordanland. Diese Entscheidung sei aufgrund der aktuellen Lageeinschätzung erfolgt, teilte die Armee gestern mit.
Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas hat den Nahost-plan als Unsinn bezeichnet. „Der „Deal des Jahrhunderts“ist Nonsens, es ist ein feindlicher Deal“, sagte Chalil al-haja, ein führender Hamasvertreter. dpa