„Mein Stück“Beethoven
Eine ganz persönliche Anekdote
Thierry Hick hat mir letzthin zum 250. des Bonner Giganten aus dem Liebhaberherzen geschrieben und illustriert. Als geborener Rheinländer, dessen Mechelner Vater unter der gleichen Herrschaft wie „wir“zur Welt kam und dessen Mutter (Keverich) aus Ehrenbreitstein-koblenz stammte, dürfte Ludwig van Beethoven für unsere wackeren Genealogen vielleicht besonderes interessant sein.
In den frühen 1950er-jahren habe ich mich in den gratis! „Kléber-colombe-konzerten“von „en direct“Radio Luxembourg im „Cercle“u. a. regelrecht in die monumentalen Werke des Meisters verknallt; durfte auch neben meinem Musiklehrer Dr. mus. Jeanpierre Schmit Platz nehmen, das zu den feinen Kommentaren von Pierre Hiégel; Abbé Schmit schrieb seinerzeit darüber tiefgreifende Konzertrezensionen im „Luxemburger Wort“. Besonders der zweite Satz aus Beethovens siebter Symphonie, das „Allegretto“, hatte es mir angetan ... und mich bis heute nicht losgelassen.
Als ich dann vor 45 Jahren erstmals in Wien sein durfte, wollte ich unter keinen Umständen das Sterbehaus Beethovens, das „Schwarzspanierhaus“, verpassen, das ich dann auch in der Nähe, nach einem beeindruckenden Besuch des berühmten Freud-hauses
Das Stück Beethoven in der Fiole.
in der „Berggasse 9“, im gleichen Bezirk aufsuchte.
In Bonn verpasse ich das Beethovenhaus und seine Atmosphäre nie. Der erstaunlich vielfältige Exponatenreichtum dieses Gebäudes wirkt stets „beethovenbereichernd“. Natürlich klinkt das alles „romantisch“; was sollte daran so übel sein? Kommt noch hinzu, dass ich zumindest das Gefühl der Taubheit Beethovens leider teilen kann, und verstehe, wieso er einen Großteil seiner Werke völlig ertaubt schrieb; dass dies wohl möglich ist, fühle ich, natürlich – „toutes proportions gardées“– als Hörgeschädigter absolut nach: man kann eine Melodie lediglich „im Kopf erdenken“und sie niederschreiben! Sich sowas z. B. über die unter absoluter Taubheit komponierten fünf Symphonien und
Sonaten auch nur ansatzweise vorzustellen ... der Wahnsinn! Über diese Art von „Verwandtschaft“bin ich musikalisches „Sandkörnchen“dennoch nicht unglücklich.
Folgende Anekdote mag diesen oder jenen schmunzeln tun, durch sie besitze ich jedoch, im Sinne des Ausdrucks, einen Splitter Ludwig van Beethoven: 1975 stand ich ergriffen im Sterbezimmer Beethovens; es ist nicht eben mehr authentisch, weil das Haus anfangs des 20. Jahrhunderts abgetragen und wieder hergestellt worden war ... der neue Besitzer jedoch streng darauf hielt, die Wohnung Beethoven so echt wie möglich wieder aufzubauen, besonders das Sterbezimmer. Die originale Eichentür wurde an einer Wand im Raum befestigt ... und die hatte es mir angetan! Ich stellte mich mit dem Rücken zur Tür, kratzte und nestelte mit einem Daumennagel ... bis ich einen winzigen Splitter davon abbekam; ja, ja: verboten, verrückt, aber wahr. Ich wickelte das Splitterchen in ein Tempo-taschentuch, suchte die erstbeste Antiquitätenhandlung auf, erstand eine kleine „Fiole“, tat den Splitter hinein, verkorkte sie fest ... und so bleibt sie bis heute ... mein winziges, materielles Stück Beethoven! Lex Roth,
Luxemburg