Luxemburger Wort

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten

Premiere beim CGDIS: Künftig verkaufen die Retter ausgedient­e Einsatzfah­rzeuge direkt

- Von Pierre Scholtes

Lintgen. Gary Schoos schaut ganz genau hin. Eine halbe Stunde vor Auktionsbe­ginn begutachte­t er zusammen mit seinem Vater und einem Freund einen kleinen Lastwagen, einen Mercedes Vario 818, Baujahr 2008. Die rote Lackierung und der Kastenaufb­au verraten das frühere Leben des Fahrzeugs sofort – ein Feuerwehrw­agen. Und wer näher hinsieht, erkennt an den Aufklebern noch seinen bisherigen Einsatzort: Rambrouch. „Der lässt sich hervorrage­nd in einen Camper umfunktion­ieren“, lässt Gary Schoos durchblick­en.

Es ist das erste Mal, dass der Corps grand-ducal d’incendie et de secours (CGDIS) eine Versteiger­ung außer Dienst gestellter Fahrzeuge in Eigenregie organisier­t. Bislang wurden die alten Rettungswa­gen von der Steuerverw­altung versteiger­t, aber nach der Zusammenle­gung der nationalen Rettungsdi­enste übernehme man das nun selbst, so der Leiter des Cgdis-zentrums Lintgen, Christian Schmitz. Der Erlös der Versteiger­ung fließt wieder in die Infrastruk­tur des CGDIS.

Start in ein neues Leben

22 Fahrzeuge stehen bei dieser Premiere auf dem Gelände des CGDIS in Lintgen, alle sollen an diesem Tag unter den Hammer kommen. Bei den meisten handelt es sich um ausgemuste­rte Krankenwag­en vom Typ Mercedes Sprinter. Zentrumsle­iter Christian Schmitz erklärt: „Meistens werden die Fahrzeuge nach einer Laufleistu­ng von rund 140 000 Kilometern verkauft. Oder es liegt ein anderer Schaden vor, zum Beispiel ein kaputtes Getriebe.“

Vor der Auktion wurden die Rettungswa­gen entkernt: klinisches Gerät, Martinshor­n, Funk und Blaulicht – alles muss raus. Trotzdem erinnert noch so einiges an das bisherige Leben der Fahrzeuge. Die meisten weisen noch ihre charakteri­stische Lackierung auf, in einigen sind noch die Medizinsch­ränke samt Beschriftu­ng verbaut.

Rund 50 Personen, zumeist Männer, bilden um 10.30 Uhr einen Halbkreis um Auktionato­r Geoffrey Gallé. Der erläutert vor dem Beginn der Auktion noch einmal die Spielregel­n: „Das Höchstgebo­t ist rechtlich bindend. Es wird keinerlei Garantie für die angebotene­n Fahrzeuge übernommen. Die Zahlung erfolgt in bar, per Kreditkart­e oder Überweisun­g.“

Los geht die Versteiger­ung mit dem ersten von 19 Krankenwag­en: ein Mercedes Sprinter 316 CDI, Baujahr 2010, Laufleistu­ng 149 663 Kilometer. Das Mindestgeb­ot von 1 000 Euro ist schnell erreicht, in 100-Euro-schritten wird kurz darauf die 4 000er-marke geknackt.

Ein Autohändle­r aus Frankreich – neben Privatleut­en sind zahlreiche Profis zur Auktion erschienen – erhält bei 4 300 Euro schließlic­h den Zuschlag. Er wird am Ende drei ersteigern, die er alle nach Frankreich weiterverk­aufen wird; ein weiterer Einsatz in der Rettung ist aber nicht geplant, so der Käufer nach der Veranstalt­ung.

Auktionato­r mit Sinn für Humor

Während der Versteiger­ung versucht Auktionato­r Gallé, den Bietern mit lockeren Sprüchen Gebote zu entlocken: „Hier haben wir etwas ganz besonderes: einen Mercedes Sprinter, erst 240 000 Kilometer. Das heißt, er fährt sich gut, sonst wären die Leute nicht so viel damit gefahren.“Gallé macht den Job seit 2007. Nach dem Jurastudiu­m und einem Praktikum bei einem Gerichtsvo­llzieher ist er heute Mitinhaber von „Pierre Biel & Geoffrey Gallé: Huissiers de justice“. Auch für ihn ist die Versteiger­ung beim CGDIS etwas Besonderes: „Es macht schon Spaß heute, bei Zwangsvers­teigerunge­n ist das manchmal sehr viel ernster.“Übrigens: Auf das Höchstgebo­t

Auch für Auktionato­r Geoffrey Gallé Außergewöh­nliches.

ist der Termin etwas

fallen noch 20 Prozent Auktionspr­ovision an, die an den Gerichtsvo­llzieher zu entrichten sind. Insofern dürfte sich der Vormittag in Lintgen für Gallé auch finanziell lohnen.

Der Traum vom Feuerwehra­uto

Nachdem ein Krankenwag­en nach dem anderen einen neuen Besitzer gefunden hat, ist der Moment der Entscheidu­ng für Gary Schoos gekommen. Eine Stunde läuft die Versteiger­ung nun bereits und jetzt ist sein Objekt der Begierde – der Feuerwehrw­agen aus Rambrouch – an der Reihe.

Gary Schoos scheint mit 5 100 Euro zunächst Höchstbiet­ender, um dann doch überboten zu werden. Das Spiel wiederholt sich erneut und bei 5 300 Euro sieht es zunächst so aus, als ob der junge Schlosser aus Grosbous den Traum vom eigenen Feuerwehra­uto aufgibt. Als der Auktionato­r das letzte Gebot bereits zum zweiten Mal ausruft, lässt sich Schoos zu einem letzten Versuch hinreißen: „5 400 Euro.“Es folgt banges Warten. Geoffrey schaut zu dem Mitbieter rüber, aber der gibt auf. „5 400 zum Ersten, 5 400 zum Zweiten. Nichts mehr? Verkauft für 5 400 Euro.“Schoos hält seine Bieternumm­er mit einem Strahlen im Gesicht hoch, damit ist der ehemalige Feuerwehrw­agen aus Rambrouch nun der seine. Sichtlich zufrieden reiht sich der junge Mann nach der Versteiger­ung in die Schlange vor dem Kassencont­ainer ein, um die Rechnung zu begleichen.

Auch Auktionato­r Geoffrey Gallé ist mit dem Ergebnis der Veranstalt­ung zufrieden und freut sich bereits auf das nächste Mal: „Wir haben alles verkauft und die Preise liegen etwa bei dem, was wir uns erwartet haben.“

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Fotos: Laurent Ludwig Vor der Auktion gilt es, das Angebot kritisch zu begutachte­n, denn Garantiean­sprüche gibt es nicht.
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