„Sie säen den Samen für die Welt von morgen“
Buchautorin Nadège Fassi über gestresste Mütter, Leistungsdruck und wie man damit umgehen kann
Nadège Fassi (41) ist Mutter von drei Kindern. Nach der Geburt ihrer Zwillinge litt die Belgierin, die mittlerweile in Luxemburg lebt und als ganzheitliche Therapeutin arbeitet, an einem Burnout. Eine Auszeit bei einem Nomadenvolk in Afrika half ihr, zu sich zurückzufinden und brachte sie auf die Idee, ihr dort erlerntes Wissen an andere gestresste Mütter weiterzugeben. Mit dem „Luxemburger Wort“hat Nadège Fassi darüber gesprochen, warum Frauen permanent unter Druck stehen und was sie dagegen tun können.
Nadège Fassi, Weshalb haben Sie das Buch „Relax maman, respire“geschrieben?
Ich hatte eine Botschaft, die ich teilen wollte. Sie war so stark, dass ich sie nicht für mich behalten konnte. Die Gesellschaft banalisiert die Rolle der Mutter, als wäre es nichts.
Was wollen Sie den Müttern mitteilen?
Frauen leiden seit jeher unter dem Mythos der „perfekten Mutter“. Aber die perfekte Mutter aus den 1970er-jahren hat sich verändert. Feministen haben für die Gleichheit von Frauen und Männern gekämpft, das war wirklich genial. Aber gerade Mütter haben dabei etwas verloren: In den 1970er-jahren musste eine Mutter Kinder erziehen, den Haushalt schmeißen und sich eventuell um ihren Mann kümmern. Die „perfekte Mutter“von heute muss einen Beruf haben, sich um die Kinder kümmern, Sport machen, hübsch bleiben, immer gut gelaunt sein, jeder sagt ihr, wie sie ihre Kinder zu erziehen hat, die Kinder sollen möglichst vielen Aktivitäten nachgehen, sie soll gesund kochen, täglich frisch. Der Druck ist einfach zu groß. Viele Frauen versuchen, dem gerecht zu werden, aber das geht nicht.
Und was genau sollen die Frauen dagegen tun?
Sie sollen sich zurück auf sich selbst besinnen. Unsere heutige Gesellschaft treibt uns eher zum Gegenteil: Durch die sozialen Medien versuchen wir, uns anderen anzupassen. Aber wir sollten das Gegenteil tun – von uns ausgehen. Die weibliche Energie geht von innen nach außen. ich will den Frauen helfen, sich wieder mit ihrer weiblichen Energie zu verbinden. Gerade mit den sozialen Medien ist man immer dabei, sich zu vergleichen, statt auf sich selbst zu schauen.
Was bedeutet es, sich auf sich selbst rückzubesinnen?
Man nutzt seine eigenen Gaben und Talente. Eine Person, die gut Klavier spielen, aber nicht backen kann etwa: Warum verbringt sie ihren Nachmittag damit, mit ihrem Kind zu backen? Nur, weil sie gesehen hat, dass ihre Nachbarin perfekte Kuchen backen kann. Statt zu versuchen, Dinge wie die anderen zu machen, sollte man sich fragen, was man selbst gerne macht und kann. Und das kann man dann seinen Kindern zeigen.
Und darüber sprechen Sie auch in Ihrem Buch?
Ja. Ich habe ein siebenteiliges Programm entworfen, das Frauen zeigt, wie sie eine Mutterschaft leben können, die ihnen wieder mehr entspricht.
Bevor Sie Ihr Buch geschrieben haben, haben Sie mit einem Nomadenvolk in Afrika gelebt, wie kam es dazu?
2016 hatte ich ein Burn-out und war mit meinem Mann in Afrika. Dort hatte ich Menschen, die sich um meine Kinder gekümmert haben und ich konnte mich ausruhen. Ich habe Frauen eines Nomadenvolkes getroffen, die nach den Regeln ihrer Vorfahren leben. Das waren die glücklichsten Frauen, die ich je gesehen habe. Sie haben in sich geruht und wunderbar zusammengelebt.
Was war dort anders als hier?
Diese Frauen hatten vier oder fünf Kinder, nur wenig zum Leben, aber sie waren glücklich – sie sangen, lachten, tanzten. Ich wollte das auch, ich wollte ihr Geheimnis verstehen. Also bin ich zwei Monate lang dorthin gereist, um wirklich mit ihnen zu leben. Und dann habe ich es verstanden: Jeder dort macht das, was er gerne macht. Und jeder hat seinen Platz dabei. Beim Kochen etwa: Sie entscheiden, was sie zubereiten wollen, und ohne Absprache organisieren sich acht Frauen und jede weiß, was sie tut. Keine muss einer anderen sagen, was sie zu tun hat.
Was war die Rolle der Männer in diesem Volk?
Sie sind davon überzeugt, dass Frauen etwas Außergewöhnliches sind. Sie machen ihre Arbeit als Männer, unterstützen aber ihre Frauen, indem sie deren Arbeit wertschätzen. Für sie ist die Mutterrolle das Wichtigste in der Gesellschaft, denn Mütter legen den Grundstein für die Zukunft.
Sie haben nicht nur ein Buch geschrieben, sondern auch das Unternehmen
„Maman respire“gegründet ...
Ich organisiere Frauenkreise, bei denen ich den Betroffenen helfe, wieder zu sich zurückzufinden. Ich coache Frauen, die nicht mehr aus dem Hamsterrad des Alltags rauskommen oder sich unglücklich fühlen. Wenn man es nicht mehr schafft, seinen Alltag zu bewältigen, schämt man sich, man fragt sich, ob man die einzige ist. Ich will ihnen zeigen, dass sie nicht alleine damit sind. Selbst die perfekte Mutter aus dem Kindergarten hat diese Probleme.
Warum tappen Frauen überhaupt in die Leistungsfalle?
Frauen versuchen, die Eigenschaften der Männer anzunehmen, was Leistung, Effizienz oder Stärke angeht. Damit wollen sie zeigen, dass sie fähig sind mitzuhalten. Ich will einen Schritt zurückgehen: Lassen wir das den Männern. Wir sind Frauen, wir müssen nicht mehr machen, wir müssen nur sein, wie wir sind. Die Welt heute ist zu schnell für Familien. Eine Schwangerschaft etwa dauert neun Monate, das kann man auch mit mehr Leistung nicht beschleunigen.
Dennoch werden Frauen immer an ihrer Leistung gemessen: im Job, bei der Erziehung ...
Viele Unternehmen stellen gar keine Frauen ein, weil sie Angst vorm Mutterschaftsurlaub haben. Das ist ein echtes Problem. Frauen bekommen Kinder nicht, um die Gesellschaft zu ärgern. Wenn alle Frauen entscheiden würden, keine Kinder mehr zu bekommen, dann würde die Welt stehen bleiben. Ich will wirklich für die Rehabilitierung der Mutterrolle kämpfen. Sie leisten unglaubliche Arbeit. Das müssen wir anerkennen und ihnen danken. Zu Hause bleiben ist nicht immer schön. Es wäre manchmal einfacher, arbeiten zu gehen, als den ganzen Tag zu Hause zu sein.
Was genau kann eine gestresste Mutter denn tun, um aus dem Kreislauf auszubrechen?
Das kommt natürlich auf die Situation an. Es ist wichtig, sich auszutauschen. Früher, als man zum Wäschewaschen an den Brunnen gegangen ist, hatte man dort den Austausch über private und intime Dinge, nicht über Oberflächliches wie den letzten Urlaub. Was den modernen Frauen fehlt, ist diese Kommunikation. In Gesprächskreisen hat man einen geschützten Raum, wo man abladen oder einfach nur zusammen sein kann. Studien haben bewiesen, dass dabei Hormone ausgeschüttet werden, die das Stresslevel senken.
Welche Ratschläge geben Sie den Frauen, wenn sie über Ihre Probleme sprechen?
Ich sage ihnen immer, dass sie nicht bei ihren Verletzungen stehenbleiben sollen. Sie müssen sich davon erholen. Denn sie geben ihren Kindern weiter, wer sie sind. Eine unglückliche Mutter tut, was sie kann, aber sie gibt dieses Unglücklichsein an ihre Kinder weiter. Deshalb ist die Gesellschaft, wie sie ist. Frauen müssen sich bewusst werden, welche Rolle sie beziehungsweise ihre Kinder in der Welt von morgen spielen. Sie säen den Samen.
Was würden Sie den Frauen abschließend mit auf den Weg geben?
Man muss Kinder nicht alleine großziehen. Wenn eine Mutter ausgelaugt ist, ist das normal. Sie ist damit nicht alleine. Mütter sollten auf sich acht geben, sich mit anderen Müttern treffen und versuchen, aus den Gesprächen etwas für sich mitzunehmen. Sie sollten auf keinen Fall unglücklich bleiben. Sie verdienen es, glücklich zu sein und ihre Familien verdienen, sie glücklich zu sehen. Denn sie leisten eine unglaubliche Arbeit!
Es wäre manchmal einfacher, arbeiten zu gehen, als den ganzen Tag zu Hause zu sein.
Nadège Fassi: „Relax maman, respire!“, 208 Seiten, Selbstverlag, ISBN: 978-9995904876, 24 Euro
Washington. Das Weltraumteleskop „Spitzer“war an vielen spektakulären Entdeckungen maßgeblich beteiligt. Fast 17 Jahre lang habe das Teleskop „mit Infrarotwellenlängen nie dagewesene Blicke ins Universum“ermöglicht, sagt Nasa-projektmanager Michael Werner. Aber „Spitzer“ist altersschwach und soll morgen endgültig abgeschaltet werden. Vor rund anderthalb Jahren erst war die Mission eines weiteren bedeutenden Weltraumteleskops zu Ende gegangen, als „Kepler“der Sprit ausgegangen war.
Die „Spitzer“-mission war ursprünglich auf zweieinhalb Jahre angelegt. Das nach dem Astrophysiker Lyman Spitzer benannte Teleskop startete am 25. August 2003 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus – als letztes der vier sogenannten „Great Observatories“(Großen Beobachtungsinstrumente) der Us-raumfahrtbehörde Nasa. Die Vision: Vier Teleskope
Eine Darstellung des „Spitzer“teleskops vor einer Infrarotaufnahme der Milchstraße, die von dem Teleskop gemacht wurde.
mit verschiedenen Technologien untersuchen den Weltraum auf verschiedene Weise und erstellen damit eine Art Panorama.