Erneuter Rückschlag
Die Australian Open liegen Rafael Nadal nicht, in diesem Jahr scheitert er im Viertelfinale an Dominic Thiem
Es war kurz vor Mitternacht, als die schier unfassbare Aufholjagd abrupt zu Ende ging. Rafael Nadal (Weltranglistenposition: 1) beging nach vier Stunden und zehn Minuten erst seinen 33. sogenannten leichten Fehler, doch es war der eine Fehler zu viel. Beim dritten Matchball von Dominic Thiem (5) flog eine Vorhand des Spaniers knapp unterhalb des weißen Bandes ins Netz. Der Österreicher jubelte, schlug fast ungläubig die Hände auf den Kopf – Nadal dagegen packte seine Siebensachen und schlich mit gesenktem Haupt durch den Tunnel mit der Galerie der Sieger in die Kabine.
Dass Nadal diese Niederlage, seine erste im sechsten Duell mit Thiem bei einem der vier Grand Slams, an die Nieren ging, war danach kaum zu übersehen. 6:7 (3:7), 6:7 (4:7), 6:4, 6:7 (6:8): Ein Blick auf das Ergebnis reichte aus, um zu erklären, warum Thiem ein episches Match am Ende gewonnen hatte. Ihm waren die wichtigen Punkte gelungen. Sein Gegner, erkannte auch der „Stier aus Manacor“, habe gerade in den entscheidenden Momenten mit der richtigen Entstellung gespielt, mehr „Entschlossenheit“gezeigt.
Nur ein Mal Sieger
Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass die Australian Open nicht das Lieblingsturnier von Nadal sind: Nur ein Mal ist der Name des 19-maligen Grand-slam-sieger in der Galerie der Champions aufgelistet, und die Zahl, die dort steht, weist weit in die Vergangenheit: 2009. Seitdem stand Nadal noch vier Mal im Endspiel, auch im vergangenen Jahr – jedes Mal verlor er. Er ist der König von Roland Garros mit zwölf Triumphen auf der roten Asche, er siegte vier Mal in New York, und sogar zwei Mal in Wimbledon. Aber
Melbourne? Scheint nicht gerade sein Pflaster zu sein.
Nadal war der berechtigten Meinung, er habe „nicht schlecht gespielt“und sich jederzeit die „Chancen gegeben“, dieses Match noch zu gewinnen. Doch aus seinem Lob für Thiem war herauszuhören, was ihm diesmal fehlte. „Er hat“, sagte er über den Österreicher, „sehr aggressiv gespielt, großartige Bälle, auch aus schwierigen Positionen, er war in der Lage, unglaubliche Schläge zu machen“. Und, nicht zu vergessen: „Er ist jünger, er ist sehr schnell, er hat Power.“Mit Ausnahme von „jünger“treffen all diese Attribute auch auf Nadal zu: Aber er ist mit 33 Jahren dann eben doch sieben Jahre älter als Thiem. Und er ließ diesmal viele Chancen ungenutzt – untypisch für ihn.
So lag er in den ersten beiden Sätzen bereits mit einem Break vorne, im ersten schlug er sogar zum Satzgewinn auf, hatte einen Satzball – und vergab ihn. „Ein
Gilles Muller – Der ehemalige luxemburgische Topspieler analysiert die Situation im internationalen Spitzentennis. Der 36-Jährige ist eng mit dem Tennis verbunden. Er ist nicht nur Luxemburger Davis-cup-kapitän, sondern kommentiert auch Spiele für Tennis-tv von der ATP. Zudem berät er die belgische Spielerin Hélène Scholsen und bringt mit der Trainingsstruktur Letzserv Spitzenspieler wie Pierre-hugues Herbert (F) in Form. wichtiger Moment“sei dies in diesem Match gewesen, bekannte Nadal. Und es war nicht der letzte wichtige Moment, in dem Thiem diesmal einfach besser war.
Morgen wartet auf den Österreicher die nächste Hürde. Im Halbfinale trifft er von 9.30 Uhr an (Luxemburger Zeit) auf Alexander Zverev (D/7). Im zweiten Halbfinale stehen sich bereits heute zur gleichen Zeit Novak Djokovic (SER/2) und Roger Federer (CH/3) gegenüber. sid