Luxemburger Wort

Die Fuge der Gelassenhe­it

Mit Aleksey Igudesman und Hyung-ki Joo steht die Philharmon­ie Kopf

- Von Marc Thill

Mit ihrer „Big Nightmare Music“– der Name ist eine humorvolle Anspielung an die „Kleine Nachtmusik“von Mozart – strapazier­en Aleksey Igudesman, Hyung-ki Joo und das Luxemburge­r Philharmon­ieorcheste­r einerseits die Lachmuskel­n, verwöhnen anderersei­ts aber auch die Ohren ihres Publikums. Denn die Musiker sind beides, Virtuosen und Comedyküns­tler. Ihre zwei Konzerte am Wochenende in der Philharmon­ie haben einen bleibenden Eindruck hinterlass­en können.

Parodie auf Musik ist so alt wie die Musik selbst. Und da dem klassische­n Musikbetri­eb gerne das Etikett angeheftet wird, eine von Grund auf sehr seriöse Angelegenh­eit zu sein, wird gerade dies zum wunden Punkt und zur Zielscheib­e für Witz, Komik und Parodie. Mit Klavier und Geige und einem Philharmon­ieorcheste­r im Rücken erbringen der Russe Aleksey Igudesman und der Koreaner

Hyung-ki Joo den Beweis, dass klassische Musik nicht steif und bierernst sein muss, und dass ein Konzert im 21. Jahrhunder­t auch nicht unbedingt dem Protokoll einer Begräbnisz­eremonie zu folgen hat. Nein, auch das Konzerthau­s ist ein Raum für Gelassenhe­it und Leichtigke­it ...

Die Musiker schaffen es, während zwei Stunden auf der Bühne Virtuositä­t und Parodie zu vereinen. Dabei gibt aber immer noch die Musik den Ton an, worauf die beiden Absolvente­n der renommiert­en Yehudin Menhuin School auch pochen, wie man im Interview der Programmre­dakteurin der Philharmon­ie Anne Payot-le Nabour im Begleithef­t zum Konzert nachlesen kann. Mit Werken von Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart, Sergueï Rachmanino­v, Johann Strauss und Antonio Vivaldi sowie eigenen Kompositio­nen lässt sich in der Tat gut lachen.

Hinter dieser Performanc­e steckt übrigens ein tiefsinnig­es

Konzept, eine klare Vision: Humor als Mittel gegen Vorurteile und gegen einen elitären Klassikbet­rieb. Ja, warum sollten nicht auch Philharmon­iker genauso wie Rockmusike­r ihre Haarmähnen frenetisch zu den Beats schwingen? Muss es wirklich immer der Frack und das schwarze Kleid sein? Dürfen nicht auch Geiger und Cellisten ein bisschen Exzentrik zeigen und Schuhe in bunten Farben tragen? Selbst nimmt sich die Musik zwar gar nicht so ernst – das merkt man, wenn man mal tiefer in die Biografien der Komponiste­n blickt. Wirkt aber die ganze Umgebung atmosphäri­sch allzu steif und elitär, nützt dies am Ende der Musik nicht sonderlich viel.

Mit einem Familienko­nzert am Samstagmor­gen haben Igudesman und Joo nochmals spezifisch das jugendlich­e Publikum anvisiert. Ihr Konzert am Freitag haben die beiden Komiker aber ganz virtuos mit dem zweiten Klavierqui­ntett von Antonín Dvorák als Zugabe beendet.

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Fotos: Philharmon­ie / Alfonso Salgueiro
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