Transparenz tut not
Der Waringo-bericht legt die Missstände am großherzoglichen Hof schonungslos offen. Das Dokument ist sachlich, unpolemisch und unpolitisch und es enthält konkrete Lösungsvorschläge. Aus dem Bericht geht aber auch klar hervor, dass die Institution der Monarchie (noch) nicht in Gefahr ist, dass es sich vielmehr um Managementfehler beim „Unternehmen“Cour grand-ducale handelt. Die Untersuchung war längst überfällig.
Premier Bettel lag daher vollkommen richtig, als er den Bericht im Sommer in Auftrag gegeben hat. Es war dazu ein kluger Schachzug, den langjährigen Chef der Inspection générale des finances, Jeannot Waringo, mit dieser heiklen Mission zu betrauen. Bettel wäre allerdings gut beraten gewesen, wenn er die Analyse nicht unkommentiert in die Öffentlichkeit gegeben hätte, sondern – wie bei wichtigen Gesetzentwürfen üblich – erst im zuständigen Ausschuss und anschließend vor der Presse präsentiert hätte. So aber hat er die Deutungshoheit freiwillig und ohne Not abgegeben. Er hat bewusst in Kauf genommen, dass die Gerüchte übers Wochenende einmal mehr ins
Kraut geschossen sind, weil er sich Zeit verschaffen wollte, um die Stimmung in der Bevölkerung auszuloten, um sich danach erst zu positionieren. Weil er nicht Stellung bezogen hat, wissen bis heute weder die Politik noch die Bevölkerung, wie es weitergeht. Bislang ist nicht einmal klar, ob die Regierung oder das Parlament am Zuge ist, oder vielleicht auch beide.
Erwartungsgemäß konzentriert sich das Interesse auf die zwei Seiten des Berichts, in denen es um die Rolle der Großherzogin geht. Sicher, sie ist Teil des Problems. Sie trägt in nicht unerheblichem Maße die Verantwortung für die Personalprobleme am Hof. Sie hat ihre Kompetenzen überschritten, doch sie wurde offensichtlich nicht in ihre Schranken verwiesen.
Doch wo liegen überhaupt die Grenzen für die Ehefrau eines luxemburgischen Staatsoberhaupts? Die Funktion ist nirgendwo definiert, weder die Verfassung noch die Gesetze kennen diese Rolle. Folglich sind auch die Rechte und Pflichten nicht verbindlich festgehalten. Die Verfehlungen der Großherzogin sind daher auch – aber nicht nur – eine Konsequenz der strukturellen Schieflage bei der Cour grand-ducale. Auch das zeigt der Waringo-bericht unmissverständlich auf.
Das äußere Erscheinungsbild des Hofes wurde im Verlauf der Jahre immer wieder überarbeitet, doch das Fundament wurde – im Gegensatz zu anderen europäischen Königshäusern – nie an die Bedingungen des 21. Jahrhundert angepasst. Und genau hier liegt das zentrale Problem. Der großherzogliche Hof agiert auch heute noch nach den Spielregeln des vorigen Jahrhunderts. In dem Punkt hat allerdings auch die Politik in all den Jahren versagt.
Wenn 2020 nicht zum Annus horribilis für die luxemburgische Monarchie werden soll, dann muss der Großherzog die Vorschläge von Jeannot Waringo beherzigen, er muss sich aktiv in die strukturelle Modernisierung des großherzoglichen Hofes einbringen, er muss mehr Transparenz zulassen, allen internen Widerständen zum Trotz.
Aus dem Bericht geht hervor, dass die Institution der Monarchie
nicht in Gefahr ist.
Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu