Manchmal fehlt der Mut
Mit Rückkehrerin Stéphanie Thill stehen die Handballfrauen der Red Boys erstmals in der Titelgruppe
Stéphanie Thill war schon mal ganz oben. 2018 wurde sie mit dem HB Käerjeng Meister. Dann trat sie aus beruflichen Gründen zurück. Zu Beginn dieser Saison gab sie ihr Comeback in der Axa League im Frauenhandball – in verantwortungsvoller Rolle beim noch relativ unerfahrenen Team der Red Boys Differdingen. „Ich fand es interessant, mit einer jungen Mannschaft und Luxemburger Spielerinnen zu arbeiten. Ich wollte die Herausforderung, mit ihnen etwas aufzubauen“, erklärte Thill.
Die 26-Jährige und die Mitspielerinnen sind schon gut vorangekommen. In der dritten Saison nach dem Aufstieg hat die Mannschaft erstmals die Titelgruppe erreicht. Nach dem vorletzten Spieltag der Normalrunde stehen die Red Boys als Tabellenvierte besser da als erwartet.
Rückschläge gab es aber auch, denn manchmal fehlte den jungen Handballerinnen etwas der Mut. So wie am vergangenen Wochenende beim 28:34 gegen CHEV Diekirch, einem der Favoriten der Meisterschaft. „Vieles ist bei uns Kopfsache, schon ehe das Spiel beginnt. Bei Duellen gegen Topteams wie Käerjeng, Düdelingen und Diekirch glauben einige unserer Spielerinnen immer noch, dass wir nicht mithalten können. Meiner Ansicht nach ist das nicht der Fall“, so Thill. Sie wurde aufgrund ihrer Erfahrung bei den Differdingerinnen schnell zur Führungsspielerin. „Ich sehe uns aber als Kollektiv. Es soll nicht so sein, dass eine allein alles entscheidet.“
Von ihren Kolleginnen sind viele erst um die 20 Jahre oder jünger. Die meisten Spielerinnen spielen schon seit der Jugend zusammen. Anfangs hatten sie sich sehr schwer in der höchsten Frauenliga getan und Niederlage um Niederlage kassiert, doch allmählich kamen die Erfolgserlebnisse. Mehrere Spielerinnen sind auch in der Nationalmannschaft.
In der aktuellen Saison konnten sie erstmals auch die etablierten Teams ärgern, sie holten beispielsweise ein Unentschieden gegen den HB Düdelingen und gewannen gegen den HB Museldall. Die Erfahrung von Neuzugang Thill half dabei. „Wir sind froh, dass sie da ist“, sagte die 19-jährige Tania Soberano, die mit neun Treffern gegen Diekirch die erfolgreichste Werferin ihrer Mannschaft war.
Mit den schnellen Angriffen des starken CHEV kamen die Red Boys jedoch zunächst überhaupt nicht zurecht. In der ersten Halbzeit sah es danach aus, als kämen sie im Norden mächtig unter die Räder. „Kollektiv stimmte nichts“, kritisierte Trainer Michel Scheuren. „Wenn es nicht läuft, haben wir Probleme, uns wieder zu fangen. Da fehlt das Selbstvertrauen“, meinte der 55-Jährige. In der zweiten Halbzeit bewiesen seine Spielerinnen Kämpferherz. „Sie haben bis zur letzten Sekunde nicht aufgegeben, das hat mir gefallen“, so Scheuren, der die Mannschaft seit der Gründung trainiert.
Abschlussprüfungen warten
Abgesehen vom Selbstvertrauen ist die zweite Saisonhälfte für das Team auch deshalb schwieriger, weil mehrere Spielerinnen durch Abschlussprüfungen an der Schule
belastet sind. Zudem verfügt es aufgrund der Auszeit der ebenfalls vor dieser Saison gekommenen Nathalie Rischard nur noch über eine Torhüterin, Ines Almeida, die in Diekirch einen schweren Stand hatte. Scheuren rechnet auch mit sportlichen Rückschlägen, wenn zur nächsten Spielzeit einige Akteurinnen mit dem Studium beginnen.
Trotzdem möchten die Frauen aus Differdingen langfristig immer besser werden. „Wir freuen uns, dass wir so weit gekommen sind. Aber wir hören nicht auf, wir wollen weiterkämpfen“, meinte
Soberano. Thill, obwohl enttäuscht über die Niederlage, hat ihre Rückkehr aufs Spielfeld nach einem Jahr Pause nicht bereut: „Es macht Spaß zu sehen, welche Fortschritte die Mannschaft macht.“