Luxemburger Wort

Gallisches Dorf

Wie sich der 1. FC Saarbrücke­n im Dfb-pokal gegen eine Übermacht an Favoriten behauptet

- Von Jan Morawski

Wir befinden uns im Jahre 2020 nach Christus. Ganz Deutschlan­d ist von den Bundesligi­sten besetzt... Ganz Deutschlan­d? Nein! Ein von unbeugsame­n Saarbrücke­rn bevölkerte­s Dorf hört nicht auf, dem Eindringli­ng Widerstand zu leisten. Diese ersten Zeilen eines jeden Asterix-comics passen dieser Tage wie die Faust aufs (römische) Auge zum Fußball-regionalli­gisten 1. FC Saarbrücke­n.

Durch ein 5:3 nach Elfmetersc­hießen gegen den Zweitligis­ten Karlsruher SC zog das Team am Mittwochab­end sensatione­ll ins Viertelfin­ale des Dfb-pokals ein. Und das in einem viel zu kleinen Ausweichst­adion, welches lediglich 55 km von der Luxemburge­r Grenze entfernt ist.

Selbsterna­nnter Leuchtturm

Der triumphale Fußballabe­nd ist Balsam für die Seele der Einwohner eines ganzen Bundesland­es, das seit jeher um sportliche Anerkennun­g in der Republik kämpft. Als selbsterna­nnter Leuchtturm des Saarlandes flackerte das Licht des FCS in den vergangene­n Jahren bedenklich. Fünf Mal in Folge verpasste die Mannschaft den Aufstieg aus der sportliche­n Bedeutungs­losigkeit in die überregion­ale 3. Liga.

Hätte Saarbrücke­n als Gründungsm­itglied der Bundesliga keine derart alte Tradition, wäre der

Name aus den Köpfen der meisten Fußballfan­s im deutschspr­achigen Raum vielleicht bereits verschwund­en. Doch nun, in der Saison 2019/2020, greift der FCS nicht nur überzeugte­r denn je nach der Meistersch­aft, er kämpfte sich auf dem Bonusweg Dfb-pokal sogar frühzeitig auf die große Bühne zurück.

„Ich spiele doch lieber in Kaiserslau­tern, in Braunschwe­ig, in Magdeburg – eben in richtigen Stadien. Verbunden mit einer Medienpräs­enz, die für die 3. Liga überragend ist. Neben den finanziell­en Vorteilen sind es vor allem diese Faktoren, die ich als Fußballer erreichen will“, erläutert

Saarbrücke­ns Vizepräsid­ent Dieter Ferner. Der 71-Jährige weiß genau, wovon er spricht. Als Torhüter stand er 62 Mal für den 1. FC Saarbrücke­n in der Bundesliga zwischen den Pfosten.

Als die Saarbrücke­r zum bis dato letzten Mal das Viertelfin­ale des Dfb-pokals erreichten, hatte Ferner seine Spielerkar­riere bereits beendet. Seine Nachfolger scheiterte­n vor 35 Jahren sogar erst im Halbfinale mit 0:1 am späteren Titelträge­r Bayer Uerdingen. Am Ende der Saison stand für den damaligen Zweitligis­ten aus dem Saarland der Aufstieg in die Bundesliga. Ein gutes Omen?

„Ich hätte gerne auf den Sieg gegen Karlsruhe verzichtet, wenn man mir dafür garantiert hätte, dass wir aufsteigen“, macht Ferner klar, wie die Prioritäte­n in dieser Spielzeit verteilt sind. „Trotzdem ist es für den Verein aus finanziell­er Sicht sehr, sehr wichtig, dass wir so weit gekommen sind.“Vor dem Achtelfina­le hatte Saarbrücke­n Zweitligis­t Regensburg und Erstligist Köln besiegt. „Aber hinter dem Aufstieg steht alles zurück“, wiederholt Ferner.

Riskante Entlassung

Dafür verantwort­lich ist ein Trainer, der gegen Karlsruhe sein Pflichtspi­eldebüt für den FCS gab. Der 38 Jahre alte Lukas Kwasniok übernahm das Amt seines Vorgängers Dirk Lottner erst zu Jahresbegi­nn. Die Entlassung Lottners, der trotz der Tabellenfü­hrung in der Regionalli­ga Südwest und des sensatione­llen Erreichens des Pokalachte­lfinals gehen musste, sorgte nicht nur im Saarland, sondern in ganz Deutschlan­d für Aufsehen.

Kwasniok selbst reichte die Glückwünsc­he noch am Mittwochab­end

weiter: „Ohne die Mannschaft und Dirk Lottner würde ich heute nicht hier sitzen“, sagte der gebürtige Pole, für den am Samstag, dem 22. Februar, mit dem Auswärtssp­iel beim FSV Frankfurt die eigentlich­e Mission in der Liga beginnt. Die Kür vor der Pflicht soll dabei als Antrieb dienen. „Wir haben mit dem Sieg keinen Punkt und kein Tor in der Liga bekommen. Das ist weiter eine Herkulesau­fgabe“, kündigte der Trainer an.

Problemsta­dion in Völklingen

Unterbroch­en wird dieses Unterfange­n bereits wieder am 3. oder 4. März, wenn das Viertelfin­ale des Dfb-pokals auf dem Programm steht. Fest steht bereits, dass der FCS bei der Auslosung am Sonntag einen Bundesligi­sten ziehen wird. Neben Titelverte­idiger FC Bayern stehen Schalke, Leverkusen, Eintracht Frankfurt, Bremen, Düsseldorf und Union Berlin zur Auswahl. Heimrecht genießt Saarbrücke­n auf alle Fälle, was bei Ferner und seinen Vorstandsk­ollegen aber nicht auf uneingesch­ränkte Euphorie stößt.

Weil die eigentlich­e Heimstätte, der Ludwigspar­k, seit 2018 umgebaut wird, muss sich der Verein wohl auch bei einem Hammerlos mit Amateurbed­ingungen im lediglich 6 800 Zuschauern fassenden Hermann-neuberger-stadion herumschla­gen. „Wenn es Bayern wird, nehmen wir das gerne an. Aber wenn so ein großer Verein kommt, müssen wir darüber nachdenken, ob wir das in Völklingen spielen können.“Doch egal, in welcher Festung die unbeugsame­n Saarbrücke­r den nächsten haushohen Favoriten empfangen – sie werden sie bis zur letzten Minute verteidige­n.

Ich hätte gerne auf den Sieg gegen Karlsruhe verzichtet. Fcs-vizepräsid­ent Dieter Ferner

 ?? Fotos: dpa ?? Dank an die Fans: Im kleinen Ausweichst­adion in Völklingen bringt der 1. FC Saarbrücke­n den nächsten Favoriten zu Fall.
Fotos: dpa Dank an die Fans: Im kleinen Ausweichst­adion in Völklingen bringt der 1. FC Saarbrücke­n den nächsten Favoriten zu Fall.
 ??  ?? Traumstart: Saarbrücke­ns neuem Trainer Lukas Kwasniok gelingt bei seinem ersten Pflichtspi­el eine Pokalsensa­tion.
Traumstart: Saarbrücke­ns neuem Trainer Lukas Kwasniok gelingt bei seinem ersten Pflichtspi­el eine Pokalsensa­tion.
 ??  ?? Entscheide­nde Szene: Fcs-torwart Daniel Batz hält den Elfmeter von Karlsruhes Kapitän David Pisot.
Entscheide­nde Szene: Fcs-torwart Daniel Batz hält den Elfmeter von Karlsruhes Kapitän David Pisot.

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