Romantische Handwerkskunst
Wie die Luxemburger Nachwuchsdesignerin Fanny Bervard Perlenschmuck neu erfindet
Wenn man die goldenen Creolen mit den weiß schimmernden Süßwasserperlen an ihren Ohren sieht, ist man als Frau schon ziemlich schnell verliebt. Nicht nur in das von Hand gemachte Paar Ohrringe, das sie unter dem Label „Romantico Romantico“vertreibt, sondern auch in das charmante Wesen der 29-Jährigen. Ihre Kreationen sind Unikate, schon deshalb, weil jede Perle aufgrund ihrer naturgegebenen Unperfektheit einzigartig ist. „Die Idee kam mehr oder weniger aus dem Nichts“, sagt Fanny Bervard. „Ich bin kein Schmucktyp, aber Ohrringe trage ich immer. Und da ich selten richtig schöne fand, habe ich angefangen, selbst welche zu machen.“
Jahrelang stöberte sie auf Flohund Antikmärkten nach Schmuck, kaufte viele Süßwasserperlenketten und -armbänder, trug sie aber fast nie. „Sie waren zu schade, um nur zu Hause rumzuliegen, also überlegte ich, was ich stattdessen mit ihnen anfangen könnte.“Sie probierte, bohrte und bastelte, vergrößerte schließlich die vorhandenen Löcher, bis sie sich durch die dicken „Hoops“(englischer Fachbegriff für Ohrschmuckringe) aus vergoldetem Silber schieben und entsprechend positionieren ließen.
Lehrjahre in der ganzen Welt
Es war der fast klassische Startschuss einer dieser individuellen Erfolgsgeschichten, die mit der Erfüllung eines persönlichen Bedürfnisses beginnen, dem Freundschaftsbestellungen folgen, bald schon Verkaufsstellen im Handel und jüngst ein eigener Onlineshop. Ihre Vorliebe für Asymmetrie, die sich in zwei leicht ungleichen Stücken vieler Paare zeigt, wurde zur Besonderheit ihrer nach und nach wachsenden Kollektion.
„Geplant hatte ich es nicht, aber das Gestalten macht mir großen Spaß und ich habe Lust, mein Business weiterzuentwickeln, vielleicht auch in Richtung Mode.“Die gebürtige Luxemburgerin aus Limpertsberg fühlte sich kreativen Themen schon immer näher als den wissenschaftlichen, liebt Mode und schönes Design. Sie fand bereits während des Studiums auch aus professioneller Sicht Gefallen an der Modebranche. Ihr Bachelorstudium der Fachrichtung Modemarketing und -kommunikation absolvierte sie in Barcelona und Mailand, ihr Masterstudium brachte sie im Jahr 2016 zurück in die Heimat.
Währenddessen und dazwischen sammelte sie berufliche Erfahrungen in ihren Universitätsstädten, auch in Berlin und New York, arbeitete dort für Designer wie William Fan und Boris Bidjan Saberi, Unternehmen wie The Row und Luxottica, den weltgrößten Brillenhersteller zahlreicher Luxusmodemarken. „Heute macht so vieles noch mehr Sinn, was ich schon alles beruflich gemacht habe. Ich profitiere sehr von dem Wissen, das ich mir aneignen konnte.“Wie entwickelt man die richtige Preisstruktur? Worauf kommt es bei der Vermarktung an? Welche Kontakte sind wichtig? Die Liste an „Learnings“sei lang, so die Jungunternehmerin. Auch ihr fester Vollzeitjob habe letztlich eine entscheidende Rolle gespielt und tut es noch.
Handwerkskunst nach Feierabend „Ich produziere abends nach der Arbeit und sonntags in meinem Atelier zu Hause. Da musst Du schon lieben, was Du tust, sonst wäre es zu viel“, räumt Fanny Bervard ein. „Aber mein Job bot mir von Anfang an Chancen, mein eigenes Business nebenbei zu führen, und meine Chefin, mit der ich auch seit vielen Jahren befreundet bin, unterstützt mich sehr.“Bervard
ist Einkäuferin bei Vitrin, der Modeboutique von Carolyn Gobran. Der gemeinsame Besuch von Modewochen und Showrooms der Designer gehört dabei zum Alltag. So sehe sie zum einen die Trends und habe zum andern schnell verstanden, dass ihr Schmuck zu allen Stilen und Saisons passe.
„Das Design meiner Ohrringe ist minimalistisch und zeitlos, wie Perlen per se, aber sie haben auch etwas Romantisches. So wie die feminine Mode der Labels, die wir vertreiben. Kundinnen sprachen mich schnell auf meine Ohrringe an und Carolyn gab mir die Chance, meinen Schmuck in ihrem Store zu verkaufen.“Weitere Bestellungen erreichen sie über Instagram.
Zuletzt verschickte sie Päckchen nach Kopenhagen, Berlin und Paris.
Pop-up-stores
In Luxemburg gibt es zwei Entwicklungen im stationären Handel: die Entstehung und der Ausbau von Malls und eines Kaufhauses auf der einen, das Sterben des Einzelhandels auf der anderen Seite. Ein Konzept, das gut zu funktionieren scheint und das sich wachsender Beliebtheit erfreut, sind Pop-up-stores. Auch für die Nachwuchsdesignerin Fanny Bervard ist dieser Ansatz von Erfolg gekrönt. Im „Café des Capucins“schlug sie schon zweimal ihr Schmucklager auf und wird es wieder tun. „Der Zuspruch ist wirklich toll und das macht Lust auf mehr“, sagt die schöne Kreative. Zu den Ohrringen kamen bereits Armbänder und enge Halsketten, sogenannte Choker hinzu, die sie auf Maß anfertigt.
Dabei immer an ihrer Seite: Freund Olivier, Mutter und Schwester sowie ihre Freunde – nach denen sie im Übrigen ihre Modelle benennt. Die „Loli Hoop“sind ihrer Schwester Laurence gewidmet, „Mimi Earring“ihrer Mutter, „Lisa Hoop“ihrer besten Freundin und die „Toskana Oli Hoop“einem unvergesslichen Urlaub mit guten Freunden in Italien. „Meine ersten Stücke habe ich im Atelier der Mutter meines
Freundes gefertigt. Damit ich auch von zu Hause aus arbeiten kann, hat Olivier mir dann eine kleine Werkstatt in unserer Wohnung gebaut.“Und der ausgebildete Ingenieur und Hobbysegler brachte ihr außerdem bei, wie ein echter Fischerknoten geht, mit dem sie heute ihre Ketten und Armbänder sicher schließt.
Bei all diesen Geschichten wundert es wenig, dass ihr Label „Romantico Romantico“heißt. So einfach war die Namensfindung jedoch anfangs nicht. „Es fiel mir schwer, einen geeigneten Namen zu finden. Er sollte romantisch sein, aber nicht zu verspielt, und ich wollte, dass er in jeder Sprache gut ausgesprochen werden kann. So kam ich auf ,Romantico Romantico’“, resümiert Fanny Bervard. „Mein Freund und meine Freundinnen fanden den Namen toll, meine Mutter und meine Schwester gar nicht, aber komischerweise habe ich ihn trotzdem genommen und bin jetzt sehr happy damit.“
Ich wollte, dass der Name in jeder Sprache gut ausgesprochen werden kann.
Fanny Bervard