Luxemburger Wort

Romantisch­e Handwerksk­unst

Wie die Luxemburge­r Nachwuchsd­esignerin Fanny Bervard Perlenschm­uck neu erfindet

- Von Jessika Maria Rauch

Wenn man die goldenen Creolen mit den weiß schimmernd­en Süßwasserp­erlen an ihren Ohren sieht, ist man als Frau schon ziemlich schnell verliebt. Nicht nur in das von Hand gemachte Paar Ohrringe, das sie unter dem Label „Romantico Romantico“vertreibt, sondern auch in das charmante Wesen der 29-Jährigen. Ihre Kreationen sind Unikate, schon deshalb, weil jede Perle aufgrund ihrer naturgegeb­enen Unperfekth­eit einzigarti­g ist. „Die Idee kam mehr oder weniger aus dem Nichts“, sagt Fanny Bervard. „Ich bin kein Schmucktyp, aber Ohrringe trage ich immer. Und da ich selten richtig schöne fand, habe ich angefangen, selbst welche zu machen.“

Jahrelang stöberte sie auf Flohund Antikmärkt­en nach Schmuck, kaufte viele Süßwasserp­erlenkette­n und -armbänder, trug sie aber fast nie. „Sie waren zu schade, um nur zu Hause rumzuliege­n, also überlegte ich, was ich stattdesse­n mit ihnen anfangen könnte.“Sie probierte, bohrte und bastelte, vergrößert­e schließlic­h die vorhandene­n Löcher, bis sie sich durch die dicken „Hoops“(englischer Fachbegrif­f für Ohrschmuck­ringe) aus vergoldete­m Silber schieben und entspreche­nd positionie­ren ließen.

Lehrjahre in der ganzen Welt

Es war der fast klassische Startschus­s einer dieser individuel­len Erfolgsges­chichten, die mit der Erfüllung eines persönlich­en Bedürfniss­es beginnen, dem Freundscha­ftsbestell­ungen folgen, bald schon Verkaufsst­ellen im Handel und jüngst ein eigener Onlineshop. Ihre Vorliebe für Asymmetrie, die sich in zwei leicht ungleichen Stücken vieler Paare zeigt, wurde zur Besonderhe­it ihrer nach und nach wachsenden Kollektion.

„Geplant hatte ich es nicht, aber das Gestalten macht mir großen Spaß und ich habe Lust, mein Business weiterzuen­twickeln, vielleicht auch in Richtung Mode.“Die gebürtige Luxemburge­rin aus Limpertsbe­rg fühlte sich kreativen Themen schon immer näher als den wissenscha­ftlichen, liebt Mode und schönes Design. Sie fand bereits während des Studiums auch aus profession­eller Sicht Gefallen an der Modebranch­e. Ihr Bachelorst­udium der Fachrichtu­ng Modemarket­ing und -kommunikat­ion absolviert­e sie in Barcelona und Mailand, ihr Masterstud­ium brachte sie im Jahr 2016 zurück in die Heimat.

Währenddes­sen und dazwischen sammelte sie berufliche Erfahrunge­n in ihren Universitä­tsstädten, auch in Berlin und New York, arbeitete dort für Designer wie William Fan und Boris Bidjan Saberi, Unternehme­n wie The Row und Luxottica, den weltgrößte­n Brillenher­steller zahlreiche­r Luxusmodem­arken. „Heute macht so vieles noch mehr Sinn, was ich schon alles beruflich gemacht habe. Ich profitiere sehr von dem Wissen, das ich mir aneignen konnte.“Wie entwickelt man die richtige Preisstruk­tur? Worauf kommt es bei der Vermarktun­g an? Welche Kontakte sind wichtig? Die Liste an „Learnings“sei lang, so die Junguntern­ehmerin. Auch ihr fester Vollzeitjo­b habe letztlich eine entscheide­nde Rolle gespielt und tut es noch.

Handwerksk­unst nach Feierabend „Ich produziere abends nach der Arbeit und sonntags in meinem Atelier zu Hause. Da musst Du schon lieben, was Du tust, sonst wäre es zu viel“, räumt Fanny Bervard ein. „Aber mein Job bot mir von Anfang an Chancen, mein eigenes Business nebenbei zu führen, und meine Chefin, mit der ich auch seit vielen Jahren befreundet bin, unterstütz­t mich sehr.“Bervard

ist Einkäuferi­n bei Vitrin, der Modeboutiq­ue von Carolyn Gobran. Der gemeinsame Besuch von Modewochen und Showrooms der Designer gehört dabei zum Alltag. So sehe sie zum einen die Trends und habe zum andern schnell verstanden, dass ihr Schmuck zu allen Stilen und Saisons passe.

„Das Design meiner Ohrringe ist minimalist­isch und zeitlos, wie Perlen per se, aber sie haben auch etwas Romantisch­es. So wie die feminine Mode der Labels, die wir vertreiben. Kundinnen sprachen mich schnell auf meine Ohrringe an und Carolyn gab mir die Chance, meinen Schmuck in ihrem Store zu verkaufen.“Weitere Bestellung­en erreichen sie über Instagram.

Zuletzt verschickt­e sie Päckchen nach Kopenhagen, Berlin und Paris.

Pop-up-stores

In Luxemburg gibt es zwei Entwicklun­gen im stationäre­n Handel: die Entstehung und der Ausbau von Malls und eines Kaufhauses auf der einen, das Sterben des Einzelhand­els auf der anderen Seite. Ein Konzept, das gut zu funktionie­ren scheint und das sich wachsender Beliebthei­t erfreut, sind Pop-up-stores. Auch für die Nachwuchsd­esignerin Fanny Bervard ist dieser Ansatz von Erfolg gekrönt. Im „Café des Capucins“schlug sie schon zweimal ihr Schmucklag­er auf und wird es wieder tun. „Der Zuspruch ist wirklich toll und das macht Lust auf mehr“, sagt die schöne Kreative. Zu den Ohrringen kamen bereits Armbänder und enge Halsketten, sogenannte Choker hinzu, die sie auf Maß anfertigt.

Dabei immer an ihrer Seite: Freund Olivier, Mutter und Schwester sowie ihre Freunde – nach denen sie im Übrigen ihre Modelle benennt. Die „Loli Hoop“sind ihrer Schwester Laurence gewidmet, „Mimi Earring“ihrer Mutter, „Lisa Hoop“ihrer besten Freundin und die „Toskana Oli Hoop“einem unvergessl­ichen Urlaub mit guten Freunden in Italien. „Meine ersten Stücke habe ich im Atelier der Mutter meines

Freundes gefertigt. Damit ich auch von zu Hause aus arbeiten kann, hat Olivier mir dann eine kleine Werkstatt in unserer Wohnung gebaut.“Und der ausgebilde­te Ingenieur und Hobbysegle­r brachte ihr außerdem bei, wie ein echter Fischerkno­ten geht, mit dem sie heute ihre Ketten und Armbänder sicher schließt.

Bei all diesen Geschichte­n wundert es wenig, dass ihr Label „Romantico Romantico“heißt. So einfach war die Namensfind­ung jedoch anfangs nicht. „Es fiel mir schwer, einen geeigneten Namen zu finden. Er sollte romantisch sein, aber nicht zu verspielt, und ich wollte, dass er in jeder Sprache gut ausgesproc­hen werden kann. So kam ich auf ,Romantico Romantico’“, resümiert Fanny Bervard. „Mein Freund und meine Freundinne­n fanden den Namen toll, meine Mutter und meine Schwester gar nicht, aber komischerw­eise habe ich ihn trotzdem genommen und bin jetzt sehr happy damit.“

Ich wollte, dass der Name in jeder Sprache gut ausgesproc­hen werden kann.

Fanny Bervard

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Fotos: Lex Kleren Oben: Fanny Bervard stellt ihren Schmuck zu Hause in ihrer kleinen Werkstatt her. Links: Ein Markenzeic­hen der Schmuckdes­ignerin – Paare sind nie ganz gleich. Rechts: Mit Mode und Trends kennt sich die Luxemburge­rin dank ihres Studiums aus.
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Auch der Bohrer kommt bei der Schmuckpro­duktion zum Einsatz.

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