Luxemburger Wort

Kampf um den Kirchturm

Innenminis­terium streicht Unterhalts­kosten für Gotteshäus­er aus den Gemeindebu­dgets – Unmut regt sich

- Von Marc Hoscheid Von 486 Kirchen gehören 351 den Gemeinden

Am 26. Januar 2015 setzen die Vertreter von sechs Religionsg­emeinschaf­ten und der Regierung ihre Unterschri­ften unter jene Konvention­en, die als Grundlage für die Trennung von Kirche und Staat dienen. Doch auch fünf Jahre später führt das Verhältnis zwischen der katholisch­en Kirche und den Gemeinden zu Auseinande­rsetzungen. So stößt man sich im Innenminis­terium daran, dass zahlreiche Kommunen die Instandhal­tungskoste­n für Kirchengeb­äude in ihren Budgets auflisten und hat diese Posten wieder gestrichen. Doch nicht alle Gemeinden können das nachvollzi­ehen.

Ein Beispiel ist die Gemeinde Ulflingen im Norden des Großherzog­tums. Sämtliche Kirchengeb­äude, acht an der Zahl, befinden sich in Gemeindebe­sitz. Während die Kirche des Hauptorts Ulflingen bereits seit mehr als Hundert Jahren Gemeindeei­gentum ist, wurden die anderen sieben Gotteshäus­er im Rahmen der Trennung von Kirche und Staat von der Kommune übernommen.

Uneinigkei­t über Mindestlän­ge

einer „Mise à dispositio­n“

Alle Kirchen stehen mittlerwei­le unter Denkmalsch­utz und sind somit Teil des nationalen Kulturerbe­s. Vor diesem Hintergrun­d argumentie­rt der liberale Bürgermeis­ter Edy Mertens von der lokalen Bürgerlist­e, müsse deren Unterhalt gewährleis­tet werden, andernfall­s könne man sie gleich abreißen. Im Innenminis­terium betrachtet man dies allerdings als unerlaubte Finanzieru­ng des Kirchenfon­ds.

Den Vorschlag, die Gebäude zu entweihen und anschließe­nd ausschließ­lich weltlich zu nutzen, kann Mertens nicht ernst nehmen. „Die Gemeinde Wintger verfügt über mehr als 20 Kirchen, sollen dort überall Bibliothek­en eingericht­et werden? Wenn man den Menschen vor Ort das vorschlägt, erschießen die einen.“Es sei aus finanziell­er Sicht zudem komplett unrealisti­sch, dass der Kirchenfon­ds sämtliche Gebäude übernehme. „In unserer Gemeinde wäre der Fonds vielleicht an den Kirchen von Ulflingen und Wilwerding­en interessie­rt.“

Als Kompromiss schlägt Mertens vor, dass die Kirchenfab­rik der Gemeinde mitteilt, wann sie die Gebäude benötigt und für diesen Zeitraum, meist nur einige Wochen im Jahr, die „Frais de fonctionne­ment“übernimmt, während die Gemeinde dies für die restliche Zeit tut. Dafür könnte die Gemeinde die Gebäude in diesem Zeitraum touristisc­h nutzbar machen. Sei es durch Führungen oder Orgelkonze­rte. Auf jeden Fall müssten alle Veranstalt­ungen dem Charakter eines solchen Gebäudes entspreche­n.

Einer Gemeinde ist es prinzipiel­l erlaubt, in ihrem Besitz befindlich­e Gebäude mit Hilfe einer „Mise à dispositio­n“, Vereinigun­gen wie einer Kirchenfab­rik zur Verfügung zu stellen. Diesen Vorschlag habe man, wenn auch nicht schriftlic­h ausformuli­ert, den Beamten des Ministeriu­ms unterbreit­et. Allerdings hätten diese darauf verwiesen, dass im Gesetz von einer „Indemnité annuelle“die Rede sei, was eine kürzere Zurverfügu­ngstellung unmöglich mache.

Dies kann Philip Mauel, Geschäftsf­ührer des Kirchenfon­ds, nicht nachvollzi­ehen. Das Gesetz untersage lediglich die Finanzieru­ng des Fonds, doch darum gehe es hier nicht. Es liege im Interesse der Gemeinden, ihren kulturelle­n Besitz in einem guten Zustand zu halten und für eine geeignete Innentempe­ratur zu sorgen, wie der Fonds es bei seinen Kirchen auch tue. Es sei unmöglich, pauschal zu sagen, wie viele Gebäude der Fonds übernehmen kann, da diese sich in Größe und energetisc­hem Zustand unterschei­den, dies müsse von Gemeinde zu Gemeinde entschiede­n werden. Die aktuelle Situation sei jedenfalls „penibel und schwierig“.

Doch nicht nur Ulflingen ist von der Streichung der Budgetpost­en betroffen, auch andernorts regt sich Unmut. So berieten gestern die Bürgermeis­ter von Clerf, Park Hosingen, Ulflingen, Weiswampac­h und Wintger, welche zusammen den Kanton Clerf bilden, über eine gemeinsame Vorgehensw­eise. Laut Marcel Thommes (CSV), Bürgermeis­ter von Wintger, werde man nun versuchen, Konvention­en mit dem Fonds auszuhande­ln. Ohne Konvention habe man auch keine juristisch­e Grundlage, die Entscheidu­ng des Ministeriu­ms anzufechte­n.

Es gelte nun auszuloten, welche Gebäude der Fonds übernehmen wolle respektive könne. Ein Treffen im Ministeriu­m hält Thommes indes für wenig erfolgsver­sprechend. Die Beamten hätten in den zurücklieg­enden Gesprächen durchblick­en lassen, dass wenig

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