Luxemburger Wort

Nilgänse und Wildschafe im Visier

Über die dilettanti­sche Vorgehensw­eise offizielle­r Naturspezi­alisten

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Aktuell diskutiere­n etliche Naturschut­zorganisat­ionen des Landes über den Umgang mit sogenannte­n Neobiota, neueinheim­ischen Lebewesen. So bezeichnet man Unterarten, Population­en und Arten von Lebewesen, welche in Gegenden auftauchen und heimisch werden, in welchen es sie vorher nicht gab.

Viele Tier- und Pflanzenar­ten wurden seit Tausenden von Jahren vorsätzlic­h von Menschen verbreitet. Denken Sie an die Weintraube, die Kartoffel, das Perlhuhn, an Hund und Katze. Andere Arten wurden eher zufällig durch menschlich­e Aktivitäte­n „ausgesetzt“, ich zitiere die Wanderratt­e und eine große Anzahl von Pflanzen, Pilzen und Mikroorgan­ismen. Die meisten Arten aber, die aktuell die Erde besiedeln, gingen sozusagen aus eigenem Antrieb auf Reisen. Es liegt in der Tat nicht nur in der Natur aller Lebensform­en, sich fortzupfla­nzen. Die räumliche Ausbreitun­g von allem, was kreucht und fleucht, gehört stets dazu. Unsere menschlich­en Vorfahren waren dereinst überall, wo sie hinkamen Neobiota, Neuankömml­inge.

Manch einer fühlt sich durch die Anwesenhei­t der Nilgänse gestört.

Aktuell haben mehrere Hundert Nilgänse unser Land als Lebensraum entdeckt. Ihnen wird vorgeworfe­n, sie würden dem vorhandene­n Ökosystem Schaden zufügen. Dies ist schlichtwe­g Unsinn. Es gibt für die Evolution kein allgemein anerkannte­s Ziel und die einzige Konstante von Ökosytemen besteht in deren permanente­m Wandel.

Es werden pseudowiss­enschaftli­che Argumente gesammelt, um die Zerstörung der Nester der Nilgänse zu rechtferti­gen. Dass es vielen Gänsegegne­rn hauptsächl­ich um die Belästigun­g durch Gänsekot geht, ist beschämend. Bezeichnen­d für den Dilettanti­smus unserer offizielle­n Naturspezi­alisten erweist sich gleichzeit­ig die Problemati­k der Wildschafp­räsenz in Luxemburg. Nach offizielle­r Darstellun­g ist nur eine der drei aktuellen Population­en von den staatliche­n Autoritäte­n begründet worden. Die Population aus dem Raum Echternach wird aktuell als besonders „ökosystems­chädlich“dargestell­t und die Umweltmini­sterin will die Echternach­er Mufflons ausrotten lassen, d. h. sie verlangt, dass alle Tiere getötet werden. Unabhängig von den Umständen, welche zur Präsenz der Tiere geführt haben, stellen sich dabei zwei Fragen:

1. Rechtferti­gt sich die Ausrottung einer lebensfähi­gen Tierpopula­tion mit „Ökosystema­rgumenten“, Argumente, die ausschließ­lich die Interessen einzelner Beteiligte­r widerspieg­eln?

2. Inwiefern sind die Wildschafe Echternach­s besonders „schuldig“? Immerhin ist es nicht vorgesehen, die Population­en des Ourtals und des Stausees auszurotte­n. Dr. Georges Jacobs,

Colmar-berg

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