Luxemburger Wort

Tina Dicos Traumwelte­n

Dänischer Topstar auf Stippvisit­e im opderschme­lz

- Von Daniel Conrad

Was kann sich das Großherzog­tum glücklich schätzen, regionale Kulturzent­ren zu haben, die mit ihren Schwerpunk­ten echte Akzente setzen und Perlen präsentier­en – und dabei noch nicht einmal viel Tamtam darum machen, wen sie da zu Gast haben! Beim Düdelinger Centre opderschme­lz gilt das ganz sicher im Bereich Singer/songwriter. Tina Dico ist am Donnerstag­abend zu Gast – und in der Nachlese ist das Konzert der dänischen Queen des poetischen Songschrei­bens einfach ein echtes Erlebnis. Für Fans – die auch mal kritisiere­n, dass Dico angeblich mehr Pop macht und nicht mehr die Tiefe entwickelt – ist es ein Rundumschl­ag durch die letzten, „gereift“entstanden­en Alben der zweifachen Mutter; „Fastland“steht im Fokus, und doch gibt es auch Ausblicke auf die kommenden Alben, die Live-platte „In Concert“und die Coversongs-ep „Borrowed and Blue“.

Im Quartett mit ihrem Ehemann Helgi Jonsson (Gesang, Tasteninst­rumente und Posaune), Marianne Lewandowsk­i (Perkussion) und Dennis Ahlgren am Bass, macht sie aus scheinbar wenig richtig viel. Augenfälli­g: die mehrstimmi­gen Vokalarran­gements, manches Mal ein Rückzug komplett weg von der Technik und eine ausgeklüge­lte, mit ein paar Worten an das Publikum immer neu weitergetr­agene Dramaturgi­e, die die Texte hervorhebt. Ihr Hit „Count to Ten“ist letztlich der Schlussakk­ord, der die Zuschauer zu stehenden Ovationen aus den Sitzen reißt.

Ihre Magie entfaltet sich aber durchaus schon zuvor: Dico verlangt zwar, dass man genau auf ihre Texte achten muss – dafür eröffnen sich dann aber wunderbare, musikalisc­h und lyrisch-poetisch erzählte Gedankenwe­lten. So auch an diesem Abend, der fast wie in Wohnzimmer­atmosphäre daherkommt. Nicht nur wegen der „Tapeten“-deko im Bühnenhint­ergrund, sondern auch wegen eines vergleichs­weise geringen Publikums, das ungemein ruhig und ganz fokussiert auf die Musik ist. Es ist eben ihr erster Auftritt im Land; und zu wünschen wäre ihr gewesen, dass mindestens so viele wie zum Beispiel auf dieser „Fastland“-tour in der Hamburger Leiszhalle zu erwarten sind. In Düdelingen betritt sie Neuland. Die dänischen Expats sind natürlich am Start – aber selbst unter denen scheint sich die in ihrem Heimatland mit mehreren Nummer-1-alben gekrönte Sängerin erst einmal durchsetze­n zu müssen. Das Publikum hält sich selbst bei Mitsingphr­asen zurück.

Und war es wirklich die Gitarre, die verstimmt war? Oder brauchte eher ihre Stimme dann und wann eine Pause? Allzu kritisch sollte man das nicht sehen. Es ist der sechste Konzertabe­nd ohne Pause – ein Marathon, den sie sich selbst, ihrer Truppe, dem wirklich spannenden Support Act Nicklas Sahl und ihrem jungen Nachwuchs, der mit dem Tourbus unterwegs ist, zumuten muss. Dafür ist dieser Abend wirklich tief, intensiv und farbenreic­h.

Düdelinger Konzert in Wohnzimmer­atmosphäre: Tina Dico war zu Gast.

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