Bürgermeister erwägt Protestaktionen
Gemeinde Reckingen/mess will erneute Verschiebung des Contournement-baus nicht einfach so hinnehmen
Reckingen/mess. Die Anspannung war während der Gemeinderatssitzung am Donnerstag spürbar. Alle warteten auf das eine Thema: den erneut verschobenen Bau der Umgehungsstraße von Dippachgare (siehe LW vom 4. Februar).
Wegen Platzmangels im kleinen Sitzungssaal verfolgte ein Mitglied der enteigneten Familie die Äußerungen des Bürgermeisters, direkt neben ihm stehend. Dies könnte auch der Grund gewesen sein, warum sich die Ratsmitglieder mit ihren Äußerungen zu der Problematik eher bedeckt gaben.
Bürgermeister Carlo Muller ging länger auf das Thema ein. Er selbst hatte die Baugenehmigung der Bauverwaltung, für den Teil auf Reckinger Seite, am 16. September ausgestellt. Er war es auch gewesen, der in der Ratssitzung vom 22. August als Erster der Öffentlichkeit mitteilte, dass die Enteignungsprozedur der Umgehungsstraße abgeschlossen sei und der Staat im Besitz aller notwendigen Grundstücke sei, um die geplante Umgehungsstraße endlich zu bauen.
Vogelzählung wurde vergessen
Dem Bürgermeister zufolge habe die Bauverwaltung es aber verpasst, den Antrag zu stellen, um die bestehende Umweltgenehmigung, die jeweils nur für zwei Jahre gültig ist, zu verlängern. Die Straßenbauverwaltung ist schon seit 2010 im Besitz einer solchen Genehmigung des Umweltministeriums. Sie wurde bis 2016 alle zwei
Jahre verlängert. Damals hätte das Umweltministerium aber bereits die Projektverantwortlichen über die Notwendigkeit einer Vogelzählung in Kenntnis setzen können, so Muller.
2018 wurde eine weitere Verlängerung wegen der fehlenden Vogelzählung aber abgelehnt. Der Antrag wurde zudem zu spät eingereicht, und in der Zwischenzeit wurde das Gelände, über das die Umgehungsstraße verlaufen soll, vom Umweltministerium zum Vogelschutzgebiet
erklärt. Carlo Muller zufolge stimmen die einzelnen Ministerien sich nicht miteinander ab. Der eine wisse nicht, was der andere plant. Im O-ton: „Schleeft déi Geschicht elo net laang genuch, fir dass beim Environnement genee ewéi am Transportministère sämtlech Liichtercher hätte blénke missen, wéi dësen Délai ofgelaf ass?“.
So glaubt er nicht daran, dass kurzfristig neue Genehmigungen vorliegen werden. Auch sei es nicht unmöglich, dass der Teil, der sich im Vogelschutzgebiet befindet, aus dem Projekt herausgenommen werden muss. Dem Bürgermeister reicht es, machte er deutlich.
Schulterschluss mit Dippach
So teilte er dem Gemeinderat mit, dass eine Zusammenkunft mit dem Dippacher Gemeinderat vereinbart wurde. Bereits am Montag kommt es auch zu einer Zusammenkunft mit Mobilitätsminister
François Bausch und Umweltministerin Carole Dieschbourg.
Straßenblockade in Aussicht?
Um den notwendigen Druck auf die Politik zu erhöhen, stellte der Bürgermeister in Aussicht, zusammen mit der Gemeinde Dippach und den betroffenen Anliegern Aktionen zu starten.
Von der ursprünglichen Idee, mit betroffenen Bürgern die Gleisanlagen zu besetzen, rückte er lachend während der Sitzung ab. Dafür ließ er jedoch durchblicken, dass dies sehr wohl mit der Nationalstraße passieren könnte. Eine Ordnungsstrafe von 48 Euro, wegen Beeinträchtigung des Straßenverkehrs, würde die Gemeinde allemal billiger zu stehen kommen als stehende Güterzüge auf den Gleisanlagen in Dippach, so Muller. An die Adresse des Umweltministeriums gerichtet, wies er darauf hin, dass die ländliche Gemeinde sehr viel für die Umwelt tue. Die Gemeinde setze sich ein für die Aufrechterhaltung von Vogelschutzgebieten und die Schaffung von Feuchtgebieten.
Carlo Muller vertrat jedoch die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Gesundheit der Anrainer wegen schädlicher Abgase Vorrang vor dem betroffenen Vogelschutzgebiet zwischen Reckingen/mess und Dippach haben müsse. Über den Inhalt der Gespräche mit dem Dippacher Schöffenrat und das Ergebnis mit den Ministern François Bausch und Carole Dieschbourg wolle er den Gemeinderat kommende Woche in Kenntnis setzten, sagte er zum Abschluss.