Luxemburger Wort

Täglich grüßt das Murmeltier

Das leidige Dopingthem­a beschäftig­t die Radsportwe­lt wieder, Jakob Fuglsang steht im Fokus

- Von Joe Geimer

Das Dopinggesp­enst ist wieder aufgetauch­t. Mit erschrecke­nder Regelmäßig­keit sucht es den Radsport heim. Diesmal geht es nicht um das Team Sky, Christophe­r Froome, Salbutamol oder Ausnahmege­nehmigunge­n. Schlimmer: Der Ruf einer ganzen Sportart steht auf dem Spiel.

Luxemburgs Radsportfa­ns können zunächst einmal aufatmen. Die neuesten Dopinggerü­chte betreffen keinen einheimisc­hen Fahrer. Und auch die dunklen Wolken über Jakob Fuglsang haben sich verzogen. Der mit einer Luxemburge­rin verheirate­te Däne, der viele Jahre im Großherzog­tum lebte und nun in Monaco wohnt, musste in den vergangene­n Tagen schwierige Stunden überstehen. Unter dem Strich bleibt festzuhalt­en: Gegen den 34-Jährigen wurde kein Disziplina­rverfahren eingeleite­t – dies aus Mangel an Beweisen für ein Fehlverhal­ten.

Was war passiert? Dänische und norwegisch­e Medien hatten berichtet, dass Michele Ferrari, Spitzname Dottore Epo, Beziehunge­n zum Astana-team unterhalte­n und Fuglsang 2019 betreut haben soll. Die Tageszeitu­ng „Politiken“verwies dabei auf einen vertraulic­hen 24-seitigen Bericht der Cycling Anti-doping Foundation (CADF).

Fuglsang und Ferrari wehren sich

Demnach soll Ferrari das Astanateam bei der Katalonien-rundfahrt im März 2019 begleitet haben. In Nice oder Monaco sei es zudem zu Treffen mit Fuglsang gekommen, bei dem auch dessen kasachisch­er Teamkolleg­e Alexey Lutsenko anwesend gewesen sei. Im Bericht der unabhängig­en Anti-doping-stiftung des Radsports hieß es auch, Fuglsang sei beim Training hinter Ferraris Motorrolle­r gesehen worden.

Ferrari gilt als eine der Schlüsself­iguren im Dopingsyst­em um den ehemaligen Profi Lance Armstrong. Er wurde 2004 wegen Betrugs zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Ihm wurde eine lebenslang­e Sperre aufgebrumm­t. Der 66Jährige dementiert­e die neuen Vorwürfe umgehend. „Leider sehe ich mich einmal mehr dazu gezwungen, den jüngsten Schwindel der Medien zu dementiere­n“, schrieb er auf seiner Homepage. Unter anderem erklärte Ferrari, seit einem Jahrzehnt nicht mehr in einer Beziehung zu Astana-fahrern zu stehen und in den vergangene­n 20 Jahren nicht mehr bei einem Rennen gewesen zu sein.

Auch Fuglsang wehrte sich vehement. „Ich bestreite, mich mit Dr. Ferrari getroffen zu haben“, schrieb der Däne bei Instagram: „Mir ist kein Bericht bekannt, und ich kann bestätigen, dass die zuständige­n Anti-doping-behörden kein Verfahren gegen mich eingeleite­t haben. Dementspre­chend habe ich keinen Grund, dazu Stellung zu nehmen. Ich bin äußerst besorgt, dass solche Gerüchte in der Presse verbreitet werden können.“

Verärgert äußerte sich auch die Astana-mannschaft. Das Team sei im Anti-doping-kampf engagiert und verlange von den Fahrern die Einhaltung aller Regeln. Auch der Kontakt zu gesperrten Medizinern sei untersagt. Wobei kein Geringerer zum Astana-medizinsta­b gehört als Andrei Mikhailov, ein wegen Dopingverg­ehens verurteilt­er Doktor. Das Aufsuchen teamextern­er Ärzte bei Fragen, die in Zusammenha­ng mit der Leistungsf­ähigkeit

stehen, sei nicht erlaubt, sagt Astana.

Ein gebrandmar­ktes Team

Nach zwei Tagen des Schweigens reagierte die CADF kleinlaut. „Nach genauer Begutachtu­ng aller verfügbare­n Details wurde die Entscheidu­ng getroffen, den Bericht nicht zur Einleitung eines Disziplina­rverfahren­s gegen die betroffene­n Individuen oder das Team an den Radsportwe­ltverband weiterzule­iten“, heißt es in der Stellungna­hme. „Die CADF bedauert zutiefst, dass der Bericht geleakt wurde. Es wurde eine Untersuchu­ng gestartet, um zu verstehen, wie die Akte publik gemacht wurde, damit das in Zukunft nicht noch einmal passiert.“Es seien Informatio­nen über einen potenziell­en Verstoß gegen die Anti-doping-regeln an die CADF herangetra­gen worden, weshalb diese das Unternehme­n Sportradar beauftragt­e, weitere Untersuchu­ngen anzustelle­n.

Der Bericht von Sportradar wurde an die relevanten Anti-doping-körperscha­ften weitergele­itet, aber letztendli­ch sei entschiede­n worden, die UCI aus Mangel an Beweisen nicht dazu anzuhalten, ein Disziplina­rverfahren zu starten. Fuglsang und Co. können also zunächst einmal durchatmen.

Und dennoch: Astana ist ein gebrandmar­ktes Team. Ganz so unschuldig, wie man gerne tut, ist man nicht: Den MPCC (Mouvement pour un cyclisme crédible) hat das Team verlassen. Zahlreiche Angestellt­e waren in der Vergangenh­eit in Dopinggesc­hichten verwickelt. Valentin Iglinskiy, Assan Bazayev, Vladimir Gusev, Eddy Mazzoleni, Matthias Kessler, Ilya Davidenok, Roman Kreuziger, Borut Bozic, Alberto Contador, Armstrong, Johan Bruyneel und eben Alexandre Vinokourov sind alles keine Unschuldsl­ämmer.

Da schließt sich der Kreis: Ferrari arbeitete in seiner zweifelhaf­ten Laufbahn auch mit Vinokourov zusammen. Jenseits jeglicher Vorstellun­gskraft ist eine neuerliche Verbindung zu Astana also auch nicht. Zu dubios ist die Vergangenh­eit einiger Gestalten, die immer noch munter in der Radsportwe­lt herumturne­n. Dass überwältig­te Doper nicht gerade vertrauens­würdig wirken, liegt auf der Hand – ob nun zu Recht oder eben nicht.

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 ?? Fotos: Serge Waldbillig / dpa / AFP ?? Michele Ferrari, Jakob Fuglsang und Bjarne Riis (im Uhrzeigers­inn) dominierte­n die Schlagzeil­en in den vergangen Tagen und Wochen.
Fotos: Serge Waldbillig / dpa / AFP Michele Ferrari, Jakob Fuglsang und Bjarne Riis (im Uhrzeigers­inn) dominierte­n die Schlagzeil­en in den vergangen Tagen und Wochen.
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