Eine Nacht im Museum
ber eine Million Besucher sahen sich im Pariser Louvre die Gemälde und Zeichnungen von Leonardo Da Vinci an. An den letzten drei Tagen war die Ausstellung sogar über Nacht geöffnet. Sonderöffnungszeiten für eine Sonderausstellung – das war das weltweit größte Museum dem genialen Meister und Universalgelehrten Da Vinci, der vor 500 Jahren gestorben ist, tatsächlich schuldig.
Nächtliche Öffnungszeiten sind aber nur die Ausnahme – leider auch im Louvre. Sollten sie nicht aber die Regel sein? Museen sind tagsüber geöffnet, wenn die Menschen ihrer Arbeit nachgehen. Man argumentiert, jeder könne an den Wochenenden Zeit für einen Museumsbesuch einräumen, man vergisst aber, dass sich das gesellschaftliche Leben verändert und damit auch die Wochenendplanung.
Klar, dass derjenige, der eine Ausweitung der Öffnungszeiten in den Museen bis tief in die Nacht hinein fordert, den Aufschrei zu hören bekommt, dies führe doch nur zu horrenden Mehrkosten. Dass dadurch zusätzliche Jobs entstehen, wird natürlich verschwiegen. Fragen sollte man sich zudem: Wer ist überhaupt derjenige, der aufschreit? Wer verlangt von der Kultur, sie dürfe nichts kosten? Es ist die neoliberale Wirtschaftswelt, die ihren buchhalterischen Gradmesser auf alles legt, auch auf das, was Menschen berührt und ihn deshalb gerade zum Menschen macht: die Kultur, die Bildung. Dieses Krämerdenken hat mittlerweile die ganze Gesellschaft befallen. Alles wird berechnet, alles hat seinen Preis. Aber muss man wirklich „Johannes den Täufer“, der den Museumsbesucher mitten in der Nacht im Schein Leonardos Sfumato anlächelt, in Rechnung stellen?
Sie darf, ja, sie soll Unmengen Geld verschlingen, denn sie ist eh unbezahlbar, die Kultur, die man am liebsten zu einem leicht überschaubaren Ziergärtchen zurückstutzen will ... Die 1,1 Millionen Besucher, die nach Paris ins Louvre gereist sind, um vielleicht ein allerletztes Mal die dort in einer Sonderausstellung gezeigten Meisterwerke von Leonardo zu bewundern, machen deutlich, dass sich Kunst, Kultur und Bildung eben nicht auf eine Kostenstelle reduzieren oder in ein wirtschaftliches und utilitaristisches Korsett einbetten lassen. Es ist ein klares Ausrufezeichen, ein Bekenntnis für die Kultur und fürs Museum! Wer weiß, vielleicht werden die elf Gemälde und über 70 Zeichnungen des Meisters der Renaissance nie mehr gemeinsam an einem Ort zu sehen sein, dermaßen schwer ist es nämlich, diese Leihgaben aus aller Welt in einer Ausstellung zu vereinen.
Zurück ins Museum, zurück in die Nacht. Die gehört eh schon der Kultur. Theater, Kino und Konzert sind nachtaktiv. Warum also nicht auch das Museum? Und warum nicht sogar die Bibliotheken? Einiges gibt es bereits, auch bei uns wie „la Nuit des musées“und die After-work-führungen. Das Museum muss unbedingt zu einem Ort werden, an dem das Leben pulsiert, an dem auch ein immersives Eintauchen in eine museale Welt möglich sein kann. Und das auch nachts. Und da lassen sich ganz bestimmt noch viele Pforten für kulturelles Ausschweifen öffnen.
Viele Pforten für kulturelles Ausschweifen
lassen sich auch nachts
öffnen.